Energiesparmaßnahmen für bestehende RZs

Kleine Änderungen zeigen große Wirkung

22. März 2009, 23:56 Uhr | Jan Zimmermann/dp Jan Zimmermann ist Applikationsingenieur im Bereich Produktentwicklung Schränke bei Schroff in Straubenhardt.

Laut einer aktuellen Studie des Borderstep-Instituts haben im Jahr 2008 in Deutschland rund 50.000 Server-Räume und Rechenzentren 10,1 TWh Strom verbraucht - mit deutlich steigender Tendenz. Dies ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern auch teuer und zudem unnötig. Denn auch bei bestehenden Rechenzentren lassen sich bereits mit einfachen Maßnahmen rund 20 bis 25 Prozent an Energie einsparen.

Techniken wie die Server-Virtualisierung, der Einsatz von Thin Clients oder das "Cloud Computing"
versprechen große Einsparpotenziale. Doch diese sind meist mit hohen Investitionskosten verbunden.
Es gibt aber auch Optimierungsmaßnahmen, die deutlich weniger in die Abläufe eingreifen und die
eine IT-Abteilung mit einfachen Mitteln und oft sogar ohne große Kosten durchführen kann.

Ein Schwerpunkt bei der Verbesserung der Energieeffizienz liegt auf der Klimatisierung. Blade-
und Pizza-Server sorgen dafür, dass die Energie- und Wärmekonzentration auf immer kleinerer Fläche
ansteigen. Ging ein Planer bis 2005 noch von 0,6 bis 1,0 kW/m2 im Server-Raum aus, muss er heute
bereits mit einem Wert von 1,0 bis 1,5 kW/m2 rechnen. Gleichzeitig überschreiten einige Hot Spots
diesen Durchschnittswert punktuell noch um ein Vielfaches. Doch selbst ein vor Jahren projektiertes
und errichtetes Rechenzentrum kann so umgerüstet werden, dass die IT-Abteilung es bei diesen
Gegebenheiten energiesparend betreiben kann.

Ist-Analyse

Im ersten Schritt muss eine Ist-Analyse vorgenommen werden. Dazu sind die unterschiedlichsten
Informationen über die Gegebenheiten vor Ort notwendig:

Wie groß und wie hoch ist der Raum?

Wo liegt der Raum, und wie ist er ausgestattet? (Außenwände, Innenwände,
Keller, Obergeschoss, fensterlos oder mit Fenstern, Beleuchtung, Sonneneinstrahlung etc.)

Wie viele Server werden betrieben, wie hoch sind deren Verlustleistungen?

Für welche maximalen Temperaturen sind die Server ausgelegt?

Wo befinden sich die Kühlanlagen?

Wie sind die Schränke angeordnet?

Wie ist der Doppelboden ausgeführt?

Wo sind Luftkurzschlüsse?

Kurzum: Es müssen alle Randbedingungen erfasst sein. Daraus ergeben sich dann relativ schnell
Ansatzpunkte, wie sich die Energieeffizienz verbessern lässt. In vielen RZs beispielsweise wird die
Temperatur aus übertriebener Vorsicht zu niedrig eingestellt. Es gibt immer noch RZs, die auf 18 °C
gekühlt werden, obwohl 24 bis 26 °C für die Komponenten heute kein Problem mehr darstellen.
Berechnungen zeigen, dass ein Kelvin Temperaturunterschied die Energieaufwendung für die
Klimatisierung um etwa drei bis vier Prozent senkt. Außerdem sollte ein RZ-Betreiber darauf achten,
dass Jalousien oder reflektierende Folien an den Fenstern die Erwärmung durch Sonneneinstrahlung
möglichst gering halten. Auch die Beleuchtung im RZ trägt zur Temperaturerhöhung bei.
Zeitschaltuhren oder Bewegungsmelder können hier für eine Minimierung der Einschaltdauer
sorgen.

Optimierte Luftführung

Ein wesentlicher Punkt für die Effizienz eines RZs ist die Sicherstellung optimaler
Luftströmungen und das Verhindern von Luftkurzschlüssen, also der Vermischung von Warm- und
Kaltluft. Allein die Verwendung von Blenden und dicht geschlossenen Schrankreihen bringen hier
merkliche Verbesserungen. Weder im Schrank, zwischen den Servern, noch in der Schrankreihe dürfen
Lücken entstehen, die die gezielte Luftführung behindern. Schrankhersteller wie Schroff bieten
hierfür spezielle Blindplatten und flexible Dichtungselemente an.

Selbst so einfache Maßnahmen wie das Beseitigen herumstehender Kartons sowie im Weg stehender
Stühle und Tische bis hin zur regelmäßigen Reinigung der Filter des Umluftkühlsystems unterstützen
den optimalen Luftstrom.

Generell sollte der Kaltluftstrom der Klimaanlage ohne Hindernisse gezielt zu den Wärmequellen
geführt werden. Dies gilt im besonderen Maße für den Doppelboden, der vorrangig als Druckboden für
die Luftführung dienen sollte. Das heißt, die Kabel müssen dort sauber verlegt sein, und er darf
keinesfalls als Stauraum genutzt werden. Ebenso schlecht sind unnötige oder zu groß dimensionierte
Doppelbodenöffnungen (beispielsweise für Kabeldurchführungen). Durch sie können enorme Luftmassen
unkontrolliert entweichen und eine gezielte Luftführung verhindern. Wird dies alles berücksichtigt,
kann das RZ die Leistung der Klimaanlage auch effizient nutzen.

Die bisher beschriebenen Maßnahmen sind mit nur geringen Kosten verbunden und ermöglichen
bereits Energieeinsparungen von 20 bis 25 Prozent. Weitergehende Maßnahmen sind in der Regel
teurer. Hier ist entscheidend, wie schnell sich die Investitionen gegenüber der möglichen
Energieeinsparung rechnen.

Warm- und Kaltganglösungen

Eine dieser Möglichkeiten ist die konsequente Aufstellung der Schrankreihen in Warm- und
Kaltgängen. Das verhindert eine Vermischung von Kalt- und Warmluft und erhöht die Effizienz der
Klimaanlage. Noch immer findet man aber Schrankaufstellungen, bei denen die Abwärme des einen
Schranks direkt in den Ansaugbereich des nächsten Schranks geblasen wird. Bevor eine IT-Abteilung
jedoch die komplette Schrankaufstellung aufwändig ändert, könnten Zwischenwände für Abhilfe sorgen.
In diesem Fall sollte der Betreiber die Absaugelemente der Klimaanlage direkt über dem nun
entstandenen Warmgang platzieren. Ist dies zu aufwändig oder zu teuer, sollte der Betreiber den auf
der anderen Seite der Stellwand entstandenen Kaltgang gegenüber dem Warmgang nach oben abdichten
und ihn von unten durch Schlitzplatten im Doppelboden optimal mit Kaltluft versorgen. Dies erhöht
den Staudruck im Kaltgang und damit das zur Verfügung stehende Luftvolumen. Solche Aufstellungen
verhindern ebenfalls eine Vermischung von Kalt- und Warmluft. Doch Grundvoraussetzung für dieses
Konzept ist ausreichend viel Platz zwischen den Schrankreihen.

Ist der nicht vorhanden, kann der Anwender die Schränke mit Lüfterrücktüren mit
Radialventilatoren ausstatten. Diese transportieren die warme Luft nach oben zur Decke und nicht
zum nächsten Schrank. Damit entsteht zwar kein echter Warmgang, aber der Anwender erzielt dennoch
eine merklich bessere Trennung von Kalt- und Warmluft.

Wassergekühlte Türen

Befinden sich im RZ Server-Schränke mit besonders hoher Verlustleistung und ist zudem ein
Kaltwasseranschluss vorhanden, könnte der Anwender auch kaltwasserdurchflossene Registertüren an
diesen Schränken anbringen. In diesem Fall käme der Betreiber ohne zusätzliche Lüfter und Regelung
aus. Denn die Server selbst würden die warme Luft durch die Kühlregister blasen und sie so
herunterkühlen. Schroff beispielsweise setzte in einem Projekt solche Registertüren für
Server-Schränke ein. Der Anwender lässt nun 14 °C kaltes Wasser durch diese Türen fließen und
stabilisiert damit die Raumtemperatur auf 23 °C. Die vorhandene Klimaanlage ist mittlerweile
abgeschaltet. Reicht die Wasserkühlung in Kombination mit den Lüftern der eingebauten Geräte nicht
aus, kann der Anwender die Registertüren noch zusätzlich mit Lüftern ausstatten.

Wer keinen Wasseranschluss im RZ besitzt und die Geräte mit besonders hoher Verlustleistung in
einem oder mehreren Schränken konzentrieren kann, hat die Möglichkeit, diese Hot Spots in Schränken
mit integriertem Luft-Wasser-Wärmetauscher (LWWT) unterzubringen. Diese Schränke werden
raumunabhängig gekühlt und sind entsprechend abgedichtet, sodass sie weder die Raumtemperatur noch
die Klimaanlage beeinflussen. Somit benötigt das RZ weniger Kühlluft und kann mit höheren
Temperaturen betrieben werden.

Einhausung

Sind die Schränke im RZ bereits nach dem Kalt-/Warmgangprinzip angeordnet und die beschriebenen
Optimierungsmaßnahmen durchgeführt, so lässt sich die Energieeffizienz durch eine Einhausung noch
weiter steigern. Die Kaltgangeinhausung eignet sich vor allem für Räume mit Raumklimatisierung. Die
Warmgangeinhausung isoliert die Hot Spots und ist daher auch für Räume ohne Raumklimatisierung
geeignet. Außerdem ist dort kein Doppelboden notwendig.

Einhausungen sind in einem bestehenden Rechenzentrum oft nur aufwändig umsetzbar, weil dort oft
die unterschiedlichsten Schränke mehrerer Hersteller mit verschiedenen Höhen und Breiten sowie
unterschiedlichen Dachformen und -befestigungen in einer Reihe stehen. Die auf dem Markt
erhältlichen Standardeinhausungen eignen sich selten oder gar nicht für solche Nachrüstungen. Es
sei denn, der Anwender ist bereit, alle Schränke zu erneuern, um die Standardeinhausung eines
Herstellers zu verwenden. Die wenigsten Betreiber werden so handeln.

Nachrüstung

Es gibt aber auch Schrankhersteller, die individuell angepasste Einhausungen für bestehende RZs
anbieten. Der Anbieter ermittelt vor Ort alle relevanten Maße und liefert dann eine maßgefertigte
Einhausung.

In der Regel basieren solche individuellen Einhausungen auf Grundelementen eines
Schrankprogramms, die eventuell noch etwas angepasst werden müssen. So bietet zum Beispiel ein
abgeschrägtes Gestellprofil mit einer Mäanderrasterung wie das Varistar-Schranksystem von Schroff
eine Vielzahl von Befestigungsmöglichkeiten. Stahlblechrahmen mit Einscheibensicherheitsglas bieten
sich an, um gegenüberstehende Schrankreihen zu verbinden und einen Gang nach oben
abzuschließen.

Weist eine Schrankreihe größere Lücken auf, sollten diese mit Blindgestellen geschlossen werden.
Diese können bei einem weiteren Ausbau des Rechenzentrums durch Server-Schränke ersetzt werden.

Der Kalt- oder Warmgang muss nach oben abgedichtet sein und benötigt an beiden Enden des Gangs
dichte Türen. Das können Flügel-, Schiebe- oder Drehtüren sein, die sich elektrisch oder mechanisch
schließen lassen. Je nach Programm des Herstellers kann auch ein Bewegungsmelder oder eine
Zutrittskontrolle daran angebracht sein. Diese Einhausungen lassen sich dann an einen oder mehreren
Stellen noch zusätzlich kühlen, oder es kann warme Luft abgesaugt werden.

Grundsätzlich ist die Einhausung der Kalt- oder Warmgänge der effektivste Optimierungsschritt
für die Infrastruktur. Weitere Effizienzsteigerungen erreicht der Anwender dann nur noch über das
IT-Equipment – etwa mit einer Server-Konsolidierung oder einer gleichmäßigeren Verteilung der
Verlustleistung in den Schränken.


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