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„KI funktioniert nicht losgelöst “

Klaus Werner von der Deutschen Telekom im Interview

Klaus Werner sprach im Vorfeld der Kölner Veranstaltung Digital X mit connect professional über das allgegenwärtige Thema KI. Der Geschäftsführer der Geschäftskunden-Sparte attestiert den deutschen Unternehmen große Bereitschaft für diese Technologie – doch von heute auf morgen wird es bei diesem Thema KI nicht gehen. Nicht selten fehlen in Unternehmen die Grundlagen für eine funktionierenden Einsatz dieser Technologie.

Autor: Interview: Sabine Narloch • 9.9.2025 • ca. 5:55 Min

Klaus Werner, Geschäftsführer der Businesskunden-Sparte bei der Deutschen Telekom
© Deutsche Telekom

connect professional: Ob privat oder geschäftlich – Künstliche Intelligenz taucht als Thema und Technologie praktisch in jedem Bereich auf. Wenn wir uns vom Allgemeinen zum Besonderen vorarbeiten: Ist Deutschland im Hinblick auf KI gut aufgestellt?

Klaus Werner: Wenn es darum geht, ob wir genügend schlaue Köpfe in Deutschland haben, die diese Technologie weiterentwickeln können, dann ist die Antwort definitiv ein „Ja“. Es gibt genügend Forschungseinrichtungen und neu entstehende Ökosysteme. Auch viele unserer Kunden spielen uns zurück, dass sie KI im Unternehmenskontext nutzen möchten. Das stimmt mich zuversichtlich, dass wir das Thema KI für Deutschland und für Europa ernsthaft nutzen wollen. Gleichzeitig möchten viele Geschäftskunden ihre sensiblen Daten nicht in Clouds von Hyperscalern wissen – die Themen KI und Cloud hängen eng zusammen.

connect professional: Könnten Sie den Zusammenhang einmal kurz schildern?

Klaus Werner: KI funktioniert nicht losgelöst: Will man eine KI wirkungsvoll einsetzen, braucht man dafür eine Cloud, damit zum Beispiel Large-Language-Models (LLMs) funktionieren können. Für eine passende Cloud-Lösung ist wiederum Konnektivität die Voraussetzung. Das heißt also Glasfaser oder Mobilfunk. Und ganz wichtig: der Security-Mantel darüber. Diese vier Elemente – Konnektivität, Cloud, KI und Security – hängen eng miteinander zusammen.

connect professional: Wie wird die Deutsche Telekom diesem Bedarf gerecht?

Klaus Werner: Als Deutsche Telekom können wir dieses Gesamtgebilde anbieten: Wir bauen das Glasfasernetz aus – aktuell wächst es pro Jahr um 2,5 Millionen Haushalte, darunter natürlich auch Unternehmensstandorte. Wir haben ein Mobilfunknetz, das laut Netztest Ihrer Schwesternzeitschrift connect das Gesamturteil „überragend“ erhalten hat. Und wir haben mit der T Cloud ein Angebot, dessen Betrieb komplett in unserer Hand ist. Alle Rechenzentren für den Betrieb der T Cloud liegen in Europa, wir haben hohe Standards und unterliegen natürlich der EU-Datenschutzverordnung. An der sehr großen Nachfrage zu T Cloud sehen wir, dass wir dem Bedarf entsprechen.

connect professional: Haben Sie noch ein Beispiel, wo bei der Telekom Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt?

Klaus Werner: Ein Feld ist die Planung und der Rollout des Glasfaserausbaus. Aktuell haben wir mehrere Tausend Glasfaser-Baustellen in ganz Deutschland. Praktisch jedes Jahr geht es von einer Stadt zur nächsten. Die Rollout-Planung für ein solches Gebiet war früher ein sechswöchiger Prozess, an dem viele Menschen beteiligt waren. Da geht es beispielsweise um Katasterauszüge und Ähnliches. Am Ende dieses Prozesses wurde ein Gebietsplan für den konkreten Ausbau erstellt.

Darüber hinaus unterstützt uns KI auch dabei, unsere Netze für Mobilfunk, Kupfer- und Glasfaser sowie unser IT-Ökosystem zu schützen. Hier haben wir viel zu unserem eigenen Schutz entwickelt. Und wir bieten Cybersecurity-Services natürlich auch unseren Kunden an.

connect professional: Und wie läuft die Planungsphase des Glasfaserausbaus heutzutage ab?

Klaus Werner: Wir fahren mit einem Fahrzeug, dem T Car, das mit einem Google Car vergleichbar ist, durch die Straßen. Damit scannen wir die Oberflächen des betreffenden Gebiets. Mit Hilfe von KI können wir die Pläne für die Ausbauarbeiten nun innerhalb von zwei Tagen erstellen. Das macht uns deutlich schneller. Allerdings dauert der Prozess danach, unter anderem wegen Genehmigungsverfahren, leider nach wie vor noch recht lang und läuft größtenteils analog ab. Auch da wollen wir Bund und Gemeinden unterstützen, ihre Prozesse zu digitalisieren – und die Digitalisierungsinitiative von Minister Wildberger in diesem Bereich umzusetzen.

connect professional: Wie sieht es mit dem KI-Einsatz im Kundendienst der Deutschen Telekom aus?

Klaus Werner: Im Kundenservice nutzen wir Künstliche Intelligenz schon sehr lange. Dort gibt es viele repetitive Tätigkeiten – und dort bringt KI natürlich viele Vorteile. Wenn ein Kunde bei uns anruft und Probleme mit dem Internet meldet, dann musste früher der Beschäftigte erst einmal einiges abfragen, um den Knackpunkt zu finden. Mit KI geht das schneller und zielgerichteter. Und das 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Darüber hinaus können wir das System so dimensionieren, dass wir nie Warteschlangen haben. Wir sehen zudem, dass etwa 30 Prozent der Kundenanfragen bereits durch KI-basierte Chatbots gelöst werden.

connect professional: Bedeutet das auch, dass Störungen direkt behoben werden können?

Klaus Werner: Mitunter ja. Ist zum Beispiel ein Router des Kunden noch mit einer alten Software bestückt, kann die KI eine neue Software drauf spielen – vorausgesetzt natürlich der Kunde hat dafür sein Einverständnis gegeben.

connect professional: Schauen wir auf KI-Lösungen im Unternehmenseinsatz: Wie werden diese von den Geschäftskunden der Deutschen Telekom angenommen?

Klaus Werner: Insgesamt sehr gut. KI-Lösungen für das Contact Center, wie die gerade geschilderte, sind bei unseren Geschäftskunden aktuell sehr beliebt. Andererseits müssen wir teilweise noch ein entsprechendes Bewusstsein schaffen. Denn man sollte nicht einfach ChatGPT 5 für die Firma kaufen und fertig. Stattdessen muss man erst einmal sein Ökosystem, die Daten und Prozesse vernünftig anpassen. Hier herrscht in den Unternehmen schon mal Ernüchterung. Aber grundsätzlich besteht großes Interesse. Besonders für gezielteres Marketing, für die Optimierung des Kundenservices oder die Verbesserung interner Prozesse, sei es in der Administration, der Rechnungslegung, Produktion oder Logistik. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum wir unsere Veranstaltung Digital X machen: Dort können Unternehmen aus dem Mittelstand erfahren, wie wir sie als Telekom zusammen mit unseren Partnern ins KI-Zeitalter bringen.

connect professional: Die Telekom hat mit der Telekom MMS ein KI-Kompetenzzentrum aufgebaut. Im Jahr 2024 waren dort rund 80 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Wie hat sich das Ganze weiterentwickelt? Konnte das Zentrum die Erwartungen erfüllen?

Klaus Werner: Definitiv. Wir hatten zweistellige Wachstumsraten erwartet und tatsächlich wächst der KI-Bereich im Moment zweistellig – bei uns selbst als Telekom sowie im Geschäft mit unseren Kunden. Konkret hat Telekom MMS ein sogenanntes Business GPT aufgebaut, das für verschiedene Anwendungsfälle angepasst werden kann. Da wird zum Beispiel das Business GPT mit unternehmensspezifischen Daten trainiert und in einem Unternehmen bereitgestellt. Gehostet werden die Daten in europäischen Rechenzentren.

connect professional: Was wäre ein klassischer Einsatz von Business GPT?

Klaus Werner: Ein Beispiel ist die Produktion eines Folienherstellers. Dort mussten bislang drei Menschen die Folie auf Unregelmäßigkeiten oder Bläschen kontrollieren. Weil das menschliche Auge recht schnell ermüdet, wurden die Kontrolleure alle zehn Minuten ausgetauscht. Diese Arbeit macht jetzt unsere Echtzeit-Objekterkennung AI Vision.

connect professional: Handeln Unternehmen in Deutschland im Hinblick auf ihren Einstieg in KI entschieden genug?

Klaus Werner: Das kann man nicht generell beantworten. Es gibt sehr viele Vorzeigeunternehmen, die am Puls der Zeit sind. Sie stellen die richtigen Fragen, zum Beispiel: Wie man sich von einem amerikanischen Hyperscaler löst, ob die vorhandene KI-Lösung leistungsfähig genug ist oder ob die Security-Lösung noch zeitgemäß ist? Es gibt jedoch auch solche Betriebe, in denen der Server noch irgendwo hinten in der Fabrikhalle steht, oder wo es keine vernünftige Security-Lösung gibt. Wenn da etwas passiert, steht der ganze Betrieb still. Das ist leider gar nicht so selten. Was wir jedoch merken, ist: Alle haben verstanden, dass es wirklich um die digitale Transformation der Unternehmenswelt geht. Zumal auch die Bundesregierung mit dem Digitalministerium ein wichtiges Ausrufezeichen gesetzt hat.

connect professional: Das Ausrufezeichen steht, doch einige der Unternehmen müssen noch ihre Hausaufgaben machen – kann man es so zusammenfassen?

Klaus Werner: Genau. Denn vieles wird nicht über Nacht passieren. Aber es sind jetzt die richtigen Impulse gesetzt. Nun müssen die Unternehmen schauen, wie sie bei den Grundlagen Konnektivität, Cloud, Security ausgestattet sind. Danach kann man über den Einsatz von KI sprechen. Allerdings tut sich im Mittelstand noch etwas anderes…

connect professional: … und das da wäre?

Klaus Werner: In vielen Firmen steht der Generationswechsel, also die Staffelstab-Übergabe an die nächste Generation noch aus. Wo das noch nicht passiert ist, wird gerne an Konzepten von gestern und vorgestern festgehalten. Übernehmen dann die Jüngeren das Ruder, geht es mitunter auch mal ganz fix, dass eine belastbare Security-Lösung eingeführt wird oder Ähnliches. Damit kommt ein großer Schub in die Unternehmen hinein. Und was man auch nicht vergessen darf: Manche Branchen haben gerade ganz andere Probleme. Die Auftragslage ist mitunter sehr dünn und deswegen wird das Geld zusammengehalten. Schon definierte Projekte können da erst einmal auf der langen Bank landen. Da hoffe ich sehr, dass die Milliardenpakete der Bundesregierung den Unternehmen wieder Luft unter die Flügel geben.

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