ILM angekommen im Mittelstand
ILM angekommen im Mittelstand Waren es zunächst überwiegend Großkunden, die sich für Information Lifecycle Management begeisterten, setzt sich nun auch der Mittelstand – zumindest der gehobene – mit dem Thema auseinander.



Seit rund drei bis vier Jahren geistert nun das Stichwort ILM (Information Lifecycle Management) durch die Diskussionen der Hersteller, CIOs und besonders der Speicherspezialisten. Dem somit recht neuen Konzept zufolge sollen Daten ihrem Wert nach auf unterschiedlich teuren Medien gehalten und – sobald man sie nicht mehr benötigt – gelöscht werden. Doch ist das neue Konzept wirklich in der Praxis angekommen? Wie konsequent wird ILM bereits umgesetzt? Und befasst sich auch schon der Mittelstand damit, oder ist es vorerst nur eine Experimentierwiese für Großunternehmen? Immerhin: Eine Expertenrunde des »Storage Forum« wusste von etlichen ILM-Installationen zu berichten. Und auch wenn ILM etwas nach komplexer Installation klingt – wenn sich (potenzielle) Anwender wirklich damit befassen, dann lassen sich auch Lösungen finden, die gar nicht so schwer zu installieren sind.
Das Interesse wächst
»Es gibt immer mehr Unternehmen, die direkt nach ILM fragen«, betont Marcellus Scheefer, Manager Business Development bei IBM. Mittlere wie auch größere Mittelständler kämen gezielt auf IBM zu und interessierten sich für regelgesteuerte Datenhaltung. »Viele Kunden sprechen uns heute ganz konkret auf das Thema einer wert- und kostenorientierten Datenspeicherung an. Wir realisieren das mit vielfältigen Technologien, angefangen bei klassischen Disk/Tape-Speicherhierarchien inklusive entsprechender HSM-Software über virtualisierte Speicherpools bis hin zu kleinen oder großen ILM-Assessments.« Noch vor zwei Jahren sei ILM ein Push-Markt gewesen, sagt Scheefer, »aber jetzt ist es bereits ein Pull-Markt.« »ILM ist beim Mittelstand nicht so breit aufgefächert wie bei großen Unternehmen«, wirft Detlef Lieb, Senior Product & Program Marketing Manager bei Fujitsu Siemens Computers, in die Diskussion ein. »Hier sind die betrieblichen Anforderungen oftmals nicht gegeben. Mittelständler wollen eine schnelle und sichere Lösung, ohne noch viel in Know-how zu investieren. Und es wird auf den Preis geschaut.« »Die Budgets sind beim Mittelstand ein ganz kritischer Punkt, sie wollen den schnelle Nutzen und guten Return«, bestätigt auch Dirk Andreas, Manager OEM/Industrial Sales bei Bell Microproducts. »Der Mittelstand vermutet oft zu großen Overhead an Dienstleistungen, was er nicht bereit ist zu bezahlen.«
Strukturen im Unternehmen sind Konsolidierungsbedürftig
»Ich kann nachvollziehen, dass das Thema ILM auch im Mittelstand anfängt, umgesetzt zu werden«, bekundet Thomas Feil, Executive Director Channel & Marketing EMEA bei Quantum. »Es kommt nämlich zwangsläufig zu einem ILM-Ansatz, weil durch die vorherrschenden Technologietrends die heutigen Komponenten nicht mehr anders zusammenpassen. Allein ein Tape-Autoloader mit 24 Slots und zum Beispiel drei LTO-3-Laufwerken kann heute so schnell Daten wegspeichern, dass ein Backup-Server aus früheren Zeiten überhaupt nicht mehr mitkommt. Also schaltet man eine Disk-Appliance davor, schon hat man eine Art Disk-to-Disk-Backup eingeführt, die überdies auch noch schnelles Recovery ermöglicht.« Und wenn jetzt noch ein Mittelständler nur etwas seine Geschäftsprozesse umstelle, um die neue Storage-Architektur auszunutzen, habe er schon eine Art ILM eingeführt. »Wir erkennen bei den Kunden gewachsene Strukturen, die konsolidierungsbedürftig sind«, plädiert Christoph Schulz, Geschäftsführer beim Münchner Reseller Teracuda, für einen anderen Blickwinkel. »Wenn ich das Thema ILM bei einem Mittelstandskunden anbringe, hinterlässt das zunächst ein großes Fragezeichen. Aber wenn es um Konsolidierung geht, dann befassen sich die Unternehmen schon mit Themen, wo sie welche Daten auf welchen Medien abspeichern sollen. Ich sehe die Sache so: Vor einem ILM-Ansatz steht die Storage-Konsolidierung – aber da sind viele Unternehmen bereits mitten drin.«
Viele haben ILM-Technik im Haus
Der Konsolidierungsansatz gefällt auch Bell-Sprecher Andreas. »Es stimmt: Es gibt Kunden, die haben alleine fünf verschiedene Systeme für ihr Backup – alles parallel, nicht konsolidiert. Wenn ich das einigermaßen wirtschaftlich in Einklang bringen und auch noch den E-Mail-Server mit einbinden kann, dann fangen die ersten Anwender an, auch mal ein bisschen weiter zu denken.« Dass sich der Anwender im Allgemeinen und der Mittelstand im Speziellen intensiv mit ILM auseinandersetzt, leitet Karl Fröhlich, Betreiber diverser Speicher-Themenportale, aus den anhaltend hohen Klickraten bei ILM-Schwerpunkten ab: »Unsere Statistik belegt, dass von Anwenderseite ein durchgängig hohes Interesse am Thema ILM besteht, das das Interesse an traditionellen ECM-Themen wie Scanner oder Output-Management noch übersteigt«. »Im Grunde genommen haben viele Anwender die Technik im Hause bereits stehen, um ILM umzusetzen«, glaubt Andreas Stolzenberger, Leiter der Real-World Labs in Poing. »Eigentlich sind hier die Storage-Hersteller weniger gefragt als die Applikationsleute. Denn im Prinzip sollten Informationen, wenn sie generiert werden, bereits den Projekten zugeordnet werden. Tape beispielsweise wird deshalb nicht verschwinden, sondern nur gezielter eingesetzt werden. ILM wird für den Mittelstand ein richtiges Thema, wenn es Teil des Front-Ends ist.«
Mittelstand will Komplettlösungen
Teracuda-Manager Schulz propagiert einen ganzheitlichen Lösungsansatz: »Hier erkennt ein Anwender schnell den Vorteil. Wir fahren mit Network Appliance den Unified-Storage-Ansatz. Da sind viele Software-Features enthalten, die diese Anforderungen thematisieren. Die Systeme lassen sich sehr gut konfigurieren und administrieren. Netapp als Lösungsansatz wird im Mittelstand momentan sehr gut aufgenommen. Oder den Lösungsansatz über Applikation-Optimized-Storage mit der ‚HDS TagmaStor’, die auf modularen und kosteneffizienten Speichersystemen basieren.« Bernd Morbach, Senior Systems Engineer beim iSCSI-Spezialisten Equallogic, verweist in diesem Zusammenhang auf neue und kostengünstige Speicher-Arrays, in denen sich mehrere Storage-Tiers abbilden lassen: »Die Grundidee ist hierbei: Wie kann ein Anwender seinen Speicher kosteneffizient einsetzen und dabei die beispielsweise zum Wachstum notwendige Flexibilität sichern. Wir offerieren Storage-Arrays, bei denen jede Unternehmenseinheit ihren eigenen RAID-Level und ihre eigenen Storage-Pools fahren kann. Und auch das Verschieben innerhalb der Storage-Tiers erfolgt völlig transparent für den Anwender. Das ist sozusagen ein Array mit integriertem ILM-Ansatz.«
IT wird ewiger Pflegefall bleiben
Letztlich herrscht Einigkeit unter den Herstellern, wenn es um ILM geht. Mechanismen zur sinnvollen Verteilung von Daten sind wichtig und erleichtern, richtig eingesetzt, den IT-Alltag. Allerdings gehören für eine vernünftige und umfassende Planung Abteilungen, IT-Administrator und Manager an einen Tisch. Hier sind aber Mittelstandsunternehmen oftmals überfordert. Generell sollte der IT-Administrator eine höhere Stellung innerhalb der Firma erhalten. So käme die Problematik der IT auch in die Köpfe aller. Wenn hier nicht alle Mitarbeiter miteinander arbeiten, wird die IT ein ewiger Pflegefall bleiben, gerade im mittelständischen Bereich.