Mit der CSRD macht die Europäische Union seit Ende letzten Jahres Druck auf die Unternehmen. Reportings zu gesellschaftlichen und ökologischen Folgen des eigenen Wirtschaftens sollen Pflicht werden. Doch dafür müssen die Unternehmen Herr ihrer Daten werden und sich einen Überblick verschaffen.
Nachhaltigkeit oder auch ESG (Environmental, Social und Governance) ist längst kein Nischenthema mehr. Dabei stehen Unternehmen von gleich mehreren Seiten unter Druck, sich stärker für Umwelt und Gesellschaft zu engagieren. Es sind zum einen Verbraucher und Aktionäre, die zunehmend ihr Geld denjenigen Unternehmen geben wollen, die nicht allein ihren Profit im Blick haben. Zum anderen suchen Arbeitnehmer immer häufiger einen Arbeitgeber, bei dem Nachhaltigkeitsinitiativen mit echten Leben gefüllt sind und nicht nur dem Greenwashing dienen. Aber wahrscheinlich noch drängender für Unternehmen, ihre Bemühungen in diesem Bereich zu verstärken, ist die Auflage zur Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die EU.
Tatsächlich sind große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen, die im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, bereits seit dem Jahr 2017 zur sogenannten nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet. Zu diesen nichtfinanziellen Aspekten gehören vor allem Umwelt- und Arbeitnehmerbelange, die Wahrung der Menschenrechte, die Bekämpfung von Korruption und Bestechung sowie Fragen der Unternehmensführung. All dies wird auch unter den Begriffen Environmental, Social und Governance (ESG) zusammenfasst.
Infolge der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) – einer Richtlinie der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung – wird dieses ESG-Reporting nach und nach in den nächsten Jahren auf weitere Organisationen zukommen, ab 2026 sind etwa auch kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen betroffen. Zwar soll bis 2028 eine Übergangsfrist gelten, doch stehen Betriebe schon jetzt unter Druck, ihre entsprechenden Initiativen und Bemühungen auszuweiten und das Reporting vorzubereiten.
Grundsätzlich fangen viele Organisationen dabei nicht bei null an, sondern haben auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Bereichen schon Nachhaltigkeitsprojekte umgesetzt. Diese reichen von einer Reduzierung des Energieverbrauchs über die Entwicklung umweltfreundlicherer Produkte oder Verpackungsmaterialien bis hin zu Anpassungen der Lieferkette. Die Herausforderung ist eigentlich eine andere: Nämlich das Reporting selbst.
Das zeigt beispielsweise eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC zur ESG-Strategie und -Berichterstattung im deutschen Mittelstand. Demnach ist weder die Organisation noch das fehlende Know-how oder der zeitliche Aufwand die größte Herausforderung bei der Umsetzung der CSRD. Stattdessen sind es die Daten – nämlich deren Erfassung, die Gewährleistung einer hohen Qualität, die Verarbeitung und Analyse. Knapp drei Viertel der Befragten (73 Prozent) sehen hier Schwierigkeiten auf sich zukommen.
Diese Einschätzung ist in zweierlei Hinsicht nicht überraschend. Zum einen sind Daten schlicht essenziell für das ESG-Reporting. Nur anhand von Daten lassen sich Fortschritte, Rückschritte oder auch Risiken etwa im Hinblick auf Menschenrechte oder Umweltschäden objektiv bewerten und über längere Zeiträume miteinander vergleichen. Dementsprechend steht und fällt das ESG-Reporting mit den Daten, über die ein Unternehmen aus internen und externen Quellen verfügt, die es zusammenführt und analysiert. Daher ist es notwendig, den Daten die entsprechende Bedeutung beizumessen – was Unternehmen scheinbar verstanden haben. Reine Worthülsen werden bei der Berichterstattungspflicht nicht ausreichen, sie müssen harte Fakten zu ihrem Engagement und ihrem Handeln liefern.
Zum anderen wissen die Befragten, wie ihr Daten-Management derzeit aussieht: Bei der Mehrheit der Unternehmen (78 Prozent) kommen unter anderem Excel-basierte Tools für die Datenerfassung zum Einsatz. Darüber hinaus sammeln Unternehmen oftmals viele Daten noch gar nicht, die für das Reporting notwendig sind – ob zum CO2-Fußabruck, der Gleichbehandlung von Mitarbeitern unabhängig von ihrer Identität oder der Durchsetzung von Standards bei Partnern und Zulieferern. Diese befinden sich dann in Datensilos. Letzteres kann dazu führen, dass verschiedene Stellen dieselben Daten erfassen, weil niemandem bewusst ist, dass dies bereits geschieht. Ein Grund hierfür kann beispielsweise sein, dass verschiedene Abteilungen eigene Tools nutzen, die nicht miteinander integriert sind. Das ist nicht zielführend und kostet in erster Linie Geld in Form des notwendigen Speicherplatzes. Das Problem hierbei ist ein grundsätzliches: Unternehmen haben ihre Daten-Management-Systeme und -Prozesse in der Regel aufgesetzt, bevor sie sich mit Nachhaltigkeitsprojekten und vor allem deren Berichterstattung auseinandersetzen mussten.
Solche Herausforderung betreffen dabei nicht allein kleine oder mittlere Unternehmen, sondern alle. Im Zweifel herrscht bei größeren Organisationen sogar noch weniger Übersicht über Daten, weil sie über weitaus mehr davon verfügen.
Trotz der CSRD-Übergangfrist sollten Unternehmen nicht allzu lange warten, ihr Daten-Management für das ESG-Reporting neu zu ordnen. Schließlich können sie selbst wichtige Erkenntnisse aus diesen Daten gewinnen, um ihre Initiativen anzupassen und auszuweiten und daraus neue Geschäftsideen und -modelle abzuleiten.
Sinnvoll ist es dementsprechend eine Single Source of Truth (SSoT) für alle internen und externen ESG-relevante Daten zu schaffen. Es mag dabei naheliegen, dafür ein zentrales Repository in Form eines Data Warehouse oder eines Data Lake zu schaffen. Doch das würde die bereits bestehenden Probleme nur verschärfen – noch mehr Datensilos, noch mehr Speicherplatz und Kosten, noch weniger Übersicht. Eine praktikablere Alternative ist die Implementierung einer logischen Datenschicht mittels Datenvirtualisierung, die alle über die verschiedenen Systeme verteilten Daten integriert, vereinheitlicht und für Nutzer schnell zugänglich macht. Dabei werden die Daten nicht repliziert, sondern verbleiben dezentral an ihrem ursprünglichen Speicherort und lassen sich dort in Echtzeit abrufen.
Damit bietet Datenvirtualisierung mehrere Vorteile gegenüber anderen Lösungen. So sind manche Plattformen in der Lage, unterschiedliche Datenquellen – einschließlich die vielerorts genutzten Excel-Tabellen – miteinander zu verbinden und dabei strukturierte, semi-strukturierte und unstrukturierte Daten zu kombinieren. Das bedeutet, dass Unternehmen alle verfügbaren Daten für ihre Nachhaltigkeitsanalysen und ihr ESG-Reporting nutzen können. Auch lassen sich dabei in der Datenschicht Regeln für die Datentransformation und -qualität als auch Data-Governance-Richtlinien und -Kontrollen implementieren. Das stellt sicher, dass die Daten vollständig, korrekt und vertrauenswürdig sind und regelt gleichzeitig den Umgang mit ihnen.
Darüber hinaus ist es mit Hilfe von Datenvirtualisierung möglich, einen Datenkatalog für den Nachhaltigkeits-SSoT zu erstellen. In diesem sind alle verfügbaren relevanten Daten vermerkt, sodass Anwender sie leicht finden und für ihre Zwecke nutzen können. Hilfreich ist dabei zudem, dass Datenvirtualisierungs-Plattformen intuitive Benutzeroberflächen bieten können. Dadurch können neben Data Scientists und Data Engineers auch Mitarbeiter ohne IT-Hintergrund oder technische Fähigkeiten mit den Daten arbeiten.
Otto Neuer, VP Sales Central & Eastern Europe bei Denodo Technologies.