Wenn es um polizeitechnische Aufgaben rund um Information und Kommunikation geht, sind abhörsichere, hochleistungsfähige Datennetzwerke ein Muss. Aus diesem Grund hat die IK (Informations- und Kommunikationstechnik) des Bundespolizeipräsidiums eine Dienststelle in Rosenheim mit einer normgerechten LWL- und Klasse-F-Kupferverkabelung auf der Basis von GG45-Anschlüssen ausgestattet. Sie wurde von der Planung über die Beschaffung bis zur Installation und Zertifizierung als Ausbildungsprojekt umgesetzt.
Die Bundespolizei, die dem Bundesministerium des Innern untersteht, nimmt mit ihren rund 40.000 Beschäftigten im Sicherheitssystem der Bundesrepublik Deutschland umfangreiche und vielfältige polizeiliche Aufgaben wahr. Dazu gehören der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebiets, die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet der Eisenbahnen des Bundes, Luftsicherheitsaufgaben auf 15 großen deutschen Flug- häfen und viele andere Aufgaben.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben ist modernste Informations- und Kommunikationstechnik notwendig. Für die Instandhaltung derselben sorgen bei der Bundespolizei die so genannten IKT-Werkstätten, Teile der acht regionalen Bereichswerkstätten, die dem Referat 64 des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam unterstellt sind. Eine davon ist die IKT-Werkstatt in München mit 14 Elektronikern und derzeit sechs Auszubildenden, die zur regionalen Bereichswerkstatt Rosenheim gehört. Im Rahmen der Instandhaltung erfüllt diese Werkstatt auch Erweiterungs- und Zertifizierungsaufgaben, ist beratend und planend tätig und mit der Einführung neuer Techniken befasst. Im Bereich Informations- und Kommunikationsnetzwerke verfügt sie nicht nur über geschultes Fachpersonal, sondern auch über eigenes Equipment wie zum Beispiel Netzwerkanalyse-, Mess- und Konfektionierungsgeräte für Kupfer- und LWL-Netze.
Anfang des Jahres erhielt die IKT-Werkstatt den Auftrag, in Rosenheim eine Dienststelle der Bundespolizei, die umfassend modernisiert werden sollte, mit einem hochleistungsfähigen Datennetzwerk auszustatten. Diese Arbeit sollte unter Einbeziehung von Auszubildendenanderer Werkstätten als Ausbildungsprojekt durchgeführt werden. Das Projekt umfasste alle Arbeitsschritte von der Planung und Ausschreibung über die Beschaffung und Installation bis zur Endabnahme, Dokumentation und Zertifizierung.
In einem dreigeschossigen Gebäude in Rosenheim sollte ein normgerechtes High-End-Datennetzwerk errichtet werden, das - dem aktuellen und zukünftigen Bedarf der Dienststelle entsprechend - durchgängig 1 GBit/s zur Verfügung stellen kann, das aber auch für zukünftige Anwendungen mit Durchsätzen von 10 und 40 GBit/s gerüstet ist. Um die Vorschriften des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu erfüllen, sollte das Netzwerk zudem eine hohe Abhörsicherheit gewährleisten. Deshalb waren für das gesamte Datennetz eine sternförmige Struktur und für die Kupfertechnik Kategorie-6- oder Kategorie-7-PiMF-Kabel und eine geschirmte Anschlusstechnik vorgeschrieben.
Auf der Grundlage einer Marktanalyse und eingeholter Angebote fiel die Entscheidung Ende April 2007 für die Klasse-F-Systemlösung Prime Solution GG45 von Dätwyler. "Wir haben uns vorab für beide normierten Anschlusstechniken der Klasse F interessiert, also Tera und GG45. Da unsere vorhandenen aktiven Komponenten über Kategorie-6-RJ45- Anschlüsse verfügen, erschien uns der GG45 aufgrund seiner Abwärtskompatibilität letztlich zukunftsfähiger", erklärt Polizeioberkommissar Jürgen Vogel, Leiter der IKT-Werkstatt und der für den Auftrag zuständige Projektleiter.
Im Gegensatz zu Verkabelungen mit ungeschirmten Komponenten eignet sich das voll geschirmte Klasse-F-Verkabelungssystem "per Design", also ohne zusätzliche arbeitsintensive Installationsverfahren, für Hochsicherheitsnetzwerke. Bei den S/FTP-Kabeln Uninet 7002 4P sind zusätzlich zu der Gesamtschirmung des Kabels jedes Adernpaar einzeln sowie Stecker und Buchsen zusätzlich geschirmt. Dieses Schirmungskonzept verhindert mögliche abstrahlungsbedingten Sicherheitslücken.
Unter der Anleitung von Günther Holbl, einem erfahrenen Bauleiter der IKT-Werkstatt, haben die Auszubildenden das gesamte Netzwerk konzipiert und innerhalb von drei Monaten selbst vor Ort installiert. Ende Mai 2007 stellten sie zunächst die Server- und Netzwerkverteilerschränke auf. Dann wurden die Kabel gezogen: insgesamt 2,5 Kilometer Glasfaserkabel sowie rund 12 Kilometer Kupferkabel der Kategorie 7 in Duplex-Ausführung. Bei dieser Variante sind je zwei Kabel durch einen Trennsteg miteinander verbunden, was die benötigte Kabelanzahl halbiert und dadurch das Einziehen erleichtert.
In den Netzwerkverteilerschränken werden mittels 24-Port-Patch-Feldern die jeweiligen Stockwerke über Duplex-Kabel versorgt. Unmittelbar neben dem Netzwerkverteilerschrank stehen die Racks für die TK-Anlage und Switches. Für verschiedene Dienste, Systeme und Einsatzbereiche gibt es verschiedene Patch-Kabelfarben. Das Netzwerk verfügt über eine exakte Beschriftung und eine umfassende Dokumentation. Diese Ausführung des Netzwerks ermöglicht es, durch einfaches horizontales Patchen von Schrank zu Schrank an jedem Port die gewünschten Dienste zur Verfügung zu stellen, seien es Daten, Video, Fax oder andere Dienste.
Vom Netzwerkverteilerschrank aus erfolgte die Kabelführung sternförmig und ohne Unterverteiler direkt an die Arbeitsplätze. Insgesamt wurden so 368 Kupfer-Links und 72 LWL-Strecken installiert. Durch die mit größter Sorgfalt ausgeführte Bündelung der Duplex-Kabel und durch entsprechend dimensionierte Kabelbrücken und Brüstungskanäle sorgte das Installationsteam dafür, dass genügend Platz für eventuelle Erweiterungen bleibt. In einigen besonders großen Arbeitsräumen, in denen mehrere Anschlusssäulen vorgesehen sind, wurden die Kabel unter Ständerfußböden verlegt.
An den Anschlussdosen konfektionierten die Auszubildenden die Kabel jeweils per Hand, die Kupferkabel mit GG45-Modulen und die LWL-Kabel mit SC-Steckern. Kleine Arbeitsräume erhielten je nach Bedarf vier bis sechs Kupfer- und vier LWL- Anschlüsse, größere wurden mit bis zu 20 Doppelanschlussdosen ausgestattet. "Diese große Anzahl von Anschlussmöglichkeiten ist deshalb notwendig, da pro Arbeitsplatz mehrere Rechner und Monitore, zwei bis drei Telefone und dazu noch Drucker, Faxgeräte und andere dienstellenspezifische Endgeräte vorgesehen waren", so Vogel.
Die schrägen Auslässe der Dosen beschränken die Einbautiefe der GG45-Module auf etwa 45 bis 50 Millimeter. Für den Einbau in Brüstungskanäle stellt der Hersteller spezielle Bügelbefestigungen zur Verfügung. "In den Kabelkanälen wurde es mit den GG45-Modulen an einigen Stellen ein bisserl eng", räumt Vogel ein. "Doch die Konfektionierung wurde so gut ausgeführt, dass wir die zulässigen Biegeradien hier und da leicht unterschreiten konnten, ohne dass die Übertragungsqualität dadurch beeinflusst wird." Für die Anschlüsse der Glasfaserkabel in den Spleißboxen der Patch-Felder verwendete die IKT-Werkstatt ein modernes Fusion-Spleißgerät.
Noch während der Installationsphase beschaffte sich die IKT-Werkstatt das gerade erst neu erhältliche Messgerät Lantec 7G von Ideal Industries, um bereits installierte Teilnetze auszumessen. Die Geräte mit integriertem GG45-Mess-adapter erwiesen sich für die 600-MHz-Messung als besonders gut geeignet. Allerdings ergaben die ersten Messungen, die mit Herstellerunterstützung erfolgten, dass einige Konfektionierungen fehlerhaft erfolgt waren. "Die Konfektionierungen sahen gut aus, aber einige der überprüften Strecken fielen bei der Messung auf 600 MHz durch", so Vogel.
In einer speziellen Firmenschulung wurden daraufhin die Azubis auf typische Montage- fehler bei GG45-Modulen hingewiesen. "Die Konfektionierung von Kategorie-7-Modulen braucht Übung", erklärt Stefan Zech von Dätwyler. "Schließlich geht es hier nicht um 100 oder 1000, sondern um 10.000 MBit/s. 600 MHz sind ein so hoher Frequenzbereich, dass eine große Sorgfalt notwendig ist, um eine gute Übertragungsqualität zu erreichen."
Nach der Schulung, ausgestattet mit dem notwendigen Wissen, dem Spezialwerkzeug zum Abisolieren der Kabelmäntel und Metallfolien sowie mithilfe des neuen Messequipments lief die weitere Arbeit laut Jürgen Vogel einwandfrei: "Wir erreichten bei den NEXT-Reserven Standardwerte von 6 bis 7 dB und Spitzenwerte von 11 bis 12 dB. Das sind für diesen hohen Frequenzbereich bemerkenswert gute Ergebnisse." Ähnlich gute Werte ergaben auch die Messungen der LWL-Strecken, die ebenfalls mit dem Lantec 7G mit LWL-Messadapter durchgeführt wurden: "Die Spleißdämpfungen liegen annähernd bei Null, und bei den händisch konfektionierten SC-Steckern wurden Dämpfungswerte unter 0,3 dB erreicht."
Nach der erfolgreichen Abnahme und Zertifizierung konnten die IKT-Werkstatt und die beteiligten Azubis das Netzwerk Ende August 2007 fristgerecht übergeben. Den vorgegebenen Kostenrahmen hielten sie laut Projektleiter trotz zusätzlicher Module "bis auf wenige Prozente" ein. Und auch in anderer Hinsicht ist Jürgen Vogel mit dem Pilotprojekt zufrieden: "Dieses Projekt war unsere erste Klasse-F-Installation mit der GG45-Anschlusstechnik. Wir haben uns vor Ort und gemeinsam mit den beteiligten Firmen fundierte Erfahrungen mit diesen Komponenten und der Ausmessung er- arbeitet. Unsere Partner haben stets sofort reagiert, uns mit großem Einsatz unterstützt und alle, auch kurzfristige Materialanforderungen immer pünktlich geliefert."
Nachdem in der komplett modernisierten Dienststelle alle Sicherheitsüberprüfungen des BSI erfolgreich abgeschlossen waren, wurde sie Anfang dieses Jahres in Betrieb genommen. Laut Jürgen Vogel sind die Anwender mit dem neuen Hochgeschwindigkeitsnetz in jeder Hinsicht zufrieden.