Der Europäische Gerichtshof hat Licht in die dunklen Ecken der Arbeitsweisen der Schufa gebracht und festgestellt: Millionen Verbraucher haben Anspruch auf einen besseren Score-Wert und auf Schadenersatz.
Mit zwei Grundsatzurteilen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Verbraucherrechte massiv gestärkt. Die Schufa, Deutschlands größte Auskunftei, darf die Bonität von Verbrauchern nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen bewerten (Scoring). Zusätzlich können Betroffene nun fordern, dass rechtswidrig gespeicherte Informationen aus ihrer Schufa-Akte entfernt oder korrigiert werden.
Laut RA-Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig hat sich der EuGH in den Urteilen mit zwei Hauptthemen beschäftigt:
1. Das „Scoring“ ist ein mathematisch-statistisches Verfahren, das es ermöglichen soll, die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Verhaltens, wie etwa die Rückzahlung eines Kredits oder die Begleichung einer Telefonrechnung vorauszusagen. Der EuGH entschied, dass dieses Scoring grundsätzlich verboten ist, wenn der Score-Wert – wie fast immer – maßgeblich ist für eine Kreditgewährung oder den Abschluss sonstiger Verträge wie etwa Leasing-, Mobilfunk-, Strom oder Gasverträge sowie beim Kauf auf Rechnung.
2. In Deutschland werden die Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung im öffentlichen Insolvenzregister nur sechs Monate lang gespeichert. In den Datenbanken der Auskunfteien ist die abgeschlossene Insolvenz der Verbraucher allerdings noch drei Jahre zu finden. Auch diese Speicherung ist europarechtswidrig. Denn diese Daten, die bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit stets als negativer Faktor verwendet werden, beinhalten sensible Informationen über das Privatleben und können jahrelang verhindern, dass die betroffene Person wirtschaftlich wieder auf die Beine kommt.
Betroffene Verbraucher können nun fordern, dass rechtswidrig gespeicherte Informationen aus ihrer Schufa-Akte entfernt oder korrigiert werden: Ebenso können sie verlangen, dass rechtswidrige Einträge gelöscht werden, damit sich der Score-Wert verbessert. Zusätzlich hat jeder, der durch falsche oder rechtswidrige Informationen in seiner Schufa-Akte finanziellen Schaden erlitten hat oder noch erleidet, gute Aussichten auf Schadenersatz.
Schließlich sieht das Europarecht in Art. 82 DS-GVO auch eine Entschädigung in Geld vor (Anspruch auf Schmerzensgeld). In vergleichbaren Fällen haben deutsche Gerichte betroffenen Verbraucherinnen und Verbrauchern, deren Daten rechtswidrig verarbeitet wurden, mehrere tausend Euro zugesprochen.
Diese Urteile könnten fast jeden in Deutschland betreffen, da die Schufa Daten von über 68 Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern speichert und zum Scoring verwendet. Hinzu kommen die Daten über Verbraucherinsolvenzverfahren, von denen allein im Jahr 2022 über 78.000 neu eröffnet wurden.