Trends in der Glasfasertechnik

Mehr Bandbreite und flexiblere Installationen

16. März 2008, 23:00 Uhr | Thomas Gehrke/dp Der Autor ist Produktmanager Glasfasertechnik bei Dätwyler Kabel+Systeme.

Der ungebrochene Bandbreitenhunger in Unternehmen wie auch im privaten Bereich führt zu ständigen Neuentwicklungen bei Glasfasern und der zugehörigen Übertragungstechnik. Unter anderem gibt es eine ganze Reihe neuer Faser- und Kabeltypen für LANs, Rechenzentren, den Access-Bereich und für Weitverkehrsnetze.

Ende des vergangenen Jahres wurde die EN 50173 verabschiedet und veröffentlicht. Die Normenreihe
trägt den Titel "Informationstechnik – anwendungsneutrale Kommunikationskabelanlage" und gliedert
sich in die fünf Themen

allgemeine Anforderungen,

Bürogebäude,

industriell genutzte Standorte,

Wohnungen und

Rechenzentren.

Im Teil 1 sind nun auch die Singlemode-Faser OS2 sowie Kunststofffasern (POF:
Polymer-Optical-Fiber) mit aufgenommen. Die OS2-Faser wird auch als Low-Water-Peak-Faser bezeichnet
und weist im Gegensatz zur OS1-Faser bei der Wellenlänge von 1383 nm keinen Dämpfungsanstieg auf.
So kann sie auch für ein grobes Wellenlängenmultiplexing (CWDM) genutzt werden. Im Weitverkehr ist
die OS2-Faser schon lange im Einsatz, die LAN-Norm sieht sie nun erstmals mit vor. Da inzwischen
alle bekannten Faser- und Kabelhersteller diese Faser anbieten, sollten Planer und Anwender sie
künftig anstelle der veralteten OS1-Faser fordern und einsetzen.

Bei den POFs setzt sich in der Praxis der Typus mit einem Manteldurchmesser von einem Millimeter
durch. Voraussichtlich werden diese Fasern zukünftig vermehrt im Wohn- und Industrieumfeld
eingesetzt, da der Anwender sie sehr einfach verlegen und mit wenig oder ohne Werkzeug installieren
kann. Auf den letzten Fachtagungen der Kabel- und Faserbranche wurden bereits Übertragungssysteme
vorgestellt, die Geschwindigkeiten von 1 GBit/s auf 100 Meter erreichen.

Laseroptimierte Fasern

Damit die Verkabelung im Campus- und Steigzonenbereich nicht zum Flaschenhals wird, setzen
Unternehmen in diesen Bereichen seit etwa zwei Jahren fast nur noch Glasfaserkabel mit
laseroptimierten Fasern (OM3) ein. Diese ermöglichen besonders kostengünstige LWL-Verbindungen bis
300 Meter, bei denen VCSEL-Dioden (Vertical Cavity Surface Emitting Laser) die 10-GBit/s-Signale
mit einer Wellenlänge von 850 nm übertragen. Die Laserdioden kosten nur ein Zehntel der im
Weitverkehr genutzten Fabry-Pérot- oder Distributed-Feedback-Laser.

Zudem bieten immer mehr Hersteller laseroptimierte 10GbE-Multimode-Fasern an, die
minEMBc-klassifiziert sind (minimum calculated Effective Modal Bandwidth: minimale berechnete
effektive modale Bandbreite). Das Verfahren gilt in der Glasfaserbranche als genaue Referenzmessung
für Fasern, die für hohe, DMD-basierte (Differential Mode Delay) und inhärent skalierbare
Bandbreiten eingesetzt werden sollen. Denn mit dieser Methode kann der Faserhersteller eine
realistische Einschätzung der Faser über verschiedene Bitraten und Streckenlängen abgeben.

TIA/EIA 455-220 und IEC 60793-1-49 unterstützen diese Messmethode. So nahm die TIA für das
minEMBc-Verfahren die Lasereigenschaften von zehn verschiedenen VCSEL-Quellen auf, die den gesamten
Bereich der 10GbE-standardkonformen VCSELs repräsentieren sollen. MinEMBc-klassifizierte
Multimode-Fasern erlauben 10GbE-Übertragungen über 550 Meter. Die Normungsgremien überlegen
derzeit, ob sie diese Fasern zukünftig als OM4-Fasern in die Standardisierung aufnehmen sollen.

Steckverbinder

Bei den LWL-Steckverbindern geht die Entwicklung weiter in Richtung Miniaturisierung. Neben dem
Mehrfaserstecker MPO (ab zwölf Fasern) und dem weit verbreiteten SC-Stecker steht im Teil 5 des
Verkabelungsstandards auch der Small-Form-Factor-(SFF-)Steckverbinder LCD mit einem
1,25-mm-Steckerstift. Die Hersteller von aktiven Komponenten erreichen mit ihnen dieselbe
Port-Dichte wie mit dem RJ45.

Auch in den Teil 3 der EN 50173, der sich mit der Verkabelung im industriellen Umfeld
beschäftigt, hat das LCD-Interface Eingang gefunden. Ein zusätzliches Schutzgehäuse sorgt dafür,
dass sie die Umweltanforderungen der höheren MICE-Klassen (Mechanical, Ingress, Climatic,
Electromagnetic) in der ISO/IEC erfüllen. Im Normungsgremium wird intensiv daran gearbeitet, auch
das Steckgesicht SC-RJ in das Schutzgehäuse zu integrieren. Dieser hat den Vorteil, dass sich in
den 2,5-mm-Keramiksteckerstift nicht nur Glasfasern mit einem Manteldurchmesser von 125 µm, sondern
auch POFs mit einem Durchmesser von einem Millimeter integrieren lassen.

Highspeed im Rechenzentrum

Für Rechenzentren prüft die HSSG (Higher Speed Study Group) der IEEE 802.3 derzeit die
Realisierungsmöglichkeiten von Übertragungen mit 40 und 100 GBit/s und dabei die Nutzung der
OM3-Faser für Entfernungen bis 100 Meter. Singlemode-Fasern sollen auf Reichweiten bis 40 Kilometer
spezifiziert werden.

Da noch keine Laserdioden mit direkter Modulation für solche Geschwindigkeiten existieren, sind
diese Entfernungen nur mittels paralleler Übertragung über bis zu 20 Fasern erreichbar. Dafür
bieten sich die im deutschsprachigen Raum noch kaum gebräuchlichen Faserbändchen (Ribbon-Kabel) mit
MPO-Stckverbindern an.

Biegeoptimierte Singlemode-Fasern

Speziell für beengte Platzverhältnisse entwickelten einige Glasfaserhersteller biegeoptimierte
Fasern, deren minimaler Biegeradius noch unter dem der Standard-Singlemode-Faser nach ITU-T G.652.D
liegt. Ihr Einsatz ist im neuen Standard ITU-T G.657 definiert. Die Klasse A umfasst Fasern bis zu
einem Anwendungsdurchmesser von 20 Millimetern, die rückwärtskompatibel zum Standard ITU-T G.652.D
sind. Die Klasse B spezifiziert Fasern mit einem Anwendungsdurchmesser von nur 15 Millimetern. Die
Klasse-B-Faser ist nicht rückwärtskompatibel mit der ITU-T G.652.D, da ihr Modenfeld kleiner ist.
Aus diesem Grund entstehen beim Spleißen von Kombinationen aus G.657.B- und G652.D-Fasern höhere
Einfügedämpfungen. Das kann beim Spleißen zu Zusatzdämpfung führen. In Wohnungen erlaubten
zukünftig Singlemode-Fasern mit Biegeradien von 7,5 Millimetern kleinere Hardwarekomponenten und
unkonventionelle Kabelführungen etwa entlang einer Sockelleiste.

Zugangsnetze

Ein schon lange angekündigter Trend bei Stadtnetzen sind Triple-Play-Netze. Dabei benötigen
insbesondere das Herunterladen und Weiterleiten von Videodaten große Bandbreiten, die einem Nutzer
on Demand zur Verfügung stehen müssen. Der Carrier kann hierzu von der letzten Vermittlungsstelle
aus so viele Kabel zum Endkunden bringen, dass jeder Teilnehmer ein oder zwei für ihn reservierte
Fasern erhält. Als Alternative dazu bietet sich ein passives optisches Netz (PON) an. Dabei nutzen
mehrere Endkunden unterschiedliche Wellenlängen einer Faser. Die individuellen Daten eines Nutzers
werden über Splitter ausgekoppelt.

Die Verkabelungen im City-Backbone und zwischen den Kabelverzeigern (KVz) sowie zu den Gebäuden
der Teilnehmer müssen hoch flexibel ausgelegt sein, da immer wieder Änderungen, Störungen oder
Erweiterungen auftreten. Im Anschlussnetz bis zum Teilnehmer setzen Stadtnetzbetreiber seit einigen
Jahren Rohrlösungen ein, in welche leichte, dünne Minibündelkabel nach Bedarf auch über lange
Distanzen bis zum Gebäude des Teilnehmers eingeblasen werden. Dabei sollten die Kabel mit den
Minibündeln im Bereich von Muffen, KVz oder Kabelendgestellen möglichst einfach zu entnehmen und zu
konfektionieren sein.

Wenn Netzbetreiber die Bandbreitenkapazität in bestehenden, voll bestückten Zugangsnetzen
ausbauen wollen, nutzen sie in der Regel das CWDM (Coarse Wavelength Division Multiplexing, grobes
Wellenlängenmultiplexing). Es arbeitet mit deutlich größeren Kanalabständen zwischen den einzelnen
Wellenlängen (bis 20 nm) als das DWDM (dichtes Wellenlängenmultiplexing) aus dem
Weitverkehrsbereich (hier liegen die Kanalabstände bei 0,8 nm). Zudem kommt das CWDM mit
günstigeren Laserdioden aus.

Darüber hinaus lässt sich auch in optischen Netzen über die Optimierung der Modulation noch
einiges an Bandbreite herausholen. Denn bisher arbeitet die optische Übertragungstechnik meist noch
ausschließlich mit der Amplitudenmodulation (Licht ein/aus). So testen derzeit einige Hersteller
mehrstufige Modulationen in Amplitude und/oder Phase wie die Vierphasen-Modulation (QPSK:
Quadrature Phase Shift Keying) sowie die Quadratur-Amplituden-Modulation (QAM).

Optimierungen im WAN

Im Weitverkehrsbereich erfolgen im deutschsprachigen Raum kaum noch Neuinstallationen. Die
Carrier setzen, wenn zwischen Hauptvermittlungsstellen doch Engpässe auftreten, meist auf das
dichte Wellenlängenmultiplex (DWDM: Dense Wavelength Division Multiplexing), bei dem viele
Wellenlängen auf einer Faser übertragen werden. Allerdings ist das Signal sogar in einer
Singlemode-Faser mit sehr geringer Dämpfung (etwa 0,2 dB/km) nach einer langen Strecke so
abgeschwächt, dass es aufbereitet werden muss. Und je höher die Anzahl der Wellenlängen, desto
größer ist der elektronische Aufwand für die opto-elektrische Signal-Regeneration. Einen Ausweg aus
diesem Dilemma könnten zukünftig Erbium-dotierte Faserverstärker (EDFA) bieten. Darüber hinaus
setzen die Netzbetreiber zunehmend rekonfigurierbare optische Add/Drop-Multiplexer (ROADM) ein, um
definierte Wellenlängen aus dem DWDM-Spektrum aus- und einzukoppeln.

Fazit

Die meisten Entwicklungen der Lichtwellenleitertechnik zielen auf einen zunehmenden
Bandbreitenbedarf. Doch ist die einfachere und flexiblere Installation nicht zu unterschätzen. Die
wichtigsten Schlagworte sind hier: SFF-Stecker im RJ45-Format, kleine Biegeradien, schnelles
Einblasen und Konfektionieren von Minibündeladerkabeln. Sie sparen Montagezeit und damit
Kosten.


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