Highspeed-Networking
Sollen Unternehmen bereits auf die schnellste Ethernet-Variante migrieren oder besser noch mehrere 1-GBit/s-Ports zusammenschließen, um mehr Bandbreite zu gewinnen?



Die 10-GBit/s-Ethernet-Technologie ist derzeit besonders für Campus-LANs und Metropolitan-Area-Networks (MANs) interessant.
Andreas Reuter, Network Systems Consultant bei INS
Gigabit-Ethernet ist längst eine preisgünstige und einfach zu realisierende Alternative für große Bandbreiten gegenüber komplexen Protokollfamilien wie ATM oder SDH. Nach wie vor ist Gigabit-Ethernet aber keine Alternative für Weitverkehrsnetze von Telekom-Gesellschaften. Es fehlt der Technik unter anderem an ausreichendem Verständnis für konstante und zeitkritische Datenströme wie Sprachdienste.
Für Unternehmen, deren größter Bandbreitebedarf zwischen wenigen Netzwerk-Knoten nur bis etwa 5 GBit/s reicht und deren LAN-Core-Switches innerhalb desselben Gebäudes liegen, macht sich 10-GBit/s-Ethernet derzeit noch nicht bezahlt. Die Kosten pro GBit/s-Port liegen aktuell nur bei einem Bruchteil der Kosten pro 10-GBit/s-Port. Hier reicht nach wie vor der Zusammenschluss mehrerer GBit/s-Ports zu einem »Channel« völlig aus, da die Kabelstrukturen zwischen solchen Knoten meist auch Eigentum dieser Unternehmen sind. Die Kosten für eine Erweiterung liegen daher oft bei maximal einigen Tausend Euro.
Erst wenn die Entfernungen in Bereichen von Kilometern liegen oder teure Bauarbeiten, sei es die Erweiterung einer Glasfaserverkabelung quer über ein Campus-Gelände, unabwendbar wären, ist eine Investition in Netzwerkknoten mit 10-GBit/s-Ethernet-Schnittstellen in der Regel günstiger.
Eine drastische Steigerung der Effizienz durch die Einführung von 10-GBit/s-Ethernet kann man jedoch bei angemieteten »Dark Fibers« erreichen. Das sind meist Single-Mode-Glasfasern, die Wellenlängen in den Bereichen von 1300 oder 1550 Nanometern übertragen und deren Mieter das Layer-2-Protokoll frei auswählen kann. Die entsprechenden Produkte namhafter Hersteller basieren auf dem 802.3ae-Standard und lassen auch bei 10-GBit/s-Ethernet eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern zu. Daher ist zur Zeit eine Kosten-Nutzen-Analyse hinsichtlich der Einführung von 10-GBit/s-Ethernet für die Datendienste der Metropolitan-Area-Networks (MANs) großer Konzerne und besonders für Stadt-Carrier zu empfehlen.
Für die langfristige Beseitigung von Kapazitätsengpässen im LAN-Backbone ist der Einsatz von 10-GBit/s zu bevorzugen.
Klaus-Peter Scheer, Manager Consultant bei der Meta Group
Bei einer Technologieentscheidung für 10-GBit/s-Ethernet sind immer mehrere Aspekte zu beachten. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist, ob das Bandbreitenproblem kurzfristiger Natur ist, oder ob langfristig die Backbone-Kapazität im LAN hochgerüstet werden muss. Eine kurzfristige Lösung besteht in der Regel immer durch Erweiterung der bisherigen Infrastruktur, falls dies mit den eingesetzten Geräten und Leitungskapazitäten noch machbar ist. Dabei kann oft auf vorhandene Hardware zurückgegriffen werden. Freie Glasfaser-Kapazitäten sind dann allerdings Voraussetzung für eine Hochrüstung.
Langfristig ist ein Technologiesprung, in diesem Fall mit einem Leistungsfaktor 10, zu bevorzugen, um Lösungen zu implementieren, die länger Bestand haben und die Anforderungen im Unternehmen künftig erfüllen. Dabei sollten die Unternehmen nicht nur die reinen Portkosten betrachten, sondern die Gesamtkosten im Sinne einer Total-Cost-of-Ownership-Analyse (TCO) ins Kalkül ziehen. Für diese Analyse werden die Hardware-/Software-, Wartungs-, Installations-, Leitungs- und sonstige Projektkosten über eine Laufzeit von beispielsweise drei Jahren betrachtet. Die reinen Hardware-Kosten pro LAN-Port haben in der Regel nur einen geringen Anteil an den Gesamtkosten, typischerweise 30 bis 40 Prozent. Bei der finanziellen Betrachtung eines Einzelprojekts zur Hochrüstung der Bandbreite einer LAN-Verbindung wird die Kostenrechnung ähnlich aussehen, dass heißt, die reinen Hardware- werden von den sonstigen Projektkosten übertroffen.
Der allgemeine Einsatz der 10-GBit/s-Ethernet-Technologie im LAN-Backbone ist dann zu empfehlen, wenn die LAN-Kapazität trotz Einsatz von GBit/s-Ethernet-Technik knapp wird und das Unternehmen weitere, Bandbreiten konsumierende Applikationen plant wie Video-Streaming/-Conferencing oder Voice-over-IP. Die 10-GBit/s-Ethernet-Variante ist inzwischen ausgereift, und für die Zukunft sind weiter fallende Portpreise zu erwarten.
Bis 4 GBit/s sind Gigabit-Ethernet-Bündel, bei höheren Anforderungen zwischen zwei Switches 10-GBit/s einzusetzen.
Dr. Behrooz Moayeri, Comconsult Beratung und Planung
Ein optischer GBit/s-Port kostet zurzeit rund 1000 Dollar. Wenn ein Netzbetreiber aufgrund des Verkehrsaufkommens acht GBit/s-Ports bündeln muss, ist mittlerweile 10-Gigabit-Ethernet die bessere Alternative bei gleichem Preis. Theoretisch ist es immer besser, die Bits mit zehnfacher Geschwindigkeit zu übertragen, weil die Paketierungslatensz geringer wird. Unsere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass selbst bei Gigabit-Ethernet die Übertragungszeit von Paketen im Vergleich zur Switching-Verzögerung eine untergeordnete Rolle spielt. Insofern gibt es keine Anwendung, die auch im einzelnen Paketstrom von der 10-GBit/s-Geschwindigkeit profitiert. Nur die Summe der Paketströme könnte den Einsatz von 10 GBit/s rechtfertigen, typischerweise im Kernbereich des Netzes und zwischen Server und Backbone.
Ein Vorteil von 10 GBit/s gegenüber »n x GBit/s« ist nicht von der Hand zu weisen, nämlich das Sparen von Glasfasern, was zum Beispiel bei gemieteten Strecken von Vorteil sein kann. Auch im lokalen Bereich ist die Netzstruktur übersichtlicher, wenn man weniger Fasern verwendet.
Bei beiden Varianten ist aber die Protokollanalyse kaum durchführbar. Aus einem Bündel von acht Leitungen die richtige auf einen anderen Port zu spiegeln und den Verkehr zu untersuchen ist fast so schwierig wie ein Messverfahren zu finden, das bei 10 GBit/s problemlos funktioniert.
Fraglich bleibt generell, welcher Netzbetreiber tatsächlich solche hohen Bitraten benötigt. Bisher kenne ich keinen. Aber diese Situation kann sich schnell ändern, wenn beispielsweise iSCSI (SCSI über IP) auf Akzeptanz stößt. Storage-Anwendungen sind durch sehr große Datenmengen und strikte Anforderungen an kurze Verzögerungszeiten gekennzeichnet. Schließlich gilt es, einigermaßen gleichwertige Lösungen zur Fibre-Channel-Technologie anzubieten, die bereits mit mehr als 1 GBit/s arbeitet. Wenn solche Anwendungen über Ethernet und IP übertragen werden, kann Gigabit-Ethernet an seine Leistungsgrenzen stoßen.
Netzbetreibern, die solche Szenarien in ihrem Netz erwarten, empfehle ich bis 4 GBit/s den Einsatz von Gigabit-Ethernet-Bündeln und bei Kapazitätsanforderungen von mehr als 4 GBit/s zwischen zwei Switches den Einsatz von 10-GBit/s-Ports.