RZ- und IT-Infrastruktur steht derzeit mehr im Rampenlicht als je zuvor. Dies hat vielfältige Gründen. Kurz vor der hauseigenen Veranstaltung „netforum“ sprach connect professional mit Jan Moll, Chef der dtm Group.
connect professional: Herr Moll, wie stellt Sie die Lage auf dem Datacenter-Markt aus Ihrer Sicht derzeit dar?
Moll: Der Datacenter-Markt in Deutschland und Europa wächst dynamisch. Vor allem KI- und Cloud-Anwendungen treiben die Nachfrage. Allein 2025 wird in Europa ein Rekordzuwachs von rund 937 MW erwartet. Deutschland nimmt dabei mit über 500 Rechenzentren und einem Umsatz von fast 11 Milliarden US-Dollar die führende Rolle in Europa ein. Allerdings fehlen vielerorts geeignete Standorte mit ausreichender Stromversorgung. Die Netzinfrastruktur wird zunehmend zum Engpass: In etablierten Hubs wie Frankfurt können neue Anschlüsse bis zu 13 Jahre dauern. Kommt der Netzausbau nicht voran, droht uns ein langfristiger Strukturwandel, der ganze Märkte verschieben könnte. Parallel steigt zudem der Druck durch Nachhaltigkeitsauflagen wie durch das EnEfG.
connect professional: Welche Rolle will die dtm Group in diesem Umfeld spielen?
Moll: Wir begegnen diesen Entwicklungen mit einem praxisnahen Ansatz. Wir entwickeln und realisieren individuelle Rechenzentrumslösungen, die auf Effizienz, Modularität und langfristige Betriebssicherheit ausgerichtet sind. Durch unsere eigene Fertigung und die enge Verbindung von Entwicklung und Umsetzung können wir flexibel auf spezifische Anforderungen reagieren – auch bei komplexen Projekten. Als mittelständisches Unternehmen arbeiten wir direkt, lösungsorientiert und in engem Austausch mit unseren Kunden.
connect professional: Warum war und ist für Sie das eigene RZ in Schweden so wichtig?
Moll: Unser Rechenzentrum in Schweden ist das Herzstück unserer Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Es ermöglicht uns, kompakte HPC-Systeme zu entwickeln und Technologien wie hybride Wasser-Luft-Systeme, Immersionskühlung und Wärmerückgewinnung praxisnah zu erproben und zur Serienreife zu führen. Auch unsere KI-gestützte Software Vaiking wird dort laufend weiterentwickelt – basierend auf Echtzeitdaten aus dem autonomen RZ-Betrieb. Hier erforschen wir derzeit die Netzdienlichkeit von KI-Rechenzentren. Der Standort – kühles Klima und 100 Prozent grüne Energie – spielt uns dabei natürlich in die Hände.
connect professional: Was planen Sie dort weiter?
Moll: Im nächsten Schritt wollen wir unseren Fokus noch stärker auf Business-Cloud-Lösungen legen, um unseren Kunden eine skalierbare, nachhaltige und leistungsstarke Infrastruktur anbieten zu können.
connect professional: Das netforum hat sich mittlerweile als wichtige Veranstaltung etabliert. Was erwarten Sie in diesem Jahr von Ihrem Forum und was sind die Highlights?
Moll: Das netforum bringt Menschen zusammen, die nicht nur über KI-Transformation reden, sondern sie gestalten: im Rechenzentrum, in der Unternehmensführung, in der Forschung oder der Politik. Genau dieser Austausch ist für uns der eigentliche Mehrwert der Veranstaltung. Die Mischung aus wirtschaftlichen, politischen und technologischen Perspektiven unterstreicht, dass Digitalisierung heute weit über reine IT-Infrastruktur hinausgeht und tief in Geschäftsprozesse und gesellschaftliche Strukturen eingreift. Besonders spannend werden sicher die Diskussionen zur Rolle von KI in der Arbeitswelt sowie Sessions zu Abwärmenutzung, Cybersecurity und intelligenten Stromnetzen. Mit Referenten wie Karl-Theodor zu Guttenberg, Anna Kopp (Microsoft), Christof Wittwer (Fraunhofer ISE) oder Philipp Kalweit (Hacker und IT-Sicherheitsberater) bringen wir unterschiedliche Blickwinkel zusammen – von internationaler Sicherheitspolitik bis zur konkreten technischen Umsetzung.
connect professional: Herr Moll, vielen Dank für das Gespräch.