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Kopfnuss

Die Schläuche rein: Neues Logistikkonzept fürs Münchner Oktoberfest

Meldungen aus der Bierdistribution genießen gewöhnlich während des weltweit größten Volksfests, dem Münchner Oktoberfest, höchste Aufmerksamkeit.

Autor:Redaktion connect-professional • 24.9.2008 • ca. 1:15 Min

Erst recht, wenn es um einen handfesten Skandal wie diesen geht: 50 Millionen Liter Bier fließen in Deutschland jedes Jahr in den Ausguss, weil ihr Haltbarkeitsdatum überschritten ist. Sieben mal so viel wie auf der »Wiesn« getrunken werde, berichtet stolz Hans-Jürgen Heitzer. Stolz deshalb, weil Heitzer Vorstand der auf Lagerlogistik spezialisierten Firma Locanis ist, die diesen Missstand in deutschen Getränkestützpunkten abzuschaffen verspricht.

Aber warum in teure Lösungen investieren? Betriebsabläufe optimieren, Lagerkapazitäten reduzieren, Umweltbilanz verbessern – das geht für Brauereien auch ohne großen finanziellen Aufwand. Konsequentes Drop- Shipping ist ja nicht nur ein sinnvolles Konzept für IT-Hersteller.

Auch Kampftrinker auf der »Wiesn« werden künftig diese neue Logistikstrategie zu schätzen wissen. Das Prinzip ist denkbar einfach: Über ein komplexes, unterirdisches Pipelinesystem, das mit den Zentraltanks Münchner Brauereien verbunden ist, gelangt das Bier direkt zu den Sitzbänken in den Festzelten. Jedem Besucher wird ein Mundstück zugewiesen, an dem er nach Herzenslust saugen kann, ohne sich auf ärgerliche Diskussionen über einen zu geringen Füllstand der traditionellen Maßkrüge einlassen zu müssen. Die Wiesenwirte garantieren ein geeichtes, blasenfreies Saugen, gekoppelt mit einem individuellen Abrechnungssystem. Erste positive Resonanzen zum neuen Distributionskonzept liegen bereits vor: Der Verein gegen betrügerisches Einschänken hat seine Selbstauflösung angekündigt.

Eine zeitgemäße Distribution im Brauereiwesen verlangt natürlich nicht nur vom Konsumenten eine völlige Neuorientierung. Auch Rettungsdienste oder Blaskapellen müssen sich künftig auf veränderte Gewohnheiten einstellen. Statt Kopfverletzungen durch Bierkrüge rechnet das Bayerische Rote Kreuz vermehrt mit Strangulierungsattacken bei zweckentfremdeter Verwendung der flexiblen Bierleitungen. Blaskapellen hingegen können sich leichter umstellen, wenn zum Prosit der Gemütlichkeit aufgespielt wird: »Die Schläuche rein« statt die »Krüge hoch«, dieser kleine Unterschied werde nach sechzehn Maß Bierkonsum vom erfahrenen Festzeltbesucher sowieso nicht mehr wahrgenommen.