Die Algebra der Paralleloptik

Verkabelung in Zeiten des technischen Wandels

7. Dezember 2015, 7:00 Uhr | Dr. Gerald Berg/jos, im Business Development bei Rosenberger OSI tätig, www.rosenberger-osi.de,

Verkabelung ist und bleibt eine Herausforderung - vor allem für diejenigen, die mit der Zeit und dem Wandel der Technik gehen. Das Akronym SR4 steht dabei für parallel-optische Multimode-Anwendungen (Short Range), die mit vier parallelen Übertragungskanälen arbeiten. Der zu-nächst von der Norm vorgesehenen Algebra mit Vielfachen von 10 GBit/s pro Faser erwächst damit eine echte Konkurrenztechnik.Bei den Übertragungsprotokollen diskutieren die Experten im Zusammenhang mit der Verkabelung vorrangig die Längenrestriktionen. Dabei legen parallel-optische Anwendungen zwar die Messlatte im Vergleich zu anderen Rechenzentrumsanwendungen hoch. 40GbE-SR4-Anwendungen erreichen noch 150 Meter bei Verwendung von OM4-Fasern. Die gleiche Infrastruktur leistet bei 100GbE SR4 jedoch nur noch 100 Meter mit OM4- und 70 Meter mit OM3-Fasern. Dies ist allerdings nur einer von vielen Teilaspekten bei der Betrachtung der Gesamtkomplexität. Der Sachverhalt verdeutlicht jedoch bereits, dass die Planung nachhaltig einsetzbarer und nutzbarer IT-Infrastrukturen grundsätzlich einen ganz anderen - viel höheren - Stellenwert erhalten muss. Wie verhält sich ein Anwender oder Betreiber also am besten in einer Zeit des technischen Übergangs? "Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, aber nicht einfacher.", wusste bereits Albert Einstein. Nachdem es mit der Verkabelungsnorm EN 50173-5 und der weiter gefassten Norm für Rechenzentren, der EN 50600, gelungen war, zumindest die vorherrschenden Vollduplex-Verkabelungen zu strukturieren, drängen nun verstärkt parallel-optische Anwendungen in die Rechenzentren. Dies sind Anwendungstechniken, die bis vor Kurzem eher ein Nischendasein führten. In dieser Nische ließen sich parallel-optische Datenübertragungen - etwa die seit den späten 1990er-Jahren eingesetzten Infiniband-Applikationen - völlig separat und als Punkt-zu-Punkt-Verbindungen betreiben. Mit dem Rollout von auf 40GbE SR4 basierenden Switches und Servern oder 4×16 GByte FC-Directoren wird nun auch im Umfeld der Parallel Optics ein Trend weg von Punkt-zu-Punkt-Verbindungen und hin zu mehr Flexibilität in der Verkabelungsinfrastruktur sichtbar, der als Konsequenz in der Anforderung nach einer Strukturierung mündet. Um dieser Forderung als Ganzes Rechnung zu tragen, gibt es neben den physischen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Übertragungsstrecken noch weitere Punkte zu berücksichtigen: Welches der Parallel-Optics-Protokolle soll zum Einsatz kommen? Soll die "neue" Infrastruktur in die bestehende Infrastruktur integriert werden und die parallel optischen Applikationen über die bereits verlegten Fasern laufen? Ist der Aufbau einer eigenen Infrastruktur für parallel-optische Anwendungen geplant? Bei den gegenwärtig verfügbaren Protokollen im Umfeld von parallel-optischen Datenübertragungen unterscheiden die Experten mehrere Varianten. 40GbE- und 100GbE-Applikationen gibt es in verschiedene Spielarten, von denen abhängig unterschiedliche Interfaces für den Geräteanschluss zum Einsatz kommen. Bei 100GbE gehen Insider davon aus, dass sich die SR4-Variante durchsetzen und die SR10-Anwendung ersetzen wird. Damit vereinfacht sich wiederum die Situation für den Anwender erheblich, da SR4-taugliche Infrastrukturen, die den MTP12-Steckverbinder als Interface verwenden, die Protokolle 4 × 16 GByte FC, 40GbE SR4 und 100GbE SR4 abdecken können. Die 40GbE-SR-BD-Variante, die ein LC-Duplex-Interface nutzt, ist in dieser Überlegung separat zu betrachten, dient sie doch ohnehin als Spezialapplikation zur Verkabelung von Nexus-Switches. Der MTP12-Stecker wird daher nach Einschätzung vieler Experten im Parallel-Optics-Umfeld der Stecker der Wahl sein. Als Faser-Array-Stecker wirft er grundsätzlich die Frage nach der Polarität auf. Zusätzlich spielt das "Geschlecht" des Steckverbinders eine weitere entscheidende Rolle. Zu dieser Thematik lohnt sich ein Blick in die Spezifikation ANSI/TIA568-C: Dort finden sich neben der Definition der drei Polaritätstypen - Methode A (1:1), Methode B (1:12) und Methode C (paarweise gekreuzt) - auch Beispiele von Verkabelungen für Duplex- und Parallel-Optics-Anwendungen. Bei nativen parallel-optischen Anwendungen ist eine Zuordnung der Fasern 1:12 seitens der Tx/Rx-Module vorgegeben. Aus diesem Grund ist der Polaritätstyp "Methode B" der klare Favorit auch für die Polarität von Trunk-Kabeln zum Aufbau strukturierter parallel-optischer Infrastrukturen. Zusätzlich ist zu beachten, dass die MTP12-Steckverbinder dieser Trunk-Kabel entgegen der bisherigen Praxis in der "Male"-Variante und als Kupplungen solche des Typs B - Key up/Key up (aligned) - zum Einsatz kommen. Diese Tatsache entlarvt einige gegenwärtig recht plakativ geäußerten Statements als oberflächlich. Nicht mit jeder MTP-Variante sind Verkabelungsinfrastrukturen für die Zukunft ohne Anpassungen gerüstet. Geht es dem Betreiber einer Verkabelungsinfrastruktur darum, bestehende Duplex-Infrastrukturen auch für parallel-optische Anwendungen zu nutzen, bedarf es genaugenommen nur zweier Überprüfungen: Liegen die Entfernungen innerhalb der für das Protokoll vorgegebenen Maximalwerte? Stehen ausreichend Fasern - 4 Tx/4 Rx - zur Verfügung? Sind beide Fragen positiv beantwortet, lässt sich mittels eines sogenannten Migrations-Harnesses - MTP12 Female auf Simplex-Steckverbinder - unter Beachtung des Lichtlaufs die parallel-optische Anwendung betreiben. Dazu müssen bei der Installation profunde Kenntnisse der parallel-optischen Datenübertragung vorliegen, damit der der Techniker den Übergang reibungslos gestalten kann. Ist eine fehlerunempfindliche, anwendungssichere Plug-and-Play-Lösung für SR4-basierende Applikationen gefragt, empfiehlt sich der Aufbau einer separaten strukturierten Verkabelung gemäß des Schemas im Bild rechts aus der Norm EN 50174-1. Dem Schema folgt auch Rosenberger OSIs Produkt Preconnect SR4. Dabei handelt es sich um ein vollständiges System aus Komponenten zur einfachen Realisierung von Plug-and-Play-Verbindungen für SR4-Anwendungen. Der Einsatz von MTP-Male-Trunk-Kabeln ermöglicht Patch-Kabel mit beiderseitigen MTP-Female-Steckverbindern zum Geräteanschluss und verhindert so ein falsches Handling am Geräte-Interface. Neben der einfachen Handhabung soll dieses System zugleich auch durch seine Applikations- und Kos-tenoptimierung durch Vermeidung überflüssiger Schnittstellen punkten. Als in sich konsistentes System konzipiert, ist die richtige Polarität garantiert - eine Diskussion über die oben genannten Themen wie Polarität, Geschlecht, Kupplungstyp erübrigt sich daher. Dies soll auch gelten, wenn nach der Ethernet-Roadmap in den 2020er-Jahren 4×100GbE auf den Markt kommen wird und somit ein weiterer SR4-Applikationstyp erscheint. Sollte ein Betreiber für eine Übergangsphase die strukturierte, parallel-optische Infrastruktur für den Anschluss von Duplex-Kanälen mitverwenden wollen, so verfährt man er im Fall der beschriebenen Nutzung von bestehenden, herkömmlichen Duplex-Infrastrukturen für parallel-optische Anwendungen, indem er mit Harnessen verkabelt. Dabei werden vom MTP-Trunk-Kabel der Infrastruktur die Duplex-SFP angeschlossen, wobei Harnesse mit MTP-Female-Stecker zum Einsatz kommen, an deren anderem Ende Duplex-Stecker für den SFP-Anschluss konfektioniert sind. Auch dieses Szenario zeigt, dass mit dem Aufbau einer strukturierten, parallel-optischen Verkabelung eine leicht zu adaptierende, zukunftsorientierte Infrastruktur entstehen kann.

Bild 1. Von normkonformen Installationen garantierte Mindestreichweiten.

Bild 2. Roadmap künftiger Ethernet-Geschwindigkeiten. Quelle: Ethernet Alliance

Bild 3. Strukturierte Mehrfaser-Verkabelung nach EN 50174-1.
LANline.

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