Die chinesische Internetzensur-Behörde preist sich trällernd selbst. Auch Deutschland könnte eine gesangliche Image-Auffrischung gut gebrauchen.
Die chinesische Internet-Zensur-Behörde überraschte die Weltöffentlichkeit zum chinesischen Neujahresfest mit einer eigenen Hymne: Im Video pries dort ein stattlicher Chor der Zensurbeamten - der freilich in Zahl nur einen Bruchteil der Überwachungsarmee der Behörde darstellen dürfte – singend die Erfolge des Amtes bei der Beobachtung der inländischen Web-Aktivitäten. Man sei »Auf treuer Wacht unter Himmel, Sonne und Mond«, versicherten die Beamten trällernd und verkündeten dann schmetternd: »Internet-Supermacht! Im Netz gibt es herrliche Träume!«
Der Auftritt ist nicht nur inhaltlich als moralisch fragwürdig, ja bösartig, zu werten. Nein, auch in ästhetischer Hinsicht schmerzt das lautstarke Selbstlob der Staats-Claqueure: Die Inszenierung erinnert an eine Fernsehpreis-Gala-Aufzeichnung aus Turkmenistan, die Eigenkomposition im Marschrhythmus an die Nationalhymnen vieler Bananenrepubliken, die mangels Geld einfach »Oh Tannenbaum!« neu betexten.
Ach, wie viel geschickter würden da die Amerikaner ihre nachrichtendienstlichen Aktivitäten bewerben! Quasi mit einem sympathischen Augenzwinkern würden uns die Yankees versichern, dass sie uns wohlgesonnen und unsere Daten in ihren Händen gut aufgehoben sind. Viel Star-Power, ein knackiger Country-Beat und Schmackes in der Darbietung würden inhaltliche Nachfragen schnell zerstreuen.
Auch Deutschland könnte solch eine gesangliche Image-Auffrischung gut gebrauchen. Beispielsweise könnte man ja auch IT-Technologie aus Deutschland durch Sangesgut international anpreisen. Oder lieber doch nicht. Vor unseren Augen singen Internet-Minister Alexander Dobrindt, Wortmann-Gründer Siegbert und Bitkom-Vorstand Dieter Kempf im schrecklichen ZDF-Fernsehgarten bereits ihre eigene Version von »Hoch auf dem gelben Wagen«. Der Refrain: »Internet-Supermacht! Auf treuer Wacht zwischen Alpen und Nordsee!«