EP baut Europas größten Kooperations-Multi

13. April 2006, 0:00 Uhr |

EP baut Europas größten Kooperations-Multi. Electronic Partner verhandelt mit der Synaxon über eine Übernahme. Die Kriegskasse von EP ist gut gefüllt ? der Aktienkurs der Synaxon AG fern vom Höhenflug. Werden sich die Verhandlungspartner einig, entsteht Europas größter Kooperationsverbund.

EP baut Europas größten Kooperations-Multi

Comteam, Schaulandt, Makromarkt und Expansion im Ausland. Die Zukäufe der letzten Jahre genügen der Familie Haubrich in Düsseldorf nicht. Schließlich soll die Verbundgruppe Electronic Partner, mit europaweit mehr als 5.000 Mitgliedern, die einen Außenumsatz von mehr als 5,7 Milliarden Euro erwirtschaften, noch weiter wachsen. »Wir sind Ansprechpartner für viele Unternehmen in Europa, doch nur selten sind interessante Offerten dabei«, sagt der EP-Chef.

Was Mitte vergangener Woche allerdings als Ad-hoc-Meldung verbreitet wurde, hat Geschäftsleute in Düsseldorf dann doch verwundert: Die Synaxon AG, deren gut 2.500 Händler in sechs Mitgliedsgesellschaften einen Außenumsatz von etwa drei Milliarden Euro erreichen, teilte das Übernahmeinteresse der EP an Synaxon per Eilmeldung mit. »In der jetzigen Phase hätten wir von den Gesprächen noch nichts veröffentlicht«, wundert sich Haubrich. Schließlich sieht er seine Offerte in Richtung Bielefeld allenfalls als eine von vielen. Außerdem gebe es noch nichts Konkretes zu einer möglichen Übernahme zu sagen. Geschweige denn von einer Terminierung zum August dieses Jahres. »Wir fühlen uns nicht unter Termindruck «, betont der EP-Geschäftsführer. Frank Roebers, Vorstandsvorsitzender der Synaxon AG, hingegen sieht den Gesprächsfortgang durchaus schon in einer konstruktiven Phase angelangt. Sicher sei jedenfalls, dass sich die Gespräche um eine Übernahme durch die Electronic Partner drehen. Allerdings sei dies »nicht ganz brandneu«. Synaxon gab bereits mit Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen für das Jahr 2005 bekannt, dass man mit einem strategischen Investor verhandle.

Electronic Partner verfügt über eine gut gefüllte Kriegskasse von etwa 100 Millionen Euro. Wenngleich die Synaxon gegenüber der EP eher die Rolle des Davids einnimmt, konnte die Holding im Umfeld der Systemhauskooperationen kräftig zulegen. Das machte sich auch im Umsatz der Synaxon (20,9 Millionen Euro) mit den IT-Kooperationen bemerkbar: 2005 erwirtschafteten die Gruppen Akcent Computerpartner, I-Team und Microtrend einen Umsatz von 12,1 Millionen Euro. Das Franchisegeschäft mit PC-Spezialist war mit 4,1 Millionen Euro rückläufig. Besonders die Mehrheitsbeteiligung an der I-Team im Jahr 2004 und im Jahr darauf an der Akcent Computerpartner gehörte sicherlich zu Roebers erfolgreichen Schachzügen.

Kommt es zu einer Übernahme durch EP, dann würde eine Händlergruppe mit deutlich mehr als 8.500 Mitgliedern entstehen. Das würde zweifellos eine neue Dimension in der Kooperationslandschaft bedeuten. Der Konkurrenzdruck auf die konkurrierenden Verbundgruppen Euronics mit etwa 2.300 Mitgliedern in Deutschland und die Expert- Gruppe, die europaweit mit 7.400 Fachgeschäften vertreten ist, würde sich erhöhen. Die Folge: Eine Konsolidierung der Kooperationen und gleichzeitige Konzentration auf drei Handelsmultis: Electronic Partner, Euronics/ Expert und Media Saturn Holding.

Eine solche Konzentration ist vor allem ein Problem für die Lieferanten, besonders unter dem Aspekt der geballten Einkaufsmacht. Bärbel Schmidt, Geschäftsführerin Actebis Peacock, erwartet jedoch nicht, dass der Druck auf die Distribution noch größer werden kann: »Unsere Margen sind ausgereizt, da kann auch eine große Gruppe nicht mehr viel erreichen.« Wesentlich für die Distribution sei das künftige Modell, das sich aus einer solchen Verbindung ergeben könnte, meint Tech Data-Chef Klaus Schlichtherle. Derzeit arbeite EP weniger über die Distribution, während die Synaxon-Gesellschaften nahezu ausschließlich über die Distribution beliefert werden. »Am Ende müssen unsere Supply Chain-Kosten bezahlbar sein«, sagt Schlichtherle.

Die Mitgliedsgesellschaften der Synaxon erwarten durch die mögliche Fusion Vorteile. So glaubt Cemal Osmanovic, Geschäftsführer bei I-Team, dass in einer Verbindung mit EP »unter Umständen Synergien erwachsen, die mittelfristig nötig sind«. Keinesfalls erwartet er Probleme dadurch, dass mit Comteam eine weitere Systemhausgruppe in den Verbund eintreten könnte. Wichtig für die Gesellschaften der Synaxon sei, so Osmanovic, dass sie ihre Eigenständigkeit behalten. »Die Marke I-Team wird nicht angetastet«, ist er sicher. Dies ist auch für Roebers eine der Grundvoraussetzungen bei den Übernahmeverhandlungen. Die Markenidentität müsse bleiben. Schließlich, so Roebers, könne Synaxon »aus der Stärke einer Eigenkapitalquote von etwa 80 Prozent die Verhandlungen führen«. Und wenn es zu keiner Übereinstimmung kommt, »dann bleibt eben alles so wie es ist«.

EP-Chef Haubrich hat zumindest schon signalisiert, dass er an keine feindliche Übernahme denke. Wenn es zu einer Verbindung komme, dann nur bei voller Zustimmung des Synaxon-Managements. Auch den kleinen Schlagabtausch mit Synaxon vor zwölf Monaten, als die Bielefelder EP der Mitgliederabwerbung beschuldigten, legten die Düsseldorfer zumindest offiziell ziemlich schnell zu den Akten. Die zu EP abgewanderten Händler der Franchisegruppe PC-Spezialist hingegen bekamen von der Synaxon juristischen Druck. Jetzt warten diese Fachhändler umso gespannter auf den Ausgang der Übernahmeverhandlungen.

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Kommentar

Die Konzentration der Kooperationsszene nähert sich ihrem Höhepunkt. Kommt EP zum Zuge und Synaxon unter das Dach der Düsseldorfer, dann müssen Euronics und Expert über kurz oder lang reagieren. Sicher ist, die Position eines Verbundgruppen- Multi gegenüber den Lieferanten ist ungleich größer. Gerade bei Themen wie Schuldrecht, RMA, Garantie oder auch Zentralregulierung. Das könnte die Situation der angeschlossenen Händler stärken. Wichtig aber ist, dass EP den unter dem Synaxon- Dach vereinigten Gesellschaften ihre Eigenständigkeit belassen. Sonst droht ein gefährlicher Aderlass, der sich zum Bumerang für die Idee der Kooperationen entwickeln könnte. Sicher ist: Der mögliche Multi in der Verbundgruppen-Branche kann sich für die angeschlossenen Händler vorteilhaft auswirken. Vorausgesetzt, die Verhandlungspartner Haubrich und Roebers stellen das Wohl der Kooperationsmitglieder in den Vordergrund ihrer Gespräche.


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