Bitkom-Präsident Berchtold appelliert an Bund, Banken und Industrie. Das Tempo der Innovationspolitik muss erhöht werden. Dies fordert Bitkom-Präsident Willi Berchtold von Bund und Länder. Trotz mancher positiver Ansätze würden die Reformen hinter den Anforderungen zurück bleiben.
Die Bilanz kurz vor Ende des »Jahres der Technik« falle ernüchternd aus, teilte heute Willi Berchtold, Präsident des Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) zu Beginn der Messe Systems in München mit. Genau vor einem Jahr habe der Verband ein Grundsatzpapier zur Innovationspolitik präsentiert, doch die Umsetzung der geforderten Reformen in der Bildungs- und Wirtschaftspolitik seien bis auf wenige Ausnahmen ferner denn je.
Bedenklich sei laut Berchtold, dass Deutschland deutlich mehr Informations- und Telekommunikationstechnik importiere als exportiere. Das Handelsdefizit beziffert er auf etwa sieben Milliarden Euro. Dies könne auf Dauer für einen Hochtechnologiestandort nicht gesund sein. Weiter forderte er, dass der Staat entschlossener als Vorreiter neuer Technik auftreten solle. »Trotz ?Bund Online 2005?, trotz ?Deutschland Online? und trotz ?Masterplan E-Government?: Bisher liegen wir, gemessen am staatlichen Einsatz von Informationstechnik, auf Platz 20 weltweit.«
Ebenso bemängelte er die Forschungsförderung. Besonders die Förderprogramme sollten künftig stärker Forschungsthemen berücksichtigen, die für die Wirtschaft relevant seien. Gleichzeitig appellierte er an die Industrie, wieder mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren. Denn 2003 ist dafür mit 44,4 Milliarden Euro etwa die gleiche Summe wie im Jahr zuvor (44,6 Milliarden) ausgegeben worden. »Das ist zwar kein Rückschritt, aber auch kein Signal nach vorn«, moniert Bertchold.
Hemmende Rahmenbedingungen für ITK-Branche Als Hemmschuh für die ITK-Wirtschaft kritisierte der Bitkom-Präsident die zusätzliche Belastung durch Abgaben und Gebühren. So sei die geplante Novellierung des Urheberrechts ein Rückschritt: »Hier werden der Innovationsbranche neue Lasten aufgebürdet.« Deshalb lehne der Bitkom Pauschalabgaben auf Computer, Drucker, Handys, Tonerkartuschen und Verbrauchsmaterialien strikt ab und fordert, »nur von demjenigen Geld zu verlangen, der auch tatsächlich urheberrechtlich geschützte Werke kopiert«.
Um die Innovationskraft der Unternehmen zu stärken, reklamiert der Bitkom erneut eine Senkung der Steuerlast und damit eine Abschaffung der Gewerbesteuer. Als Ausgleich dafür sollte es einen Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer geben. »Die Kapitalschwäche des Mittelstands ist auch eine Folge des Steuerrechts, das den Mittelabfluss belohnt, die Bildung von Eigenkapital aber bestraft«, stellte Berchtold fest. Gerade Mittelständler bringe dies oftmals in Existenzgefahr. Ihnen fehle das Eigenkapital, um im einsetzenden Aufschwung Wachstum finanzieren zu können. Immerhin würden 61 Prozent des ITK-Marktes von IT-Dienstleistungen erwirtschaftet. Aus diesem Grund appelliere er auch an die Banken, künftig den Mittelstand wieder mehr zu unterstützen.
Gleichzeitig solle sich die Wirtschaft aber auch selbstkritisch fragen: »Sind wir in den Unternehmen richtig aufgestellt? Haben wird die richtigen Produkte für die Weltmärkte? Sind wir mit neuen Angeboten schnell genug auf dem Markt? Sind wir aggressiv genug im internationalen Wettbewerb? Sind wir noch zum echten unternehmerischen Risiko bereit? Oder haben wir uns in der Wirtschaft auch anstecken lassen vom Pessimismus-Virus in Deutschland?« Wesentlich jedenfalls sei, dass »wir Aufbruchstimmung brauchen ? in den Unternehmen und im ganzen Land«.