Testserie Social Software, Teil 1: MS Sharepoint

Social Networking à la Microsoft

30. April 2010, 3:00 Uhr | Thomas Bär/wg

Die Sharepoint Services 3.0 erweitern den Windows Server kostenfrei und bieten sich für den Aufbau von Intranet-Seiten zusammen mit Microsoft Office an. Sie liefern Online-Diskussionen, Team-Web-Seiten, Wikis, eine gemeinsame Dateiablage mit Revisionen, Adressverzeichnisse und eine Workflow-Steuerung. Weit darüber hinaus geht die kostenpflichtige Variante, der Sharepoint Server (SPS). Wir betrachten hier dessen kommende Version 2010, die seit Monaten als Beta vorliegt.

Die Sharepoint Services 3.0 erweitern den Windows Server kostenfrei und bieten sich für den Aufbau von Intranet-Seiten zusammen mit Microsoft Office an. Sie liefern Online-Diskussionen, Team-Web-Seiten, Wikis, eine gemeinsame Dateiablage mit Revisionen, Adressverzeichnisse und eine Workflow-Steuerung. Weit darüber hinaus geht die kostenpflichtige Variante, der Sharepoint Server (SPS). Wir betrachten hier dessen kommende Version 2010, die seit Monaten als Beta vorliegt.

Die Sharepoint Services ließen sich bei geringer Nutzung problemlos zusätzlich auf einem Server installieren. Ein Blick auf die Systemvoraussetzungen des SPS 2010 verdeutlicht, dass diese Zeiten vorbei sind: Der Betrieb erfordert Windows Server 2008 SP2 oder 2008 R2 in der Standard- oder Enterprise-Ausprägung. Für Tests reicht ein Windows-7-PC. Alle Betriebssysteme müssen in der x64-Ausprägung vorliegen – x86 wird nicht mehr unterstützt.

Aktuelle Microsoft-Seiten fordern mindestens vier Prozessorkerne. Über 4 GByte Arbeitsspeicher sollte die Maschine in Test- und Entwicklungsszenarien verfügen, Produktiv-Servern werden 8 GByte RAM oder mehr abverlangt. Datenbankseitig ist Microsoft SQL 2005 oder 2008 erforderlich, für Tests kann es sich um die kostenfreie Express Edition handeln. 80 GByte freier Festplattenspeicher stehen zudem auf der Sollliste. Im Test bestätigte sich dies: Weist man dem VMware-Testsystem nur 1 GByte RAM zu, kommt es zu Störungen, da Dienste nicht rechtzeitig starten können. Auch Client-seitig ist der neue SPS wählerischer als seine Vorgänger: Internet Explorer 7 oder 8, Mozilla Firefox 3.5 oder Apple Safari 4.x – ältere Browser sind nur noch bedingt geeignet. Sharepoint-Seiten werden für verschiedene Smartphone-Browser optimiert gerendert, eine Anpassung für das beliebte ­Iphone gibt es jedoch nicht.

Installation und Erstkontakt

Wie seine Vorgänger bietet auch der SPS 2010 die Möglichkeit, als Einzelsystem mit eigener Datenbank zu agieren oder in einem Server-Verbund, entlastet durch verschiedene Web-Server. Im Test wählten wir die Installation als „eigenständiger Server“. Der Zeitaufwand für Installationen und Einrichtung der wichtigsten Parameter wie E-Mail-Server-Einbindung oder automatisiertes Backup liegt bei knapp einem halben Arbeitstag.

Der Installationsvorgang selbst ist einfach und entspricht weitgehend dem Ablauf des Vorgängers: die aktuelle Beta mit rund 550 MByte herunterladen, den Installer OfficeServer.exe starten und dem Setup-Assistenten folgen. Dient eine Server-Version als Grundlage, lädt der Assistent benötigte Komponenten automatisch und installiert sie ohne Zutun. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, beginnt die eigentliche Installation, in deren Rahmen Demodaten von „Adventure Works“ eingefügt sind.

Nach der Installation findet sich der Link zur Zentraladministration nicht mehr im Menü „ Verwaltung“, sondern im Zweig „Microsoft Sharepoint 2010 Products“. Alle Einstellungen zu Anwendungen, Backups, Upgrades und Systemanpassungen erfolgen über die Web-Seite der Zentraladministration, die aufgeräumter wirkt. Ein Konfigurationsassistent unterstützt beim Aufbau einer Sharepoint-Server-Farm. Neben der lokalen Installation offerieren Microsoft und Drittanbieter seit geraumer Zeit Sharepoint als „Hosted Service“. Hier fallen lediglich monatliche Kosten pro Benutzer an.

Die wichtigsten Neuerungen

Die augenscheinlichste Änderung ist die überarbeitete Benutzeroberfläche. Die mit Office 2007 eingeführte Ribbon-Technik hält nun auch Einzug bei Sharepoint. Die Einbindung von Video-Clips war mit dem Vorgänger nicht so einfach zu realisieren. Mit SPS 2010 hingegen pflegt man Video- oder Audio-Dateien einfach aus dem „Ribbon-Menü“ in Web-Seiten ein. Sobald ein Clip zum Einsatz kommt, fordert Sharepoint die Installation von Microsoft Silverlight. Die kostenlose Browser-Erweiterung, eine direkte Konkurrenz zu Adobe Flash, bietet Microsoft für Windows und Mac OS, Novell stellt sie als „Moonlight“ unter Linux bereit.

Die Anpassbarkeit der Web-Seiten in Bezug auf Inhalt und Design wurden erweitert. Web-Designer können per „Theming“ ganze Farbpaletten zwischen Powerpoint 2010 und Sharepoint austauschen. Für Änderungen, die über das Hinzufügen und Entfernen von Webparts hinausgehen, gibt es den kostenlosen Frontpage-Nachfolger Sharepoint Designer. Die aktuell vorliegende Version 2007 hat mit dem kommenden SPS noch ihre Schwierigkeiten. Man sollte auf die zum Server passende Version warten, die bereits als Beta vorliegt.

Dass Web-Seiten bei Änderung der Daten nun nicht mehr einen kompletten Wiederaufbau benötigen und nun auch Visio-Dateien als Service verfügbar sind, rundet die SPS-Sanierung positiv ab. Überaus erfreulich ist der Groove-Nachfolger Sharepoint Workspace 2010. Der Offline-Ordner zu Sharepoint synchronisiert automatisch Daten zwischen Server und Arbeitsbereich. Diese Zusatzsoftware aus dem Office-Paket wird auch als Sharepoint Workspace Mobile 2010 für Windows Phone/Mobile ab Version 6.5 nutzbar sein.

Einfacher Einstieg

Nach der Installation bietet Sharepoint zunächst eine einzige Portalseite. Hier finden sich Demo-Einträge der virtuellen Testfirma „Adventure Works“. Von hier aus erklären sich einige SPS-Funktionen wie von selbst, da Überschriften auf der Hauptseite gleichzeitig Features darstellen, beispielsweise „Wie wird der anonyme Zugriff aktiviert“. Bei aller Hilfestellung ist jedoch nicht zu übersehen, dass Sharepoint keine Technik ist, die man nebenbei einführt. Einige Stunden in Ruhe die Dokumentation zu wälzen ist das absolute Minimum.

Die Berechtigungsverwal­tung lehnt sich erwartungsgemäß an das Active Directory und die Windows-Authentifizierung an. Ab Werk verfügt jede Sharepoint-Site über die drei Gruppen Leser, Teilnehmer und Eigentümer. Welche Rechte dahinter stehen, lässt sich mit wenigen Mausklicks ändern. Zusätzlich kann man beliebig viele eigene Gruppen definieren. Die Informationen über diese Gruppen werden jedoch nicht im AD gespeichert, sie bleiben in der SPS-Datenbank.

Eine Authentifizierung gegen nicht Windows-integrierte Dienste ist per LDAP oder Datenbank-Claims möglich. Microsoft unterstützt auch unterschiedliche Mandanten innerhalb einer Installation.

Kernfunktionen für das Networking

Sharepoint bietet sich für zahlreiche Social-Networking-Anforderungen förmlich an. Besonders im Zusammenspiel mit dem MS-Office-Paket vereinfacht sich die Benutzung deutlich. Natürlich lassen sich Kontaktlisten direkt im Web-Fenster bearbeiten – sogar in einer Tabellenansicht ohne die Notwendigkeit, von Fenster zu Fenster zu springen – doch in der gewohnten Outlook-Umgebung geht manch ein Arbeitsschritt leichter von der Hand. Besonders die SPS-Kalenderfunktionen werden erst durch Outlook richtig interessant: So liegen beide Kalender nebeneinander in der Ansicht, was die Terminplanung vereinfacht. Microblogging, wie es von Twitter her bekannt ist, bietet Sharepoint nicht. Auf Nachfrage teilte der Hersteller mit, dass dafür Partnerlösungen geplant sind, Details lagen bis Redaktionsschluss aber nicht vor. Für ein schnelles Einstellen von Informationen lassen sich jedoch die Ankündigungen auf den Sites verwenden.

SPS bietet zudem als Dateiablage deutlichen Mehrwert. Während der sporadische Benutzer die Upload-Funktionen in einen Dokumentenordner bevorzugen wird, öffnet der IT-Professional ein solches Verzeichnis direkt im Windows Explorer und verschiebt und gruppiert Dateien wie in einem traditionellen Ordner. Funktionen wie Quota, Ein- und Auschecken und eine Versionierung mit Zusatz-/Notizfunktion unter Angabe des Benutzers machen SPS zu einem Fileserver . Die seit Jahren von der Branche geforderte Erweiterung des Microsoft-Dateisystems NTFS zu einem datenbankbasierenden File-System ist mit Sharepoint in gewisser Weise bereits Wirklichkeit. Erfreulich für Anwender ist das konsequente Verfahren des Ein- und Auscheckens von Dokumenten: Nicht eingecheckte und nicht freigegebene Dokumente kann nur der Autor sehen und bearbeiten. Ist die Freigabe erfolgt, entstehen die Dokumente sichtbar für alle direkt am Speicherort.

Portalseiten mit Vorlagen und Wikis bilden das Rückgrat beim Informationsaustausch jenseits der Dateigrenzen. Im SPS 2010 hat Redmond die einst eher rudimentären Wiki-Funktionen aufpoliert und um Vorlagen erweitert. Die Enterprise Wiki Templates mit verschiedenen Seitenlayouts lassen sich mit einem Rich Text Editor beinahe in Word-Manier bearbeiten. Automatische Wiki-Links mit Vorschlägen, Einbetten von Bildern und Video-Clips, die Integration in die Suche sowie Tagging und Ratings vereinfachen die Arbeit.

Tagging und Rating

Das Anlegen von Schlagworten (Tags) zur Eingrenzung von Suchergebnissen zieht sich nun wie ein roter Faden durch das ganze Produkt. Um bei einer Suche besonders wichtige Informationen schnell identifizieren zu können, ist ein Rating-System hilfreich. Große Internet-Versandhäuser machen das vor: Der Benutzer kann Inhalte per Mausklick bewerten. Ein Rating dieser Art ist nun auch in Sharepoint verfügbar.

Für das Instant Messaging nutzt Microsoft den Office Communication Server, eine eigenständige Chat-Funktion bietet SPS nicht. Sollen Benutzer erkennen können, ob Kollegen oder Partner gerade online sind, ist somit der Einsatz der Zusatzsoftware erforderlich. Sonst bleibt den Benutzern einzig der zeitversetzte Austausch über E-Mail.

Mit der Integration der Windows Workflow Foundation ist Microsoft vielen Konkurrenten einen Schritt voraus. Auch ohne Programmierkenntnis lassen sich Abläufe wie Genehmigungsprozesse aufbauen. Das Design eines Ablaufs wird somit zu einem Durchklicken von „Wenn dann OK sonst“. Standard-Workflows liefert der Hersteller als Anschauungsobjekt für eigene Anpassungen mit. Komplette Workflows entwerfen IT-Professionals per Sharepoint Designer oder Visual Studio.

Dank eines umfassenden Berichtswesens („Web Analytics“) lassen sich verschiedene Fragen über die Nutzung beantworten. Die Auswertungen sind in die Rubriken Datenverkehr, Suchauswertungen und Inventar gegliedert: Welche Suchanfragen wurden gestellt, wie viele Dokumente hat der Crawl-Dienst in einem Zeitraum ausgewertet oder wer sind die häufigsten Besucher? Eigene Berichte können IT-Profis auf Basis der zugrunde liegenden Datenbank erstellen und via SQL Server Analysis Services, Reporting Services oder mit Excel-Pivot-Tabellen visualisieren.

Rundumpaket für Administratoren

Glücklicherweise liefert Microsoft den SPS mit allen für Administratoren nötigen Grundfunktionen: Backups lassen sich per Web-Oberfläche generieren oder automatisiert über einen Batch-Job im Scheduler realisieren. Sind automatisierte Auswertungen gefragt, so bewerkstelligen dies die integrierten SQL Server Reporting Services. Quota-Funktionen, definierbare Regeln über die Wiederherstellung gelöschter Einträge und Dateien aus dem virtuellen Papierkorb und die starke Integration in Active Directory und Exchange versüßen dem Windows-Administrator die Sharepoint-Technik.

Die Migration von einer Sharepoint-Generation zur nächsten ist oft mit Bordmitteln möglich. Wird es schwieriger, so gibt es Drittanbieter wie Quest, die dazu Lösungen im Programm haben. Selbst Migrationsprogramme für öffentliche Ordner, Lotus-Notes-Installationen oder File-Server bietet Quest für Sharepoint Server an. Microsoft bietet für Sharepoint einen deutschsprachigen Support, wie es für eine Software, die über Server-Lizenzen und Client Access Lizenzen (CALs) lizenziert wird, üblich ist. Zudem liefert eine aktive Community, beispielsweise unter www.sharepointcommunity.de, viele Anwendungsbeispiele und Antworten.

Fazit

Microsoft Sharepoint ist im Zusammenspiel mit den Office-Produkten aus dem eigenen Haus eine äußerst überzeugende Software mit vielen Möglichkeiten der individuellen Anpassung. Ohne enge Vorgaben aus der IT-Administration haben Anwender ausreichend Freiräume, um kreativ mit dem System zu arbeiten. Den guten Marktzugang von Sharepoint fördert einerseits der kostenlose „Push“ durch die Sharepoint Services, andererseits sind viele Drittanbieter auf den Sharepoint-Zug aufgesprungen und bieten Anpassungen und Erweiterungen an.

Info: Microsoft
Tel.: 089/3176-0
Web: www.microsoft.de


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