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Doppik in Frankfurt

Doppik in Frankfurt Die Mainmetropole brauchte 16 Monate, um den Übergang zum kauf­männischen Rechnungswesen zu realisieren. Nun fühlt man sich der Zeit voraus und daher bestens gerüstet.

Autor:Markus Bereszewski • 8.9.2007 • ca. 3:30 Min

Vor allem dank der Bankentürme weithin sichtbar: Die Skyline von Frankfurt am Main Copyright: PIA Stadt Frankfurt am Main
Im Zentrum der Mainmetropole: Der Römer
Im Zentrum der Mainmetropole: Der Römer

Zwischen 2005 und 2011 müssen alle Städte und Gemeinden in Deutschland die Einführung der doppischen Haushaltsführung umgesetzt haben. Vorbei sind also die Zeiten, in denen nur die Einnahmen und Ausgaben die Wirtschaftlichkeit einer Kommune bestimmten. Dieses sogenannte kamerale System gibt zwar Aufschluss über die ordnungsgemäße Verwendung von Geld- und Sachmitteln, sagt aber wenig über die damit erzielten Ergebnisse aus. Die Doppik – also die doppelte Buchführung in Konten – ist elementarer Bestandteil für den Wandel einer Behörde zum wettbewerbsorientierten Dienstleister. Mit ihrer Hilfe plant und bilanziert die Kommune der Zukunft nach kaufmännischen Gesetzen und versteht sich als Konzern-Kommune. In Hessen ist zu diesem Zweck das Modellprojekt zur Einführung des »Neuen Kommunalen Rechnungs- und Steuerungssystem« (NKRS) ins Leben gerufen worden. Es verfolgt vier Ziele: die Dokumentation des öffentlichen Vermögens, intergenerative Gerechtigkeit, Sicherung der Zahlungsfähigkeit der Kommunen sowie Gewährleistung des Budgetrechts der Vertretungskörperschaft. Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben aber auch aufgrund einer erforderlichen Modernisierung ihrer IT-Systeme hat die Stadt Frankfurt am Main ihre Verwaltungsbuchführung innerhalb von 16 Monaten auf ein kaufmännisches Buchführungssystem umgestellt und brachte dieses bereits zu Beginn des Jahres an den Start. Das IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen CSC verantwortete das Projekt zur Neuausrichtung der Buchführung und unterstützte die Stadt Frankfurt am Main bei der Einführung von SAP for Public Sector mit der Lösung »Integrierte Doppik« für NKRS.

Zahlreiche ­Herausforderungen Das Projektteam sah sich zu Beginn mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert: Viele Umstellungen waren notwendig und mussten gleichzeitig durchgeführt werden, um den reibungslosen Übergang zwischen den Buchungssystemen ohne Datenverlust zu gewährleisten. Zudem waren die Strukturen und Prozesse entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu gestalten. Das Team richtete somit die gesamte IT-Infrastruktur im Rechnungswesen mit der Lösung SAP for Public Sector neu aus. Zudem galt es, eine Vielzahl von Altsystemen vollständig abzulösen sowie die Vor- und Fachverfahren inhaltlich und technisch zu integrieren. Und schließlich mussten die Altdaten sämtlicher Stamm- und Bewegungsdaten übernommen und rund eintausend Angestellte der Stadt Frankfurt am Main durch Schulungen in die Nutzung des neuen Systems eingearbeitet werden. Der Startschuss für das Projekt fiel im September 2005 im Rahmen der Initialisierung. In dieser Phase legten die CSC-Berater gemeinsam mit den Projektverantwortlichen der Stadt die Rahmenbedingungen für die Umstellung auf die doppische Buchführung fest. Das hier defi­nierte Projektteam entwarf zudem einen Zeitplan und ermittelte die Anforderungen an das neue System. Betriebswirtschaftliche Schulungen und SAP-Schulungen für das in der ersten Phase gebildete Projektteam waren die Kernelemente der zweiten Projektphase. Den SAP-Schulungen lag aus praktischen Gründen die im Projekt genutzte Musterlösung »Integrierte Doppik« zugrunde. In der dritten Phase evaluierte das Projektteam die Musterlösung und erstellte ein Fachkonzept, das sogenannte Delta-Fachkonzept, für die Realisierung der Umstellung nach betriebswirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten.

Umsetzung des Fachkonzepts Gut ein halbes Jahr nach der Initialisierung startete im April 2006 Phase vier: die Umsetzung des Fachkonzepts. Mithilfe des Dienstleisters konfigurierte die Stadt Frankfurt am Main nun die vordefinierten Prozesse, realisierte die Schnittstellen und bereitete die Altdatenübernahme, die sogenannte Migration, vor. Den Abschluss dieser Phase bildete ein Integrationszeit, um die konfigurierten Prozesse zu testen und abzunehmen. sowohl die Konfiguration, als auch die Entwicklung erfolgte iterativ in einzelnen, aufeinander aufbauenden Zyklen. Auf den erfolgreichen Verlauf des Integrationstests folgte die Cut-over Planung und die Produktionsvorbereitung, um ein produktives SAP R/3-System endgültig bereitzustellen. Am 1. Januar 2007 passierte die Stadt Frankfurt am Main eine wichtige Wegmarke: Mit Hilfe von CSC nahm sie das neue System in Betrieb und vollzog so den Wechsel von der Kameralistik auf die Doppik. Der Produktivstart verlief aufgrund der intensiven Vorbereitung reibungslos. Durch die Integration von rund 40 Vor- und Fachverfahren sind Prozesse und das Berichtswesen nun stadtweit standardisiert. Zudem versetzt das neue System die Stadt Frankfurt am Main in die Lage, das Kassen- und Einnahmemanagement mit dem SAP-Modul PSCD (Public Sector Collection and Disbursement) effizient zu nutzen. Die Umstellung erfolgte innerhalb des vom Projektteam gesteckten zeitlichen Rahmens und innerhalb der Budgetvorgaben. Zudem hat es das Team geschafft, ein Bewusstsein für die Veränderungsprozesse bei allen künftigen Anwendern hervorzurufen und aktive Kommunikation mit den Mitarbeitern zu betreiben. Diese zeigten große Akzeptanz für die neue Lösung und gaben ein sehr positives Qualifizierungsfeedback. In regelmäßigen Treffen mit den Key-Usern identifizierte CSC Fehler und Verbesserungspotenziale, erarbeitete gemeinsam mit den Verantwortlichen der Stadt Frankfurt am Main Lösungsvorschläge und setzte diese um. Mit der Einführung der doppischen Buchhaltung hat die Stadt Frankfurt am Main die gesetzlichen Anforderungen der Hessischen Gemeindeordnung bereits zum jetzigen Zeitpunkt erfüllt und eine Herkulesaufgabe erfolgreich gemeistert. Zudem ist sie in der Lage, ihre Kosten transparent darzustellen und zu vergleichen sowie ihr Verwaltungshandeln durch eine proaktive Steuerung effizienter zu gestalten. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nun bestens gerüstet für die künftigen Herausforderungen.

Hanns-Joachim Kühn ist ­kommis­sarischer Amtsleiter des Kassen- und Steueramtes der Stadt Frankfurt am Main.