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»Bei den Kleinen sehen wir das größte Potenzial«

»Bei den Kleinen sehen wir das größte Potenzial«. SAP will seine Lösungen künftig stärker vorkonfigurieren, um seinen Marktanteil im kleinen Mittelstand zu erhöhen. Der neue Leiter des Mittelstands-Geschäfts bei SAP, Andreas Naunin, sprach mit CRN-Redakteurin Karena Friedrich über seine Strategie für den Wachstumsmarkt. Außerdem erläutert er, welche Rolle die Partner in Zukunft spielen sollen. Und er äußert sich über die Zukunft von »Business One«.

Autor:Markus Reuter • 22.2.2006 • ca. 4:15 Min

»Bei den Kleinen sehen wir das größte Potenzial«

CRN: Sie haben angekündigt, den Anteil des Mittelstandsgeschäfts am Gesamtumsatz in vier Jahren um 50 Prozent zu steigern. Wie wollen Sie das schaffen?

Naunin: Wir müssen unsere gesamte Organisation auf den Mittelstand fokussieren. Sowohl in der Ausrichtung der Vertriebsprozesse als auch in der Art und Weise, wie wir Lösungen bei Kunden platzieren und einführen. Das bedeutet, dass wir unser Lösungsportfolio und das unserer Partner klar auf mittelständische Anforderungen ausrichten. Konkret heißt das, wir müssen die Gesamtkosten und die Komplexität unserer Lösungen reduzieren.

CRN: Aber selbst kleine Mittelständler, die stark spezialisiert und international tätig sind, brauchen doch komplexe Lösungen?

Naunin: Unser Anspruch lautet: Wir bieten komplexe Lösungen, die global einsetzbar sind. Die Geschäftsprozesse im Mittelstand sind ja oft genau so komplex wie die in Großunternehmen, nur dass dort weniger Budget für die entsprechenden IT-Investitionen zur Verfügung steht. Wir reduzieren deshalb den Aufwand für die Einführung und den Betrieb unserer Lösungen. Das tun wir, indem wir unsere Lösungen stärker als bisher vorkonfigurieren. Dabei haben wir immer die konkreten Prozesse der mittelständischen Branchen im Blick.

CRN: Wenn Sie Ihre Lösungen stärker vorkonfigurieren, was bleibt dann für die Partner an Leistungen übrig?

Naunin: Was an branchenspezifischen Ausprägungen unserer Lösungen für kleine Branchensegmente hinzukommt, wird nach wie vor von den Partnern geliefert. Mit den stärker vorkonfigurierten Lösungen machen wir es den Kunden einfacher und letztlich auch den Partnern. Wenn wir so die Einführungskosten um die Hälfte senken, werden wir deutlich konkurrenzfähiger.

CRN: Aber bei den Partnern fallen dadurch Service-Umsätze weg?

Naunin: Was die Qualität und den Funktionsumfang unserer Produkte angeht, könnten wir im Mittelstand einen viel größeren Markt ansprechen als bisher. Wir tun uns aber schwer damit, die Gesamtkosten der Lösungen und Implementierungen wettbewerbsfähig zu halten. Wenn sie aber die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, stellt sich gar nicht mehr das Problem, dass sie Partnern Umsätze wegnehmen. Die gewinnen dann nämlich Projekte, die sie vorher gar nicht gewonnen hätten.

CRN: Sprechen Sie da vom gesamten Mittelstandssegment?

Naunin: Wir wollen vor allem das Segment der Unternehmen ansprechen, die weniger als 130 Millionen Euro Jahresumsatz erzielen. Denn dort spielt die Wettbewerbsfähigkeit des Produktes eine größere Rolle, weil die finanziellen Mittel des Unternehmens, ein solches Projekt zu finanzieren, meistens kleiner sind.

CRN: Wie viele Kunden sehen Sie in diesem Markt?

Naunin: Wir reden im gesamten Mittelstandssegment zwischen 20 und 500 Millionen Euro Umsatz über rund 20.000 Unternehmen in Deutschland. Wenn man bedenkt, dass unser Marktanteil im Bereich unter 130 Millionen Euro um ein Wesentliches kleiner ist als darüber, dann können Sie ahnen, welches Potenzial wir im unteren Segment erschließen können.

CRN: Sie haben ja erst kürzlich die Umsatzgrenzen für Partner, bis zu denen sie Projekte abwickeln können, von 130 auf 500 Millionen Euro angehoben. Trotzdem sehen Sie das größte Potenzial im unteren Segment?

Naunin: Im unteren Mittelstandssegment wollen wir deutlich zweistellig wachsen, sowohl was den Umsatz als auch die Anzahl der Kunden angeht. Wir sehen auch im Markt zwischen 130 und 500 Millionen Euro hohe Zuwachsraten, allerdings haben wir dieses Feld bisher schon intensiv bearbeitet. Man darf aber eigentlich nicht den einzelnen Kunden isoliert, sondern muss unsere gesamte Strategie betrachten. Wir wollen Partner und unsere eigene Organisation befähigen, vermehrt in Branchenorientierung zu investieren. Indem wir jetzt durch die Anhebung der Projektgrenzen den Markt für die Partner vergrößern, vergrößern wir auch die Basis möglicher Kunden. Aber tatsächlich sehen wir bei den »Kleinen« das größte Potenzial.

CRN: Zur Unterstützung der Partner und Ihres Direktvertriebs haben Sie einen neuen Vertriebskanal »Telesales« eingeführt. Wie wird die LeadVerteilung funktionieren?

Naunin: Wir haben für Telesales ein mehrstufiges Konzept erarbeitet. Zunächst müssen wir unsere Kundenbasis genau analysieren, um sie dann zielgruppengerecht ansprechen zu können. In einem zweiten Schritt wird unsere Telesales-Organisation gezielte Marketing-Kampagnen in den einzelnen Segmenten starten. Im dritten Schritt werden wir dann die Leads, die sich daraus ergeben, zur Verfügung stellen. Ob die an unseren Direktvertrieb gehen oder an Partner, hängt von der Erfolgsaussicht ab.

CRN: Ein Partner muss sich also beispielsweise durch Referenzprojekte für diese Leads qualifizieren?

Naunin: Das ist richtig. Das Partnerunternehmen, das Projekte in großer Anzahl erfolgreich bearbeiten kann, bekommt von Telesales natürlich auch entsprechend viele Leads zugeführt. Ich möchte aber auf keinen Fall, dass der Eindruck entsteht, »die SAP verteilt«. Wir können das große Potenzial im Mittelstand nur gemeinsam erobern. Wir sind da ganz klar auf unsere Partner angewiesen.

CRN: Bei Ihrer kleinen Lösung »Business One« ist das Potenzial ja bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Hartnäckig halten sich die Vorbehalte, dass die Lösung zu komplex und teuer sei.

Naunin: Wir haben im vergangenen Jahr mit der Initiative »Der Beweis« demonstriert, dass wir zu sehr niedrigen Kosten »Business One« schnell einführen können. Ich kenne keinen anderen Anbieter, der sich auf einer Messe hinstellt, sich einen Kunden und ein leeres System nimmt und die Lösung innerhalb einer vorgegebenen Zeit zum Laufen bringt. Da haben wir uns wirklich sehr transparent gezeigt.

CRN: Dennoch sind die Zweifel da.

Naunin: Die können wir auch nicht komplett wegdiskutieren. Aber genau diese Zweifel, die wir auch als Feedback von Kunden bekommen, sind für uns der Treiber, das Produkt erfolgreich zu machen. Zum Stichwort »komplex« kann ich sagen, dass wir die Lösungen natürlich in genau die Segmente bringen wollen, wo wir mit eben dieser Komplexität die Anforderungen unserer Kunden optimal treffen. Zum Stichwort »teuer«: In den von uns adressierten Segmenten ist »Business One« mit dem aktuellen Preismodell wettbewerbsfähig. Wir wollen unseren Kunden gar nicht suggerieren, zumindest heute nicht, sie könnten mit einer ERP-Lösung von der Stange glücklich werden.

CRN: Ihr CEO, Henning Kagermann, hat vor kurzem gesagt, SAP strebe mit jedem Produkt die Marktführerschaft an. Wann sind Sie mit »Business One« soweit?

Naunin: So schnell wie möglich!