Elektroschrott-Verordnung: Ab in die Tonne

11. August 2005, 0:00 Uhr |

Elektroschrott-Verordnung: Ab in die Tonne. Die Registrierung läuft. Hersteller und Importeure sind in der Pflicht. Das Elektro- und Elektronikgesetz wird umgesetzt, sorgt aber immer noch für Verwirrung ? vor allem bei assemblierenden Händlern.

Elektroschrott-Verordnung: Ab in die Tonne

Co-Autorin: Dr. Michaela Wurm
Sie tasten sich nur vorsichtig heran: die kleineren Hersteller und Importeure. Dabei drängt die Zeit. Spätestens zum 23. November müssen sie bei der Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR) in Fürth registriert sein. Ebenso wie alle großen Hersteller, die allerdings jetzt schon ganze Abteilungen auf das Problem angesetzt haben. Sonst sehe es zappenduster aus, wie dies Otmar Frey, Vorsitzender der gemeinsamen ZVEI-/Bitkom-Task Force Elektro- und Elektronik-Altgeräte, drastisch formuliert. Denn wer zum Stichtag 23. November seine Elektro- und Elektronik-Geräte noch nicht registrieren ließ, darf diese Produkte ab dem Folgetag nicht mehr verkaufen. Da spielt die Herkunft des Herstellers ? ob Inland oder Ausland ? ebenso wenig eine Rolle wie die Größe des im amtsdeutsch als »Inverkehrbringer« bezeichneten Herstellers oder Importeurs. Und es gibt auch keine Ausnahmen. Von der Energiesparlampe über Elektrohaushaltsgeräte bis zu Computern, Bauteilen und Handys ? alles braucht eine Registrierungsnummer.

Hintergrund ist ein drei Jahre altes EU-Gesetz, das in nationales Gesetz umzusetzen ist. Davon betroffen sind etwa 20.000 Hersteller für Elektro- und Elektronikprodukte, die ab 24. März kommenden Jahres für die Entsorgung aller nach dem 13. August dieses Jahres verkauften Altgeräte selbst zu sorgen haben. Das kostet Geld. Für größere Unternehmen kommen allein für die Registrierung schnell höhere fünfstellige Beträge zusammen. Zusätzlich die Entsorgung, die zwar über etwa 2.000 kommunale Sammelstellen organisiert werden kann, aber dann an die Hersteller weitergereicht wird. Die wiederum müssen über Recyclingunternehmen die Entsorgung der Produkte sicherstellen. Nach Schätzungen verschiedener Interessenverbände dürfte die Entsorgung mit etwa 350 bis 500 Millionen Euro zu Buche schlagen, wobei die erwartete Abfallmenge ab 2005 bei etwa 1,1 Millionen Tonnen pro Jahr liegen wird.

»Natürlich ist das für uns ein kalkulationsrelevantes Thema«, gibt Jürgen Rakow, Geschäftsführer Yakumo GmbH, unumwunden zu. Er sei gerade mit Mitarbeitern dabei, sich intensiv um die Registrierung zu kümmern. Dabei müssen Rakow und seine Mitarbeiter umdenken. Nicht Stückzahlen sind bei der Erfassung durch die EAR gefragt, sondern unter anderem das Gewicht der Produkte, das Gewicht des elektronischen und das des nichtelektronischen Zubehörs sowie das Gewicht von Batterien.

Sicherlich würden sich diese zusätzlichen Kosten, »ebenso wie alle anderen Belastungen im Sinne von Urheberrechtsabgaben und anderem mehr, in der Preisgestaltung wiederfinden.« Dabei werden die ITK-Hersteller wohl noch leichter kalkulieren können, als bespielsweise Glühlampen- und Leuchtstoffröhrenproduzenten. »Die Entsorgungskosten schlagen vor allem bei Produkten wie Energiespar- und Leuchtstofflampen gewaltig zu Buche«, fügt Otmar Frey hinzu. Denn, so rechnet er nach: »Aufgrund der Inhaltsstoffe wie Quecksilber können die Kosten bis zu 80 Prozent des Produktpreises ausmachen.« Damit unterscheidet sich die Praxis einmal mehr von der Theorie des Bundesumweltministeriums. Denn dort ist man der Ansicht, dass »die insgesamt entstehenden Kosten durch die Gebühren verglichen mit der gesamten Wertschöpfung der Unternehmen so gering sind, dass eine mögliche Überwälzung der Gebühren für das gesamtwirtschaftliche Preisniveau zu vernachlässigen ist«.

Glücklich wer »nur« Fachhändler ist. Denn die stehen außen vor, ebenso wie die Distribution. Vorausgesetzt, sie handeln nur mit registrierten Waren. Importieren sie hingegen Produkte, die keine Registriernummer haben, dann gelten auch sie als »Inverkehrbringer«, sind somit in der Entsorgungspflicht. Genau an diesen Fragen aber scheitern noch immer viele Händler. Sie sind häufig nicht oder nur unzureichend informiert. Mit Ausnahme des Bundesumweltministeriums (BMU) sowie der Verbände wie Bundesverband Technik im Einzelhandel (BVT), Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) und Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), fließen die Informationen zum Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) nur spärlich. Selbst die regionalen Industrie- und Handelskammern reagieren mehr auf die Holschuld ihrer Mitglieder denn auf die Bringschuld der Kammern.

Unterschiedlich zeigt sich auch die Informationsdichte bei Verbundgruppen-Mitgliedern. Während beispielsweise Frank Garrelts, Vorstand Akcent Computerpartner, erklärt, dass »wir unseren Mitgliedern sehr viel Informationsmaterial zur Verfügung gestellt haben«, klagt Felix Gunkel, Inhaber eines PC-Spezialist-Stores in Münster, über »Null Informationen, noch nicht einmal von meiner IHK«. Da bleibt es nicht aus, dass er »stinksauer über den Schildbürgerstreich« ElektroG ist. Das sei jetzt nach Gewährleistung und Urheberrechtsabgabe die dritte EU-Richtlinie, die einfach von der Bundesregierung in nationales Recht umgesetzt würde, ohne sich Gedanken über die Folgen für den Handel zu machen. »Da hat man das Gefühl, die wollen den Handel ganz abschaffen.« Dabei kann sich die Bundesregierung nicht gegen die Umsetzung des EU-Gesetzes in nationales Gesetz wehren.

Gunkel, der wie die meisten PC-Spezialist-Händler auf Kundenwunsch PCs zusammenbaut, weiß bis heute nicht, wie und was er dafür bei der Stiftung Altgeräteregister anmelden muss. »Das größte Problem ist, dass wir Händler überhaupt nichts wissen. Da sind wir Franchisenehmer sicher noch besser dran, als viele freie Händler, weil wir immerhin bei der Zentrale nachfragen können.« Immerhin ist er schon darüber informiert, dass er die verbauten Komponenten bei der EAR anmelden muss, sofern der jeweilige Hersteller das nicht getan hat. Trotzdem könne ihm niemand sagen, »was beispielsweise die Anmeldung für ein Motherboard kostet oder in welche Kategorie ein CPU-Lüfter fällt«, ärgert sich Gunkel.

Gleichwohl ist er überzeugt davon, dass die Verordnung nur bürokratischen Aufwand und immense Kosten verursacht, die letztendlich an die Endkunden weitergegeben werden. Dabei hat er mit der Entsorgung von Altgeräten nie Probleme gehabt: »Wir haben schon immer selbstverständlich Altgeräte von Kunden zurückgenommen und bei unserer örtlichen Sammelstelle abgegeben. Das ist ein kostenloser Service, der immer hervorragend funktioniert hat.« Ab März kommenden Jahr sieht das anders aus. Da müssen, zumindest nach dem Wortlaut des Gesetzes, die gewerblichen Kunden eines Händlers ihre Altgeräte selbst entsorgen. Nur privat genutzte Elektro- und Elektronikgeräte sowie sogenannte »Dual-Use-Geräte« fallen in die Entsorgungspflicht der Inverkehrbringer. Und das ist schon eine ganze Menge Elektronikschrott. Allein bei IT- und TK-Geräten erwartet man eine Abfallmenge von mehr als 120 Millionen Tonnen, die in die Tonne wandern.

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INFO

www.bitkom.org
www.altgeraete.org
www.zvei.org
www.bmu.de


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