Kopfnuss

Haarig: Mindestlohn gefährdet Sitte und Moral

5. Oktober 2007, 5:18 Uhr |

Wo Ludwig Georg Braun seine Haare schneiden lässt, wissen wir nicht. Wir vermuten, dass er dafür nach Brandenburg fährt.

Erstens, weil es der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages nicht weit hat, von seinem Dienstsitz in Berlin in die schöne Mark Brandenburg gefahren zu werden. Zweitens, weil ihm diese Fahrt ins Berliner Outback regelmäßig vor Augen führt, dass ein Mindestlohn für Volkswirtschaften und Konsumenten gleichermaßen schädlich, seine flächendeckende Einführung ja geradezu ein Verbrechen wäre.

Für den Haarschnitt zahlt Herr Braun in Kirchmöser 2,80 Euro, wobei wir fairerweise einräumen, dass sein spärliches Haar nicht sonderlich aufwändig gekürzt werden muss und sich der DHIK-Präsident wahrscheinlich auch gegen zusätzliche Dienstleistungen wie Waschen und Föhnen entscheidet. Würde der Gesetzgeber einen flächendeckenden Mindestlohn einführen, der Verbandsfunktionär müsste künftig bis ins Billiglohnland Polen fahren, um zu gleichen Konditionen geschnitten zu werden. Was natürlich völlig unsinnig wäre!

Unsinnig, so sagt Ludwig Georg Braun, sind Branchenmindestlöhne, weil sie rund 1,7 Millionen Vollzeitjobs gefährden. Und nicht nur das, möchte man hinzufügen. Würde man der ostdeutschen Friseurin statt vier Euro Stundenlohn künftig das Doppelte bezahlen: Kein Mensch ließe sich künftig die Haare mehr schneiden, was zu einer allgemeinen Verwahrlosung, Verlotterung und am Ende schließlich zum Verfall von Sitte und Moral führen könnte. Lange Haare, verfilzte Bärte à la Karl Marx – wir wissen, zu was das führt!

Alles halb so wild, sagt Braun, denn es seien ja häufig genug lediglich junge Erwachsene mit geringen Qualifikationen, die zu Beginn ihres Erwerbslebens zu niedrigen Löhnen tätig seien. Ein Mindestlohn wäre absolut schädlich, weil er ihnen den Einstieg ins Arbeitsleben erschweren würde. Recht hat der Funktionär! Konsequent gedacht, ist die Einführung eines Mindestlohns nämlich ein Verbrechen an der Jugend, am Friseurhandwerk, am Geldbeutel des DIHK-Präsidenten sowieso und verstößt am Ende vielleicht sogar gegen § 1 des Grundgesetzes, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist und sie zu achten und zu schützen die staatlichen Gewalten verpflichtet sind. Und gepflegte Haare fallen allemal darunter.


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