Abgehenkt: Hinrichtung als erfolgreiches Entertainment gefeiert
Die mediale Verblödung unserer Gesellschaft schreitet unaufhörlich voran. Gäbe es ein Handbuch der nutzlosesten Internetseiten, das Portal Moblr.com würde vorbildhaft an erster Stelle stehen.
Der dort zu sehende Handy-Clip »Bus Girl« ist ungefähr so interessant wie der bekannte Reissack, der in China gerade umgefallen ist. Trotzdem gehört diese digitalisierte Langeweile – wieder – zu einem der meist abgerufenen Videos. Nach einer äußerst aufregenden und irritierenden Woche können die Nutzer auf diesem Portal die Inhalte wieder unter gewohntem Motto genießen: Erst passierte nichts, dann trat vollkommene Ruhe ein.
Binnen weniger Stunden haben 25.000 Nutzer auf Moblr der Exekution von Saddam Hussein beigewohnt und beförderten das Ereignis Anfang Januar zum meistgesehenen Spot auf dieser Seite. »Interesse der Zuschauer riesig«, so Firmengründer Jérôme Léger in einer eigens schnell verbreiteten Pressemitteilung. Als modernes Entertainment-Medium unterliege man der Pressefreiheit, »wer den Spot sehen will, muss im Unterschied zum Fernsehen selber aktiv werden, den Clip per Handy anklicken«, so der ehemalige Manager von Pixelpark zur Fürsorgepflicht von Moblr gegenüber den Zuschauern, um wenig später zu verkünden, man habe das Video nun vom Netz genommen, weil »in Europa lange genug für die Abschaffung der Todesstrafe gekämpft wurde«.
Oh Herr, lass Hirn vom Himmel fallen, möchte man Monsieur Léger wünschen. Der Mann entpuppt sich als Lichtgestalt europäischer Aufklärung. Wer nach ethisch-moralischer Verantwortung bei Unternehmern sucht: Voilà, contactez-moi, wird der Manager als nächstes verkünden. Denn Monsieur Léger vom deutsch-französischen Portal Moblr (gesprochen moblör) möschte ’elfen, dass unsre Monde ein w’nig nich so schrecklisch is. Unsere Kopfnuss gibt hierzu einen kostenlosen Rat: Ein Bitte, Monsieur Léger, verschone’ sie le monde von ’och peinlisch moblör und lasse’ Sie uns in ewig Dunkel’eit nix wisse von i’re Art Moral!