Nexans führt eine überarbeitete Version (Produktbezeichnung Lanmark 7A GG45) ihrer seit 2002 international normierten GG45-Kupferlösung ein. Adressiert werden alle Applikationen - nach Aussagen des Herstellers bis hin zu künftigen 40-GbE-Ethernet-Anwendungen.
Die Nachricht der überarbeiteten GG45-Variante kann einige Fragen aufwerfen: 40 Gigabit Ethernet über Kupferverkabelung? Was sind überhaupt die Zielmärkte dafür? Sind nicht bereits 10 Gigabit und Klasse EA überdimensioniert? Und wenn schon höchste Bandbreite, wären dann nicht Lichtwellenleiter die bessere Lösung? Pauschal lassen sich diese Fragen selbstverständlich nicht beantworten. Nachfolgend soll aufgezeigt werden, dass es in der Tat gute Gründe gibt, sich auf die Thematik GG45 und Kategorie-7a-Verkabelung einzulassen.
Wieder einmal sind es die Serverfarmen und Rechenzentren, die nach deutlich mehr Bandbreite verlangen. Die Hauptantriebsfeder ist in einer nachhaltigen Veränderung der Medienlandschaft zu suchen; eine Veränderung, die ihren Höhepunkt noch längst nicht erreicht hat. Der Begriff Video on Demand (VoD) wird derzeit nicht nur unter Insidern diskutiert. Videomaterial wird zentral gespeichert und über Breitbandnetze auf Abruf zur Verfügung gestellt (Media Streaming). Experten attestieren VoD überproportionale Wachstumsraten in den nächsten Jahren.
Video on Demand wird aber nicht nur den privaten Fernsehkonsum einschneidend verändern, auch das alltägliche Privat- und Wirtschaftsleben soll davon beeinflusst werden, so die einheitliche Meinungen der Experten: "Die Möglichkeiten der VoD-Technik kommen derzeit auch für zentrale Archivierungssysteme zum Einsatz, die Video-Streaming-Technik auch im Bereich der Unternehmenskommunikation. Unternehmensinformationen und -nachrichten lassen sich audiovisuell darstellen und zielgruppenspezifisch im Intra- oder Extranet verteilen", so eine Aussage des C-Lab-Reports. Es liegt daher auf der Hand, dass angesichts der zu erwartenden enormen Datenfluten der (Hilfe-)Ruf nach mehr Bandbreite ebenfalls nicht auf sich warten ließ.
Ohne Frage, eine noch schnelleres Protokoll wäre den Betreibern der Serverfarmen sicher noch lieber, und 100 GByte/s wäre gerade gut genug. Aber erstens ist eine solche Lösung schlicht zu teuer. Brocade etwa bewertet den Markt für 40 Gigabit Ethernet besonders positiv, spricht sogar von einer teilweisen Kannibalisierung von 10GE durch 40GbE, zum Beispiel durch einfacheres Management (ein 40GbE-Port statt vier 10GbE-Ports). Budget schonender als die zu erwartenden 100-Gigabit-Lösungen sei der 40-GbE-Ansatz ebenfalls. Im Original (Brocade 40 Gigabit Ethernet Answers) liest sich das so: "10GbE has been so strictly defined that we need 40GbE to bridge the gap between 1GbE and 100GbE.?
Aus technischer Sicht spricht natürlich recht wenig gegen Lichtwellenleiterübertragung, schon gar nicht bei größeren Distanzen. Aber Aktivkomponenten sind mit LWL-Ports deutlich teurer als Kupfer-Ports. Dies führte bekanntlich schon bei 10GbE zur beschleunigten Entwicklung des 10GBaseT-Standards. Man spricht immerhin von rund 300 Euro Unterschied pro Port. Außerdem hat Kupfer den Vorteil, Strom leiten zu können.
Die von Nexans entwickelte und produzierte Kategorie-7a-Lösung umfasst eine GG45-Buchse, die sowohl "normale" RJ45-Patchkabel aufnehmen kann (Performance dann maximal Kategorie 6a, 500MHz) als auch GG45-Patchkabel. Damit stellt das GG45-System 1000 MHz an Bandbreite zur Verfügung. Gerade diese Rückwärtskompatibilität sei bei Anwendern sehr populär, heißt es seitens des Herstellers, da heutige Anwendungen bis hin zu 10 Gigabit Ethernet mit RJ45-Patch-Kabeln betrieben werden können und im Gegensatz zu anderen Kategorie-7/7a-Systemen keine teuren Hybrid-Patch-Kabel erforderlich sind. Wenn Installationen in Zukunft auf 40 Gigabit Ethernet aufzurüsten sind, genügt ein einfacher Austausch der Patch-Kabel. Diese Upgrade-Investition werde erst dann durchgeführt, wenn sie auch erforderlich ist.
Dies alles ist für den Nutzer sehr angenehm, aber gerade die Rückwärtskompatibilität brachte bei der Entwicklung des Kategorie-7a-GG45-Systems besondere technische Anforderungen mit sich. Bauartbedingt lassen sich bei GG45 nämlich die Paarkombination 2 und 4, die für die Kompatibilität eine Rolle spielt, nicht vollständig voneinander abschirmen. Und je höher die Bandbreite, desto schwieriger wird es, Abschirmung und RJ45-Kompatibilität gleichermaßen in den Griff zu bekommen.
Um das GG45-System dennoch Klasse-FA-tauglich zu machen, waren daher mehrere konstruktive Veränderungen vorzunehmen. Zuerst wurde die Leiterplatte in der GG45-Buchse weiter optimiert. Sehr wichtig war laut Nexans auch die Entwicklung einer neuen Interface-Kombination: Neben der neu entwickelten GG45-Buchse musste auch ein neuer GG45-Stecker her. Schlussendlich gehört auch ein neues Kategorie-7a-Horizontalkabel zur Gesamtlösung.
Das Ergebnis: In dem für Rechenzentren interessanten Short-Channel (2m - 5m - 15m - 2m) erzielt das System beispielsweise 60dB Reserve NEXT. Zum Vergleich: eine Kategorie-6a-Konfiguration erreicht in diesem Kurzkanal rund 30dB, und zwar bei 500MHz. Insgesamt ist auch die Schirmung verbessert, erkennbar an den Werten für Störleistungsunterdrückung (Coupling Attenuation) und Alien Crosstalk.
Unabhängige Untersuchungen der amerikanischen Penn State University haben basierend auf den elektrischen Parametern des Kategorie-7a-Systems anhand der Shannon-Hartley-Theorie eine maximale Übertragungskapazität von 50 GBit/s über 100m ermittelt und in der IEEE vorgestellt. Vor dieser Untersuchung ging man in der IEEE davon aus, dass man jenseits der 10GbE eine Kupferverkabelung nur auf kurzen Strecken von zehn Metern einsetzen könnte. Die Ergebnisse der Penn State University gaben dann jedoch den Anstoß für eine 40GbE-Verkabelung über 100 Meter. "Die IT-Branche hat einen Umweltsünder ausgemacht: sich selbst", schreibt Hermut Merschmann in einem Artikel in Spiegel Online. In einigen Studien ist zu lesen, dass die anfallende CO2-Menge der weltweiten IT in etwa dem Ausstoß des internationalen Luftverkehrs entspricht. Im oben erwähnten Artikel ist weiter zu lesen, dass allein die Geräte von Cisco für 730.000 Tonnen Kohlendioxid verantwortlich sind. In Anbetracht stetig steigender Stromkosten ist das Einsparpotenzial ein wichtiger Aspekt: Experten schätzen, dass es in größeren Rechenzentren bei zirka 40 Prozent liegt. Nicht nur der Suchmaschinenbetreiber Google würde sich darüber freuen: Seine Stromrechnung beträgt eine Milliarde Dollar im Jahr . Wie kann nun eine Kategorie-7a-Verkabelung zur Senkung der Stromrechnung beitragen? Derzeit sind die Aktivkomponenten zur Übertragung von 10 Gigabit Ethernet auf eine Kategorie-6a-Verkabelung ausgelegt. Aufgrund des früh einsetzenden negativen ACRs bei Kategorie 6a ist ein Großteil der Rechenleistung für die Beseitigung von Echo-, NEXT- und FEXT-Fehlern nötig. Ungefähr 40 Prozent des Stromverbrauchs gehen auf diese Rechnung. Würden man nun Aktivgeräte entwickeln, die sich an den Übertragungswerten von Kategorie 7a orientieren, wäre das Einsparpotenzial erheblich: Die Aktivkomponenten selbst ließen sich günstiger anbieten, die Stromkosten würden sinken und auch die Wärmentwicklung.