Der 10GBase-T-Standard IEEE802.3an ermöglicht die 10GbE-Übertragung über Twisted-Pair-Kupferleitungen. Vertraute Techniken wie etwa strukturierte Verkabelungen, RJ45-Steckverbinder und Patch-Panels können somit weiter benutzt werden. Für Installateure bietet dies einen Vorteil. Doch bisher gibt es dafür noch keine stabilen Prüfstandards, sodass eine zuverlässige Verkabelung nach dem Plug-and-Play-Prinzip noch in weiter Ferne liegt.
Den ersten Komponentenstandard für 10GbE-Kupferverkabelung verabschiedete die amerikanische Telecommunications Industry Association (TIA) im Februar 2008, als das Technische Komitee TR-42 im Amendment 10 zum Dokument ANSI/TIA/EIA-568-B.2 das Kabel der Augmented Category 6 (Cat. 6a) definierte und freigab. Die offizielle Bezeichnung des Standards lautet TIA/EIA-568-B.2-10.
Bei der ISO/IEC ist die Klasse EA (500 MHz) mit den Kanalanforderungen im Amendment 1 zur ISO-Norm 11801 ebenfalls bereits verabschiedet, doch die Anforderungen an die zugehörigen Komponenten, die im Amendment 2 unter der Bezeichnung Kategorie 6a spezifiziert sein werden, stehen noch aus. Diese werden voraussichtlich auch strengere Anforderungen enthalten als der amerikanische Category-6a-Standard.
Die Mehrzahl der heute in Bürogebäuden verbauten Kabel entspricht wahrscheinlich den Normenentwürfen für die künftige Kategorie 6a sowie der Klasse EA (500 MHz) und unterstützt die 10GbE-Kommunikation (10GBase-T). Doch wer die Verkabelung am Ende der Installationsarbeiten nach den neuen oder künftigen Standards zertifizieren soll, steht vor einer anspruchsvollen Aufgabe:
Die meisten Planer und Berater definieren einen Test nach dem Permanent-Link- Modell anstatt nach dem derzeit alleinig verabschiedeten Channel-Modell. Sie bevorzugen diese Methode, da bisher ein bestandener Permanent-Link-Test nach den Definitionen der Standards auch die Grundlage für einen standardkonformen Channel bildet, sofern der Endanwender standardkonforme Patch- und Anschlusskabel verwendet.
Doch derzeit sind nur normkonforme Kanalmessungen möglich. Dabei bieten die Produkte für Klasse-EA-Verkabelungen deutlich geringere Performance-Reserven im Vergleich zur letzten Generation der Kategorie-6-Produkte (250 MHz). Das Risiko, dass ein Test negativ ausfällt, erhöht sich damit beträchtlich, wenn der Installateur den Abschluss des Kabels in der Steckbuchse nicht einwandfrei durchgeführt hat.
Besteht eine Verbindung den Test nicht, kommt es meist zu folgenden Fragen:
Hat der Prüfer die Verbindung nach dem neuesten Normentwurf oder anhand des verabschiedeten Standards (250 MHz) getestet?
War er zuständige Tester vor Ort für die Aufgabe qualifiziert?
Hat er die richtigen Permanent-Link-Adapter und Prüfstecker verwendet?
Gerade die letzte Frage gibt häufig Anlass zu Unsicherheiten. Viele Leser werden sich an die Anfangszeit der Kategorie-6-Technik erinnern, als es üblich war, wenn eine Verbindung den Test nicht bestand, zunächst einmal den Installateur zu verdächtigen, er habe nicht den richtigen Prüfstecker dafür verwendet.
Bei der Entwicklung des amerikanischen Augmented-Category-6-Standards zeichnete sich eine ähnliche Situation ab, wie sie es in den Jahren 2001/02 bereits bei der Kategorie-6-Verkabelung gegeben hatte. Über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren hinweg hatten die Standards die Channel- und Link-Anforderungen für Kategorie 6 definiert, während die Definition der Verbindungshardware, also der Stecker und Buchsen, noch Gegenstand von Untersuchungen war. Neu auf den Markt kommende Produkte ermöglichten ein freizügiges Kombinieren erst, nachdem die Standards die Leistungsfähigkeit der einzelnen Bauteile ebenso bestimmten wie die Prozedur für die Zertifizierung.
Die Interoperabilität modularer RJ45-Stecker und -Buchsen zu messen, zu definieren und zu gewährleisten ist alles andere als trivial und war auch schon bei der bisherigen Kategorie 5e und 6 nicht einfach: Die Entwickler der Steckverbinderhardware fanden für die herkömmliche Kategorie 6 eine Technik, bei der der Großteil des vom Stecker verursachten Nebensprechens mithilfe der Buchse kompensiert wurde: Der Drahtrahmen und die Schaltungen in der Buchse erzeugen ein Nebensprechen, das im Idealfall den gleichen Betrag hat wie das Nebensprechen im Stecker, aber genau gegenphasig ist und so das Nebensprechen exakt kompensiert. Der entscheidende Parameter ist hier das Nahnebensprechen (NEXT) zwischen zwei Leiterpaaren, ausgedrückt in NEXT-Verlust (in dB) oder mit negativem Vorzeichen als NEXT. Dieser Wert lässt sich auch als Vektor darstellen, mit einem Phasenwinkel und dem Betrag in Millivolt. Ein langer Vektor weist auf eine schlechte Performance hin, ein kurzer auf eine gute. Dabei ist der NEXT-Betrag einer gesteckten (mated) Steckverbinderkombination weitaus geringer als bei einer ungesteckten. Eine standardkonforme Kategorie-6-Buchse reduziert das NEXT des Steckers um mindestens 83 Prozent. Dies setzt ein fein eingestelltes Gleichgewicht zwischen dem NEXT des Steckers und dem NEXT der Mated-Verbindung voraus. Da die Kompensation durch die Steckbuchse nicht adaptiv ist, hängt der Erfolg in hohem Maße von den korrekten NEXT-Eigenschaften des Steckers ab.
Fall A in Bild 1 zeigt eine nahezu perfekte Kompensation, da nur ein geringes NEXT der Mated-Verbindung zurückbleibt. Häufig wird die Ansicht vertreten, ein besserer Stecker könne das NEXT-Verhalten der Mated-Stecker/Buchse-Kombination und damit des gesamten Kanals verbessern. Fall B in Bild 1 macht jedoch deutlich, dass ein Stecker mit besseren Eigenschaften als nominell gefordert sogar eine Überkompensation der Buchse bewirkt. Die NEXT-Eigenschaften der Mated-Verbindung sind folglich nicht besser als bei einem schlechten Stecker (Fall C).
So einigte sich das Normungsgremium darauf, dass zum Testen einer installierten permanenten Verbindung die Eigenschaften des verwendeten Prüfsteckers einen sehr engen Toleranzbereich einhalten müssen, da nur ein solcher "Centered Test Plug" repräsentative Ergebnisse liefern kann. Als zuverlässige Lösung ermittelten die Normungsgremien einen Prüfstecker auf der Basis einer Leiterplattenimplementierung. Wie die Erfahrung zeigt, lassen sich solche Prüfstecker so herstellen, dass die NEXT-Eigenschaften der kritischsten Leiterpaar-Kombinationen (3/6 und 4/5) um höchstens ± 0,2 dB vom Mittelwert abweichen. Seit den Anfangstagen der Kategorie 6 war der Prüfstecker stets die größte Unsicherheitsquelle beim Testen installierter Verbindungen. Zudem wird in jenem Teil des Standards, der die Konformitätsprüfungen der Bauteile beschreibt, ein Prüfstecker auf Leiterplattenbasis dargestellt. Eine solche Prüfung wird typisch durch unabhängige Labors durch-geführt. Für den intensiven Einsatz im Feld ist eine Konstruktion von Vorteil, bei der die Spitze, wenn sie verschlissen ist, ausgetauscht werden kann.
Die Branche fragt sich nun, ob der Test- stecker für Kategorie 6a nach ISO/IEC 11801 andere Eckdaten als die bereits verabschiedete amerikanische TIA-Version aufweisen wird.
Die Anforderung an die Buchsen nach ISO/IEC werden höher sein müssen, um die strengeren Anforderungen an den Kanal zu erfüllen, die Eckdaten des Kategorie-6a-Teststeckers (500 MHz) müssen jedoch identisch mit der amerikanischen Version sein, da sie sich aus den Werten der Kategorie 6 (250 MHz) ableiten. Wäre dem nicht so, könnte die im Amendment 1 zur ISO/IEC 11801 definierte Rückwärtskompatibilität zur Kategorie 6 (250 MHz) und Kategorie 5e nicht erzielt werden.
Das Prüfen einer installierten Verbindung mit einem handelsüblichen Patch-Kabel (möglicherweise vom selben Hersteller) liefert nur unzureichende Aussagen darüber, ob auch ein Patch-Kabel anderen Ursprungs eine ähnliche Performance erzielt. Nur Tests mit einem zentrierten Prüfstecker, dessen Werte verlässlich in die Mitte des Toleranzbereichs fallen, geben Aufschlüsse über einen standardkonformen und problemlosen Übertragungskanal. Ein solcher Prüfstecker ist heute auch für die neue Kategorie 6a (500 MHz) ausreichend definiert und für Labors und Installateure gleichermaßen verfügbar, sodass eine größtmögliche Übereinstimmung zwischen den Tests im Labor und im Feld gewährleistet ist. Planer und Berater können durch Spezifizieren des Prüfsteckers die Installation des Endanwenders korrekt und reproduzierbar zertifizieren, während sich für Installateure und Subunternehmer das Risiko zeit- und kostenaufwändiger Fehlalarme mit den daraus resultierenden Nacharbeiten verringert. Wenn dazu noch bei Verschleiß die Spitze als kritischster Teil des Steckers ausgetauscht werden kann, lassen sich die gesamten Testkosten weiter senken, ohne die Aussagekraft der Testergebnisse zu beeinträchtigen.