Trends bei IT-Schränken

Klimatisierung und Stromsparen

17. Juni 2008, 22:56 Uhr | Doris Piepenbrink

Die großen Hersteller der Branche stellten dieses Frühjahr das Thema Green IT in den Mittelpunkt. Bei Rechenzentren bringt dies nach Einschätzung aller Hersteller nicht nur Vorteile für das Klima, sondern birgt auch handfeste Einsparungspotenziale: Laut Gartner verursacht die gewerbliche IT zirka zwei Prozent des weltweiten Ausstoßes an CO2. Arbeitet ein Unternehmen aber mit einem intelligenten Kühlungskonzept, energiesparenden Geräten und einem möglichst umfassenden Virtualisierungsansatz, der wiederum mit weniger zu kühlenden Rechnern und Komponenten auskommt, dann lässt sich damit nach Einschätzung von Knürr bis zu 84 Prozent des Stromverbrauchs einsparen.

Dr. Peter Koch, CTO von Knürr, machte dazu Ende März anlässlich einer Pressekonferenz in der
neuen Firmenzentrale in München eine Beispielrechnung auf. Er ging dabei von einem Rechenzentrum
mit einem Stromverbrauch von einem MWatt pro Jahr aus und nahm dafür Stromkosten in Höhe von einer
Million Euro an. Die größten Anteile davon benötigen das IT-Equipment (50 Prozent) und die Kühlung
(25 Prozent). Allein bei der Kühlung ließen sich seiner Einschätzung nach 72 Prozent der
Stromkosten einsparen. Dies beginnt mit einer Raumklimatisierung, die bei ausreichend niedrigen
Außentemperaturen auch eine Freikühlung erlaubt. Selbst bei einer geringen Temperaturdifferenz von
nur fünf Kelvin (16 °C innen und 11 °C außen) könnten damit rund 40 Prozent der Energiekosten für
die Klimatisierung eingespart werden. Bei 24 °C innen und 10 °C außen wären es nach Tests von Knürr
sogar 70 Prozent. Mit einer umfassenden Virtualisierung könnte darüber hinaus die Anzahl der
notwendigen Server auf ein Fünftel reduziert werden. In der Beispielrechnung ging Dr. Koch von 125
Blade-Servern mit jeweils 4 kW Strombedarf aus, von denen nur noch 25 stärker ausgelastete Server
mit je 5 kW Strombedarf übrig bleiben. Bei dem Beispielrechenzentrum ergibt das insgesamt eine
beachtliche Stromersparnis von 84 Prozent.

Kaltgangeinhausung

Eine Kaltgangeinhausung im Rechenzentrum mit abgedichteten Böden benötige für die Klimatisierung
einen geringeren Druck der stark geregelten Umluft und erlaube eine größere Kühlleistung als
herkömmliche Schrankaufstellungen. Dazu müssen aber die Schränke von vorn nach hinten durchströmt
und die Doppelböden abgedichtet werden. Insbesondere bei großen Räumen sind die Luftströme schwer
einzuschätzen und benötigten bei der Planung der Kaltgangeinhausung viel Know-how.

Ferner hat Knürr in eigenen Tests herausgefunden, dass, selbst wenn die zugeführte Luft eine
Temperatur von 28 °C besitzt, die Geräte im Warmbereich noch nicht auf für Bauteile kritische 50 °C
erwärmt werden. Aus diesem Grund schlägt der Hersteller vor, die zugeführte Kaltluft generell auf
eine auch für den Administrator angenehme Temperatur von 23 bis 25 °C anzuheben. Die
Rücklufttemperatur stiege dadurch auf 30 bis 40 °C und könnte zum Beispiel für einen Heizkreislauf
genutzt werden.

Das Prinzip Kaltgangeinhausung funktioniert laut Dr. Koch bis etwa 10 KW Wärmeleistung im
Schrank. Ab dann bis etwa 30 bis 35 kW ist ein Wärmetauscher im Schrank die bessere Lösung.

Die Kaltgangeinhausung ist schon seit Jahren in aller Munde, und fast alle Schrankhersteller
bieten Lösungen dazu an. Dabei weisen alle explizit darauf hin, wie wichtig die Abdichtung der
Kalt- und Warmluftbereiche sei. Knürr und Rittal kamen aus diesem Grund mit speziellen
Luftleitelementen auf den Markt. Minkels bietet zum Beispiel einen wassergekühlten Schrank bis 48
kW Kühlleistung über zwei seitliche Kühlmodule an, der sich in die Cold-Corridor-Lösung des
Herstellers integrieren lässt. So erhält der Anwender zusätzliche Kühlkapazität für die beteiligten
Schränke oder kann die Kühlung über einen zusätzlichen Wasserkreislauf redundant auslegen. Auch
andere Hersteller bieten solche wassergekühlten Schranksysteme an. Bei Schroff beispielsweise sind
diese Schränke mit 19-Zoll-Ebene und seitlichem Wärmetauscher nur 800 Millimeter breit. Wie bei
Minkels ist die Klimatisierung als Modul ausgeführt und kann nachträglich eingebaut werden.

APC stützt sein Klimatisierungssystem für Serverräume auf eine Warmgangeinhausung. Analog zu den
anderen Lösungen werden auch hier die kalten und warmen Luftströme voneinander abgeschottet. Der
Kaltluftbereich hat dabei etwa 23 °C, während der abgeschottete Warmgangbereich sich auf etwa 34 °C
aufheizt. Bei dieser Lösung wird die Kaltluft horizontal in den Serverraum eingeblasen, ein
Doppelboden ist nicht nötig.

RZ-Managementsoftware

Darüber hinaus entwickelte APC ein Rechenzentrumsmanagementsystem für die Kapazitätsplanung von
Kühlung, Strom und Platz sowie für ein strukturiertes Change-Management. Es arbeitet CAD-basiert
und sammelt alle dafür notwendigen Informationen eines IT-Raums: Es erkennt installierte
Komponenten und Geräte, erstellt Listen dazu und unterstützt den IT-Administrator bei der
Aufstellung von Racks zum Beispiel unter Berücksichtigung von Fluchtwegbreiten sowie Kühlleistung
von Rückkühlern und schlägt darüber hinaus eine optimale Verteilung von Komponenten inklusive
Servern über alle Schränke im Raum vor.

Rittal

Auch Rittal stellte in diesem Jahr das grüne Rechenzentrum in den Mittelpunkt seiner
Produktankündigungen. So präsentierte das Unternehmen zusammen mit seinen Schwesterfirmen Lampertz
und Litcos auf der CeBIT auf fast 200 Quadratmetern Sonderfläche ein vollständig klimatisiertes
Rechenzentrum mit Doppelboden, IT-Sicherheitsraum, Energieverteilung und -absicherung und weiteren
technischen Lösungen für Hochverfügbarkeit im Live-Betrieb. Besonders hervorgehoben wurden die
Lösungen im Bereich Stromversorgung und Klimatisierung. So können die Rittal-IT-Kühlungslösungen
die Klimatisierungskosten um die Hälfte reduzieren. Zudem zeigte Rittal in dem Vorführrechenzentrum
seine neue "High-Density"-Kühlung kombiniert mit einem Überwachungssystem, das selbst in diesem
öffentlich zugänglichen IT-Raum Hot-spots vermied. Ebenfalls integriert in das Vorführrechenzentrum
von Rittal waren High-Density-Patching-Lösungen, mit denen sich die Port-Dichte um bis zu 50
Prozent auf maximal 1008 Ports pro Rack steigern lässt.

Darüber hinaus stellte Rittal in der Sonderausstellung "Faszination Zukunft" auf der CeBIT sein
Biorack vor. Für diese Schränke experimentiert der Hersteller mit neuen Werkstoffen wie
biologischen Polymeren – gewonnen aus Proteinen, Ölen und Stärken – und biologischen Füllstoffen
wie Holzfaser, Flachs, Hanf oder Sisal. Stabilität, Leitfähigkeit und Feuerfestigkeit sollen über
Additive erreicht werden. Bei steigenden Rohstoffpreisen und Entsorgungskosten rechnet Rittal
damit, dass Schränke aus umweltfreundlichen Werkstoffen zukünftig eine kostengünstige Alternative
darstellen. Außerdem zeigte Rittal auf dieser Sonderschau seine bereits erhältlichen
Schallschutzdämmmatten, die die Schallemission von Schränken um bis zu 75 Prozent verringern
sollen. Ergänzend dazu präsentierte der Hersteller aktiv gesteuerte Piezo-Aktuatoren, die durch
kontrolliertes Gegenwirken Schwingungen im Rack frühzeitig unterdrücken. Der Fachartikel "Wege zur
Lärmverringerung bei IT-Schränken: Aktive Lärmreduktion" in der LANline 2/2008, Seiten 38/39 geht
detailliert darauf ein.

Ebenfalls neu ist ein Wireless-Service-Konzept für die Rechenzentrumsüberwachung von Rittal.
Dabei funken zum Beispiel in den Klimageräten eingebaute Sender Messwerte an eine zentrale
Auswertungsstation. Das System arbeitet im ISM-Band und unterstützt bis zu 16
Wireless-Sensoren.

Hewlett-Packard

Direkt am lebenden Objekt, konkret am neuen Rechenzentrum von Barclays in Gloucester,
entwickelte Hewlett-Packard (HP) zusammen mit dem Auftraggeber mehrere aufeinander abgestimmte
Energiesparmaßnahmen für Rechenzentren. Dazu zählt das Energiemanagementsystem Dynamic Smart
Cooling, das die Leistung der Klimaanlage über verteilte Kontrollknoten kontinuierlich und lokal an
den tatsächlichen Bedarf anpasst. Damit konnte Barclays den Energieverbrauch des Rechenzentrums um
13,4 Prozent senken. Darüber hinaus setzt der Finanzdienstleister energieeffiziente HP-Server sowie
Virtualisierungstechniken ein und spart so 18 Prozent Energie pro Server und 40 Prozent im gesamten
Rechenzentrum.

Hoher Handlungsbedarf

Das Borderstep-Institut Berlin (www.bor derstep.de) arbeitet derzeit an dem Projekt "
Zukunftsmarkt energieeffiziente Rechenzentren" und recherchiert für eine Best-Practice-Broschüre zu
diesem Thema. Dabei ermittelten die Forscher, dass der Stromverbrauch der rund 50.000 Rechenzentren
in Deutschland im Jahr 2006 insgesamt 8,67 TWh betrug. Dies entspricht der Jahresstromproduktion
von drei mittelgroßen Kohlekraftwerken und ist mehr als das 1,5-fache der Jahresstromerzeugung des
Atomkraftwerks Brunsbüttel. Allein diese Zahlen belegen das enorme Einsparpotenzial in diesem
Bereich und veranschaulichen die Brisanz des Themas. Die Hersteller zeigen auf, was mit wenig
Aufwand schnell realisierbar ist. Jetzt müssen diese Konzepte auf breiter Front umgesetzt werden.
Damit sind die Geschäftsführer, Facility-Manager und IT-Leiter gefragt, die sich nicht in internen
Querelen verzetteln, sondern die Einsparpotenziale möglichst zügig umsetzen sollten.

Trend zum RZ-Ausstatter

Abgesehen vom Green-IT-Hype zeigt sich noch eine ganz andere Entwicklung bei den großen
Schrankherstellern: Insbesondere APC, Knürr und Rittal wollen sich als möglichst umfassende
RZ-Ausstatter positionieren. So war APC bereits 2003 mit seinen Infrastruxure-Lösungen der erste
Anbieter, der ganz gezielt Schranksysteme mit Stromversorgung und Verkabelung anbot. Rittal zog
nach und arbeitete enger mit seinem Schwesterunternehmen Lampertz (IT-Sicherheitsräume) zusammen.
Zusätzlich gründete der Schrankhersteller ein Systemhaus als Tochterunternehmen. Nun kam noch die
Fusion von Knürr und Emerson mit Liebert. Damit kommen Schränke, Klimaanlagen und USVs zwar noch
nicht direkt aus einer Hand, doch die Synergieeffekte sind unübersehbar.


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