Aller Anfang ist schwer
Mit Voice-over-IP können Unternehmen die Telefonie ganz anders nutzen, um Geschäftsabläufe zu beschleunigen. Doch durch das Zusammenwachsen der verschiedenen Technologien nimmt auch die Komplexität zu. Für Firmen geht es darum, ihre Erfahrungen zu sammeln und schrittweise den Umstieg zu wagen.


Einen orientalischen Markt zu besuchen, kann ein Erlebnis sein. Jeder Händler hat das beste Produkt, und jeder weiß ganz genau, was für seinen Kunden das Beste ist. Da braucht es starke Nerven, klaren Kopf und viel Verhandlungsgeschick. Letzteres ist in Europa vielleicht nicht so üblich. Nun gleicht die Cebit auch keinem orientalischen Basar, trotzdem ist es nicht einfach, denn Voice-over-IP und Konvergenz haben sich alle auf die Fahnen geschrieben. Da etwas Passendes zu finden, wird vielleicht nicht einfach.
Dies legt auch eine Umfrage des Deutschen Verbands für Telekommunikation und Post (DVPT) aus dem vergangenen Jahr nahe. Nur 36 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass für sie die richtigen Produkte und Lösungen existierten. Außerdem hat sich für 45 Prozent der Befragten die Service-Qualität verschlechtert. Gründe dafür sind laut der Studie zahlreiche Umstrukturierungen und Neuorganisationen durch Fusionen und Internationalisierung. Außerdem berücksichtigten weltweite Strategien die regionalen Bedürfnisse nicht.
Service-Qualität ist aber neben der richtigen Lösung von großer Bedeutung. Schließlich ist der Wechsel der Telefonanlage nicht mit dem Kauf eines Autos vergleichbar, bei dem der Nutzer nur den Wagen wechselt. Probleme für die Unternehmen sind etwa fehlende Kenntnisse der IP-Telefonie. Aber auch Spannungen zwischen den IT- und den TK-Leuten können eine große Bremse sein. Ein Hersteller oder Systemintegrator kann als Außenstehender helfen, beide Parteien an einen Tisch zu bekommen. Vorher hat eine weitere Planung wahrscheinlich wenig Aussicht auf Erfolg. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sind es laut der DVPT-Umfrage heterogene Kommunikations- und gewachsene Gebäudestrukturen, die einen Umstieg erschweren. Anderes Hemmniss für eine stärkere Integration ist bei 24 Prozent ein nicht ausreichendes Netz. Steigende Sicherheitsanforderungen nennen 20 Prozent als Problem. Erst an dritter Stelle kommt mit 16 Prozent der Preis.
Aber auch die Anbieter im Bereich IP-Telefonie haben größere Herausforderungen vor sich. Schließlich verschmelzen bei der Konvergenz Technologien aus verschiedenen Bereichen wie Netzwerke oder IP-Anlagen. Aber auch die Entwicklung von Hard- und Software-Lösungen sind nicht das gleiche, wie auch die Hersteller lernen müssen. Deshalb gibt es in diesem Bereich auch vermehrt Allianzen. Es ist sicher eine interessante Frage, wo der Anbieter sein Know-how hat und was er etwa durch Partnerschaften ergänzt. Auch die Ausbildung des Verkaufs- und Service-Personals in den verschiedenen Bereichen spielt hier eine Rolle.
Ein treibender Faktor für die Verbreitung von VoIP wird voraussichtlich die zunehmende Mobilisierung der Mitarbeiter sein. Diese reicht vom einfachen Wechsel zwischen dem Arbeitsplatz im Büro und dem Home-Office bis zu Mitarbeitern, die das Leben von modernen Nomaden führen. Sie lassen sich mit einer IP-Anlage viel einfacher als früher in die Kommunikationsinfrastruktur des Unternehmens einbinden. Damit sind zwei Stichwörter verbunden: Unified-Communications (UC) und Fixed-Mobile-Convergence (FMC). UC meint zunächst nichts anderes als eine einheitliche Bereitstellung von verschiedenen Mitteln wie Telefonie, Instant-Messaging, E-Mail oder Telefon- und Video-Konferenzen. Dies ist aber kein Selbstzweck, sondern dient dazu, Entscheidungen zu beschleunigen oder überhaupt zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang geht es dann auch um die Integration der IP-Telefonie in andere Lösungen wie CRM- (Customer-Relationship-Management) oder ERP-Systeme (Enterprise-Relationship-Management). Ein wenig weiter gefasst, dreht es sich um die Einbindung von IP-Telefonie beziehungsweise UC in die Geschäftsprozesse eines Unternehmens. Dabei ist schrittweises Vorgehen ratsam.
Dank FMC lassen sich Handys nahtlos in die IP-Telefonie-Anlage integrieren. Damit kann ein Mitarbeiter ein Mobilfunkgespräch nahtlos auf seinen Tischapparat übernehmen. Auch ein One-Number-Konzept ist möglich. Mit Dual-Mode-Telefonen, die WLAN-Apparate und Handy vereinen, lässt sich zudem auch ein Unternehmensfunknetz einbeziehen. Das kann deutlich Kosten sparen. Spezielle Software für Smartphones und Ähnliches macht die Geräte zu vollwertigen Nebenstellen.