Der Aufbau eines Serverraums mit der zugehörigen Infrastruktur ist bei einem Gebäudeneubau relativ einfach. Bereits bei der Planung des Gebäudes können die Fachleute alle Anforderungen der IT bezüglich Raumvolumen, Stellfläche, Klimatisierung und Ähnliches von Anfang an berücksichtigen. Muss der IT-Leiter den Serverraum jedoch in einem kleinen ehemaligen Kohlenkeller unterbringen, steht er vor vielfältigen Herausforderungen.
An der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, mit annähernd 40.000 Studierenden in 15 Fachbereichen und rund 120 unterschiedlichen Studiengängen eine der größten Hochschulen Deutschlands, standen die IT-Verantwortlichen genau vor dieser Aufgabe. Die Universität ist mit ihren Fachbereichen über mehrere Standorte in der Stadt verteilt. Die einzelnen Fachbereiche sind über ein zentrales Rechenzentrum vernetzt. Dabei verfügen das ZIV (Zentrum für Informationsverarbeitung) und die einzelnen IV-Versorgungseinheiten über genau definierte Zuständigkeiten. Die Leiter der IV-Versorgungseinheiten treffen sich regelmäßig, tauschen sich aus und initiieren gemeinsame Projekte.
Ein in jüngster Zeit zu realisierendes Projekt war die Zusammenfassung von Servern und Serveranwendungen, die die verschiedenen Fachbereiche bisher an unterschiedlichen Standorten betrieben. Ziel war eine bessere Ausnutzung der verfügbaren Kapazitäten. Ein Beispiel hierfür sind Learning-Managementsysteme: Viele Hochschullehrer möchten mit ihren Studenten solche Systeme nutzen. Ohne Kooperation untereinander hätte die Hochschule sehr schnell unterschiedliche Systeme, die verteilt auf unterschiedlichen Servern laufen, was nicht kosteneffektiv wäre. Die künftig gemeinsam zu nutzenden Server sollten in einem neu einzurichtenden Serverraum betrieben werden, der auch den höheren Anforderungen bezüglich Ausfallsicherheit gerecht wird. Das bedeutete, der dafür vorgesehene Raum musste vor allem auch hinsichtlich der Klimatisierung optimal ausgerüstet sein. Einen Serverraum gab es schon, der war allerdings von der Stellfläche her und vor allem auch in Bezug auf die Klimatisierung bereits ausgereizt.
Ein leer stehender Raum als neuer Standort für die gemeinsamen Serverapplikationen war relativ schnell gefunden: der ehemalige Kohlenkeller unter dem Parkplatz eines Standorts mitten in der Stadt. Die Rahmenbedingungen waren günstig: keine direkte Sonneneinstrahlung, da fensterlos und von Erdreich umgeben. Aber es gab auch einige Herausforderungen zu meistern: begrenzte Stellfläche durch zusätzliche Stützpfeiler im Raum, niedrige Deckenhöhe sowie ein fehlender Doppelboden für eine klassische Luftkühlung. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen mussten die einzusetzenden Serverschränke nicht nur von den Abmessungen her optimal passen. Darüber hinaus war klar, dass Luft/Wasser-Wärmetauscher die Serverschränke kühlen mussten. Dafür sind eine Vielzahl von Lösungen verfügbar: Luft/Wasser-Wärmetauscher für die Boden- oder Seitenwandmontage, mit horizontaler oder vertikaler Luftführung sowie mit unterschiedlichen Verschraubungen. Und jede dieser Lösungen erfordert je nach vorhandener Verlustleistung auch eine bestimmte Schrankgröße. Doch die Aufstellfläche, der sogenannte Footprint, ist im ehemaligen Kohlenkeller sehr eng bemessen.
Letztendlich haben sich die IT-Verantwortlichen für das Schranksystem Varistar von Schroff mit dem im Schrank integrierten Luft/Wasser-Wärmetauscher LHX20 entschieden. Für den Einbau der Server und weiterer Komponenten im Schrank waren keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Das System enthält für die verschiedensten Einsatzzwecke mechanische Ausbauteile und Zubehör. Darüber hinaus gewährleistet ein Schrank eine maximale statische Traglast von bis zu 1000 Kilogramm und ist bis zu 1200 mm tief. Damit eignet sich das System für alle gängigen Servertypen und bietet noch genügend Raum für Verkabelung und Stromversorgung.
Mit insgesamt 30 Schränken, die alle jeweils 800 mm breit, 1200 mm tief und zwei Meter hoch sind, kann die IT-Abteilung den Raum optimal nutzen. Die ersten 16 Schränke wurden im Frühjahr 2008 geliefert und sind bereits in Betrieb. Die noch ausstehenden 14 Schränke will die Hochschule für August 2008 bestellen.
Das gewählte Schranksystem verfügt über ein raumunabhängiges Entwärmungssystem, das in der Lage ist, installierte Verlustleistungen bis 20 kW abzuführen. Der Luft/Wasser-Wärmetauscher wird als komplettes Modul seitlich in den Schrank eingeschoben, sodass die 19-Zoll-Ebene in voller Höhe (42 HE) nutzbar bleibt.
Der Wärmetauscher befindet sich im geschlossenen horizontalen Luftkreislauf des Schranks mit einer Luftfördermenge bis 3000 m3/h. Luftführungselemente und sechs über die Höhe verteilt angebrachte Ventilatoren sorgen für die gleichmäßige Entwärmung aller im Schrank eingebauten Komponenten. Das System arbeitet in diesem Fall mit einem relativ kalten (7 °C) Kühlwasser, weil dieses im Gebäude zur Verfügung stand. Es wird aus einem externen Wasserkreislauf durch den Wärmetauscher gepumpt, erwärmt sich dabei und fließt zurück zur Rückkühlanlage. Diese kühlt das Wasser wieder auf die gewünschte Vorlauftemperatur herunter.
Die mikroprozessorgesteuerte Temperaturregelung im Schrank erfolgt über die beiden Regelkreise für Wasser und Luft. Ein Dreiwegeventil (PID-Regelung) und ein Bypass sorgen dafür, dass der Wasserzu- und -ablauf optimal gemischt wird. Die Schranktemperatur wird vorrangig über die Regelung des Wasserkreislaufs (1,55 bis 2,8 m3) konstant gehalten. Um im Kühlbetrieb möglichst energiesparend zu arbeiten, laufen die Ventilatoren mit der standardmäßig auf 80 Prozent eingestellten Mindestdrehzahl. Erst wenn das Dreiwegeventil voll geöffnet ist und die Schrankinnentemperatur immer noch zu hoch ist, regelt die Steuerung die Drehzahl der Ventilatoren auf den Maximalwert hoch. Sinkt die Schrankinnentemperatur wieder, reduziert die Steuerung zuerst die Lüfterdrehzahl und reguliert anschließend den Wasserkreislauf. Verschiedene Schnittstellen für Alarmausgänge und Warnmeldungen, für externe Schranküberwachungsgeräte sowie zur Systemüberwachung sorgen für einen störungsfreien Betrieb.
Die Kaltwasserzuführung im ehemaligen Kohlenkeller wurde über einen sehr niedrigen, etwa 30 Millimeter hohen Doppelboden realisiert, der neben der Wasserzuführung nur noch Platz für Kabel hat, nicht aber für eine klassische Luftkühlung. Die verbleibende Raumhöhe reichte gerade noch aus, um die zwei Meter hohen Schränke aufzustellen. Ein zusätzlicher Kippschutz war nicht mehr notwendig.
Zusätzlich zu den Klimamodulen in den Schränken entschieden sich die IT-Verantwortlichen aus Sicherheitsgründen noch für zwei separate Klimaschränke zwischen den Schrankreihen, die bei Bedarf kalte Luft über den niedrigen Doppelboden zu Bodenschlitzen vor den Serverschränken leiten. Dadurch ist auch während der Wartung einzelner oder mehrerer Klimamodule oder bei Arbeiten an geöffneten Schränken die Kaltluftzufuhr zu den Servern sichergestellt.
Da immer weider Menschen in dem Serverraum arbeiten müssen, war den IT-Verantwortlichen wichtig, dass der Geräuschpegel der Schränke im erträglichen Rahmen bleibt. Deshalb wählten sie eine Lösung, bei der der Luft/Wasser-Wärmetauscher im Schrank integriert ist und nicht von außen aufgeschraubt wird. So erreicht ein Schrank mit Klimamodul bei 80 Prozent der maximalen Lüfterdrehzahl einen Geräuschpegel von 50,7 dB (A). Der gesetzlich vorgeschriebene Grenzwert für das Büroumfeld (DIN EN ISO 11650-1) liegt bei 55 dB (A).
Bei der Auslegung des neuen Serverraums spielten die eingesetzte Energie und die abzuführende Wärme die wichtigsten Rollen. Die IT-Fachleute haben hierfür auch den Rat der Energieagentur des Landes Nordrhein-Westfalen eingeholt. Außerdem haben alle beteiligten IT-Mitarbeiter die voraussichtlich installierte elektrische Leistung der einzubauenden Rechnerkomponenten zusammengestellt, um auf dieser Basis die zu erwartende Verlustleistung bestimmen zu können. Die Schränke sind gemischt bestückt, sodass jeder von ihnen eine möglichst gleich verteilte Verlustleistung zwischen 4 bis 5 kW einhält. Aus diesem Grund musste dann nicht jeder Schrank mit einem Klimamodul ausgerüstet werden. In der Regel sind sie nur in jedem zweiten der ohne Zwischenwände angereihten Schränke integriert. Bei dieser Auslegung haben die Planer bereits eine gewisse Reserve mit einkalkuliert. Tritt bei einem Schrank eine Verlustleistung von über 5 kW auf, erhält er ein zusätzliches Klimamodul. Die Schränke können zum Beispiel bei Servererweiterungen auch mit einem Klimamodul nachgerüstet werden, um die Entwärmungsleistung zu erhöhen. Sollte eines der Module ausfallen, übernehmen die anderen in der Schrankreihe die gesamte Entwärmung bis zur Behebung des Problems.
Die Möglichkeit der bedarfsgerechten Anpassung der Entwärmungsleistung fand bei den IT-Verantwortlichen der Hochschule besonders viel Anklang. Weitere Entscheidungskriterien für die Schroff-Lösung waren der niedrige Energieverbrauch der Klimamodule (im Schnitt 600 W) und der günstige Preis für die Schrankkomplettlösung. Die Einkaufsabteilung der Universität Münster führte eine Kosten-Leistungsrechnung über zehn Jahre durch und kam bei diesem Angebot im Vergleich zu Wettbewerbsangeboten auf die besseren Werte. Außerdem konnten mit dem Varistar-Konzept im Vergleich zu Wettbewerbsprodukten mehr Schränke und damit mehr Höheneinheiten bei gleicher Fläche im ehemaligen Kohlenkeller untergebracht werden.