Service- und Netzbetrieb

Ein Stück vom Industrie-4.0-Kuchen

3. Dezember 2019, 13:57 Uhr | Autor: Volker Held / Redaktion: Diana Künstler
Industrie 4.0 Kuchen
© Marcin Jucha/123rf

Warum es für den Erfolg im 5G-Zeitalter entscheidend auf den Netzbetrieb ankommt und was Telekommunikationsanbieter jetzt verändern sollten.

Der Telekommunikationsbranche bietet sich eine einmalige Gelegenheit: Mit 5G kann sie neue digitale Produkte und Dienste für verschiedenste Industriesektoren entwickeln. Sie kann damit von der hohen Nachfrage profitieren und dabei helfen, die Vision von der Industrie 4.0 in die Tat umzusetzen. Das weltweite Volumen des 5G-Marktes allein für den industriellen Bereich wird aktuell mit zwei Billionen US-Dollar bis 2028  geschätzt und ist somit größer als der heutige Telekommunikationsmarkt insgesamt. Das Problem ist: Die Netzbetreiber sind noch nicht ausreichend auf die neue Zeit vorbereitet. Sie stehen am Beginn einer Ära, in der digitale Kommunikationsdienstleistungen für Unternehmen dynamisch, einfach umsetzbar, vernetzt, automatisiert und maßgeschneidert sein müssen, und zwar egal ob für Kunden im Automobilbereich, in der Logistik oder etwa im Gesundheitssektor. Dafür werden sich die Netze von einer auf den Privatnutzer ausgerichteten Plattform zu einem zentralen und dynamischen Knotenpunkt für alle Formen von Konnektivität und alle möglichen Unternehmensanwendungen entwickeln. Ein 5G-Netz muss künftig in der Lage sein, strengste und gleichzeitig verschiedenste Anforderungen zu erfüllen – und das für unterschiedliche Kundensegmente. Denn digitale Services stellen dann nicht nur Konnektivität sicher, sondern beinhalten auch Anwendungen, Möglichkeiten für Data Analytics oder Cloud Hosting sowie die Fähigkeit, weitere Services zu integrieren.

Um das Geschäftspotenzial von 5G voll nutzen zu können, haben Telekommunikationsanbieter noch viel zu tun. Nach der Implementierung der 5G-Netzinfrastruktur wird die größte Herausforderung im Bereich Operations liegen, also beim Design, der Bereitstellung, der Qualitätssicherung und der kontinuierlichen Anpassung der einzelnen, auf den jeweiligen Kunden zugeschnittenen Dienste und des Gesamtnetzes. Nur mit einem für alle Services gleichen, hochautomatisierten Service- und Netzbetrieb werden sie in der Lage sein, eine größere Zahl an Services für Unternehmenskunden dynamisch zu entwickeln und verlässlich bereitzustellen. Aktuell sind nur sehr wenige Dienste wirklich dynamisch, meist handelt es sich um relativ wenige Breitband- und Sprachservices, die sich größtenteils an den Massenmarkt richten. Aber das ist bald vorbei: Telekommunikationsanbieter werden unzählige neue Serviceangebote bereitstellen, die auf die individuellen Bedürfnisse von Unternehmenskunden unterschiedlicher Branchen zugeschnitten sein werden. Sehr viele alte und neue Technologien und Komponenten müssen dabei reibungslos zusammenarbeiten, darunter Technologien für die Netzinfrastruktur, Rechenzentren, Edge Computing und Endgeräte.

Das „TMForum“, die Arbeitsgemeinschaft von über 850 Unternehmen der IT- und Telekommunikationsbranche aus über 70 Ländern, sagt voraus, dass im 5G-Zeitalter das Umsatzwachstum von Telekommunikationsunternehmen zu 72 Prozent von der Transformation des Service- und Netzbetriebs abhängig ist, also zum Beispiel vom Automatisierungsgrad und der Flexibilität der Betriebsprozesse. Dass die Branche gerade bei diesem Thema noch ziemlich am Anfang steht, bestätigt auch der „Nokia 5G Maturity Index 2019“, für den 50 Netzbetreiber weltweit befragt wurden. Danach erreichen 84 Prozent nur die niedrigste Kategorie, wenn es um die „5G-Reife“ geht. Nur sechs Prozent der Netzanbieter haben schon Ökosysteme für neue Services geschaffen. Gut jedes fünfte Unternehmen hat immerhin Partnerschaften aufgebaut, die sich auf eine bestimmte Branche beschränken. Nur jeder siebte Telekommunikationsanbieter verfügt schon über eine Plattform, um neue Services schnell einführen zu können. Bei knapp der Hälfte durchlaufen die Prozesse und Systeme für den Netzbetrieb (Operations beziehungsweise Support Systems – OSS/BSS) gerade einen Transformationsprozess.

Vier Entwicklungsstufen
Was den Reifegrad des Service- und Netzbetriebs, also die Fähigkeit, den künftigen Anforderungen des 5G-Zeitalters gerecht zu werden, und damit das erreichbare Umsatzpotenzial angeht, lassen sich vier Entwicklungsstufen differenzieren. Sie stehen für die Wandlung eines traditionellen Telekommunikationsunternehmens zum Anbieter verschiedenster digitaler Dienstleistungen, vom Communication Service Provider zum Digital Service Provider.  

  • Auf Stufe eins ist der weitgehend manuelle Service- und Netzbetrieb vorherrschend. Er beschränkt das Portfolio auf 5G-Services wie Enhanced Mobile Broadband (eMBB), also vor allem auf mehr Kapazität und Datendurchsatz für Verbraucher. Weitere Services für Unternehmenskunden, etwa im Rahmen von Service Level Agreements (SLA), sind bei manuellem Netz- und Servicebetrieb nur in sehr begrenztem Umfang möglich.
  • Auf der zweiten Stufe, dem autonomen Netzbetrieb, gibt es schon automatisierte Prozessketten, wodurch vielfältigere Angebote und Anwendungsfälle möglich werden.
  • Die dritte Stufe zeichnet sich durch sogenannte Cognitive Operations aus, also durch den Einsatz KI-gestützter Technologien im Netzbetrieb. Sie bringen die „Industrialisierung“ von Prozessen voran und stehen für den Übergang von starren Regeln zu flexiblen, selbstlernenden Prozessen. Dadurch werden weitere Anwendungen möglich, mit deutlich mehr Network Slices sowie weiteren Diensten und SLAs in einem Netz. Das ist wichtig etwa für anspruchsvolle Anwendungen wie die Fabrikautomatisierung und Fahrzeugsteuerung mittels 5G.
  • Die vierte und am weitesten fortgeschrittene Stufe ist die Fähigkeit, die verschiedenen Bestandteile eines digitalen Dienstes von verschiedenen Partnern weitgehend automatisiert über eine einheitliche Plattform zu paketieren und den Kunden on-demand bereitzustellen. Eine solche Ökosystem-Plattform ist in der Lage, neue Services für verschiedenste Branchen schnell und flexibel zu integrieren. Ein Beispiel: Für einen Service zur Steuerung von Drohnen kann es notwendig sein, Komponenten von verschiedenen Partnern schnell zu integrieren (zum Beispiel Anwendungen zur Bilderkennung und Analyse oder das Kontrollcenter zur Steuerung einer Drohne), dem Endkunden in Form von Network Slices bereitzustellen und die Servicequalität entsprechend der SLAs zu garantieren.  

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