Dem stationären und dem Online-Handel stehen bis offenbar drastische Veränderungen bevor. Viele Händler werden diesen Wandel nicht überleben.
Davon gehen zumindest das ECC Köln und die Managementberatung Mücke, Sturm & Company aus. Ihrer Einschätzung zufolge hat die Digitalisierung des Handels sowohl auf die stationären als auch auf die Online-Händler gravierende Auswirkungen. Denn das gewandelte Kundenverhalten verändert auch die Anforderungen an Erreichbarkeit, individualisierte Angebote und das Einkaufserlebnis. Wer sein Geschäftsmodell nicht anpasst, ist chancenlos. »Nur Händler, die ihr Kerngeschäft um flexible Konzepte erweitern, haben zukünftig eine Chance«, ist Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln, überzeugt. Prof. Dr. Nikolaus Mohr, Managing Partner bei Mücke Sturm & Company, ergänzt: »Es besteht die Gefahr einer Erosion im Handel. Die Handelswelt von heute wird es in sechs Jahren nicht mehr geben«. In fünf Thesen zeigen die Experten auf, wie sich der Handel ihrer Ansicht nach bis zum Jahr 2020 verändern wird und wie Händler reagieren müssen, um diesen Wandel zu überstehen.
So sind die Forschungspartner davon überzeugt, dass sich 70 Prozent der traditionellen Händler völlig neu erfinden oder verschwinden. Laut einer Prognose des IFH Köln werden 30 Prozent aller stationären Outlets bis zum Jahr 2020 aus dem Markt ausscheiden. Weitere 40 Prozent werden nur überleben, wenn es ihnen gelingt, ihr Geschäftsmodell grundlegend zu verändern. Nur wer den online-getriebenen Anforderungen der Kunden gerecht werden kann, hat eine Chance zu überleben. »Die klare Botschaft heißt: Der traditionelle Handelskäufer stirbt aus und damit auch der traditionelle Handel«, so Mohr.
Im Online-Markt wird es den Marktforschern zufolge eine starke Bereinigung geben, die 90 Prozent der derzeitigen reinen Online-Händler nicht überleben werden. Der Markt der Pure Player wird sich aufgrund extrem niedriger Margen konsolidieren. Es werden sich nur diejenigen Konzepte durchsetzen, die Kernkompetenzen optimieren, ein klares Leistungsversprechen gegenüber dem Kunden abgeben und dies auch dauerhaft erfüllen können. »Bei den Pure Playern werden dies neben Amazon einige wenige Category-Spezialisten sein«, ist Hudetz überzeugt.
Zu den Gewinnern werden diejenigen gehören, die sich vom klassischen Kanaldenken verabschieden und sich stattdessen auf Multi-Touchpoint-Management einlassen. So fordern viele Kunden bereits heute »Next Level Cross Channeling«, also intelligente und kundenorientierte Konzepte, die dem Kunden an jedem Touchpoint ohne Kanalbrüche einen echten Mehrwert bieten.
Flexible, relevante und unterhaltende Formate bestimmen den Handel der Zukunft, so die Marktforscher. Händler, die es schaffen, ihr Kerngeschäft um neue, flexible und möglichst individuelle Konzepte zu erweitern und den Kauf zu einem Erlebnis machen, werden ihrer Einschätzung nach zukünftig erfolgreich sein.
Darüber hinaus erhöht das Internet den Anteil der markenorientierten Zielkäufer. Klare Gewinner dieser Entwicklung sind Hersteller und Händler mit starken Marken, heißt es. So wachsen bereits seit Jahren die Online-Shops der Hersteller deutlich schneller als der Online-Handel insgesamt. So zeigt eine Untersuchung des IFH Köln, dass der Online-Handel insgesamt zwischen 2008 und 2013 um den Faktor 2,5 gewachsen ist, die Shops der Hersteller haben in diesem Zeitraum fast eine Vervierfachung erzielt.