Sie sterben nicht aus: Menschen, die nur über sich selbst reden. Während Affen natürlicherweise ihren Trieben folgen, sollte dies bei Menschen doch anders sein. Doch auch bei Twitter kann jeder seine Verhaltensstudien betreiben: Willkommen im menschlichen Zoo.
Die Primatenforschung hat für das kräftige Klopfen von Handballen auf die Brust eine einfache Erklärung: Affen demonstrieren damit gegenüber ihren Feinden Stärke, Größe und Selbstbewusstsein. Das dürfte auch der Grund dafür sein, warum dieses Phänomen als einschlägige Übung in Managementratgebern gepriesen wird. Affe und Mensch waren und sind sich im Grunde ja bis heute ähnlich. Seit sich der Affe zum Menschen gemacht hat (oder ist es nicht umgekehrt?), hat sich aber das Selbstbestätigungsritual verändert.
Im Zeitalter der Kommunikation, in der virtuellen Welt des Internets, braucht es keine physische Demonstration eines überragenden Egos - wenn man nicht gerade ein Youtube-Video ins Netz stellt, auf dem minutenlanges Schlagen gegen die Brust zu sehen ist. Das könnte immerhin noch ein größerer Genuss sein, als Tausende Wortbeiträge auf Twitter zu lesen.
Forscher der Rutgers University in New Brunswick haben sich das angetan und gelangten zu einem ernüchternden Fazit. 80 Prozent der Nutzer des Microblogging-Dienstes Twitter reden nur über sich. Die so genannten »Meformer« sind narzisstisch, egomanisch und davon getrieben, einer globalen Community jederzeit und überall Rechenschaft abzulegen über ihren unmittelbaren Gefühlshaushalt. Keine neue Erkenntnis, könnte man da einwenden, denn das tun nun einmal viele Menschen pausenlos auch außerhalb solcher Online-Plattformen.
Aber was man im richtigen Leben nur schwer nachweisen kann, lässt sich virtuell prima belegen: Die ichbezogenen Plaudertaschen sind nicht wohl gelitten in der Twittergemeinde, sagen die Forscher. Sie bringen es nämlich durchschnittlich nur auf 43 Follower. Immer noch viele Freunde, wenn man bedenkt, dass dem Egomanen in der realen Welt am Ende nur der Spiegel nicht weglaufen kann.
Bespiegelungen dieser Art sind dem »Informer« dagegen fremd. Die Informationselite, laut Analyse nur 20 Prozent der Twitternutzer, twittert einer höheren Mission wegen. Im besten Fall um wichtige Infos auszutauschen oder professionellen Content zu verteilen. Das zahlt sich offenbar aus: Sie bringen es im Schnitt auf 112 Follower. Nicht zuletzt, weil sie die Attraktivität ihrer Beiträge mit weiterführenden Links garnieren.
Dabei ist die narzisstische Gegenseite der Informationselite in besonderer Weise von gesellschaftlicher Anerkennung getrieben, trotz oder gerade wegen ihrer Egozentriertheit.
Was also tun, wenn sich bedauerlicherweise niemand für die selbstreflexiven Ergüsse der »Meformer« interessiert? Ein Link zu den hervorragenden Tierpark-Videos des Münchner Zoos wäre immerhin ein Ansatz. Oder besser ein Verweis auf den berühmten Primatenbeobachter Erich Kästner, der uns die Entwicklung der Menschheit hinlänglich nahe gebracht hat.