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Indien besitzt mehr Reife (Fortsetzung)

Autor:Redaktion connect-professional • 8.3.2006 • ca. 4:30 Min

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  1. Indien besitzt mehr Reife
  2. Indien besitzt mehr Reife (Fortsetzung)
  3. Indien besitzt mehr Reife (Fortsetzung)
"Deutsche erwarten tiefes Prozessverständnis." Kees Tem Nigenhuis, Wipro Technologies Foto: Wipro
"Deutsche erwarten tiefes Prozessverständnis." Kees Tem Nigenhuis, Wipro Technologies Foto: Wipro

Die vier grossen Inder im Detail
Die Unterschiede zwischen den Firmen zeigen sich eher im Detail: Tata Consultancy Services (TCS), das größte der vier genannten Unternehmen, beschäftigt als IT-Dienstleistungs-Allrounder weltweit bereits 54 000 Menschen und erwartet für 2005 einen Umsatz über drei Milliarden Dollar ? 2004 waren es 2,24 Milliarden Dollar. TCS hat neben seinen Niederlassungen (in Deutschland in Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, Walldorf und Düsseldorf) ein Netzwerk sogenannter Global Delivery Centers hochgezogen, von denen sich drei in Europa befinden: eines in Budapest, eines in Luxemburg und eines im britischen Wilford. Von diesen Zentren aus werden die globalen Kunden dieser Branchen bedient.
Zusätzlich sollen jetzt sogenannte Industry Solution Centers entstehen, unter anderem für das produzierende Gewerbe, die Finanz- und Versicherungsindustrie und den Automotive-Bereich. Diese Zentren bündeln das bereichsspezifische Know-how, das die Offshorer brauchen, um ihre Kunden von ihren Fähigkeiten zu überzeugen. In München entsteht derzeit ein solches Zentrum für die Bereiche Finanzen, Automotive und Manufacturing. Es hat 1000 Quadratmeter Bürofläche. Die 50 vorgesehenen Arbeitsplätze sind noch nicht alle besetzt.
Tata sieht Offshoring nicht nur als Angelegenheit für Großunternehmen. »Ob es sich lohnt, hängt unter anderem von der Komplexität und der Kultur des Kunden ab. Wir bewerten das mit einer Matrix«, sagt Suresh Raman, Regional Manager Deutschland und Österreich. Zu den Kunden von TCS gehören Firmen wie ABN Amro, BT oder General Electric. In Deutschland will man den Umsatz bis März verdoppeln. »Unsere Verträge werden größer«, sagt Raman zufrieden. Auf allen Gebieten der IT zuhause
Infosys, mit 46 500 Mitarbeitern weltweit und 524 Millionen Dollar Umsatz im zweiten Quartal 2005, ist der zweit-größte indische Player auf dem deutschen Markt. Das Unternehmen hat 19 deutsche Kunden und beschäftigt hierzulande 400 Mitarbeiter in Niederlassungen in Eschborn, Stuttgart, Walldorf und München. Von ihnen sind allerdings nur 100 ständig bei der Firma beschäftigt, davon rund die Hälfte aus Deutschland. »Viele kommen für ein Jahr, um sich in ein Projekt einzuarbeiten, und kehren dann wieder zurück dahin, von wo sie gekommen sind«, sagt Debjit Datta Chandhuri, der deutsche Geschäftsführer des Dienstleisters. Infosys rekrutiert seine Mitarbeiter weltweit da, wo die meiste Expertise zu einem Thema zu finden ist. Fachlich fühlt sich das Unternehmen auf allen Gebieten der IT zu Hause. »Wir lehnen nur Projekte ab, die konstante deutsche Präsenz nach deutschem Recht erfordern«, sagt Chandhuri. BPO interessiere zwar viele Kunden, es werde aber noch viel und kontrovers über das Thema diskutiert. Dabei ließen sich über eine Dauer von zwei bis drei Jahren Kostensenkungen von 30 bis 40 Prozent realisieren. Europa öffne sich langsam für diese Praktiken. »Das größte Interesse kommt von den Finanzdienstleistern, der Telekommunikations- und der Automotive-Industrie«, sagt Chandhuri. Der Aufwand rechnet sich nur bei grosser IT
Was die Kunden angeht, setzt Infosys eindeutig auf größere Unternehmen:
»Der Aufwand für Offshoring rechnet sich nur bei Firmen mit großer IT«, meint er. 100 bis 200 IT-Mitarbeiter sollte ein Unternehmen schon haben, da niemand mehr als zehn bis 15 Prozent der IT-Aufgaben auslagere, schon gar nicht ins Ausland. Zudem sei es üblich, zunächst einige Projekte einfach nur outzusourcen, um erst später den Schritt zum echten Offshoring zu wagen. Das deckt sich mit Aussagen des Experton-Analysten Zilch: »Offshoring bedroht zumindest heute weniger die fest angestellten IT-Mitarbeiter als diejenigen, die heute schon als Externe ausgelagerte Aufgaben übernehmen«, meint er.
Wipro Technologies beschäftigt weltweit 45 000 Mitarbeiter und wird 2005 voraussichtlich 1,8 Milliarden Dollar umsetzen. In Deutschland ist der Dienstleister seit rund sieben Jahren aktiv, hat aber das Engagement in den letzten zwei bis drei Jahren deutlich intensiviert. Der europäische Schwerpunkt liegt in Großbritannien, von wo aus auch viele gesamteuropäische Kunden bedient werden. Besonders häufig arbeitet Wipro für deutsche Kunden im Infrastrukturbereich, zum Beispiel als externes Help-desk, bei der Verwaltung von SAP-Infrastrukturen, der Anwendungsentwicklung, speziell für PLM (Product Lifecycle Management)-Systeme und in der Wartung. »Was die Branchen unserer Kunden angeht, liegen unsere Stärken bei allem außer Financial und Technology«, sagt Wipro-Manager Tem Nigenhuis. Der typische Offshoring-Deal in Deutschland umfasse heute eine Projektlaufzeit von einem halben Jahr und ein Finanzvolumen von einigen Hunderttausend Euro. Allerdings sei die Tendenz hier steigend. In Deutschland will Wipro innerhalb von zwei Jahren einen Umsatz von mehr als 100 Millionen Dollar erwirtschaften.
Ein Softwareentwicklungszentrum befindet sich in Kiel, Niederlassungen in Frankfurt, Düsseldorf und München. Zwei weitere Entwicklungszentren sollen in Süddeutschland entstehen. Geplant ist auch eine Allianz mit einem deutschen IT-Unternehmen, Näheres will der Manager allerdings noch nicht preisgeben. Zielgruppe: Oberer Mittelstand
Zielgruppe des Unternehmens sind Firmen ab dem oberen Mittelstand. »Viele der größeren, global aktiven Firmen geben heute zwei Prozent vom Umsatz für IT aus und wollen diesen Posten auf ein Prozent drücken. Dafür brauchen sie uns«, sagt Tem Nigenhuis. Aus diesem Grund werde auch die derzeit noch praktizierte »Body Rental«, also die Platzierung externer Freier im Unternehmen ohne tatsächliche Auslagerung des Geschäftsprozesses, auf die Dauer aussterben. Sie senke die Kosten nicht deutlich genug.
Der kleinste der vier großen indischen Offshore-Player ist Satyam Computer Services. Die Firma beschäftigt weltweit rund 23 000 Mitarbeiter und setzte 2005 rund 1,1 Milliarden Dollar um. In Deutschland ist Satyam in Wiesbaden präsent, wo 20 Mitarbeiter beschäftigt sind. Dazu kommen rund 200 Mitarbeiter, die bei deutschen Kunden Projekte betreuen. Das typische Satyam-Projekt läuft zwischen drei Monaten und drei Jahren. Satyam will wie die übrigen Offshorer sein Engagement in Deutschland erhöhen und sich in höherwertige Geschäftssegmente wie BPO entwickeln.

FAZIT: Offshoring als Kostenbremse
Offshoring ist in Deutschland noch nicht so verbreitet wie in den USA. Besonders die Auslagerung von Geschäftsprozessen dürfte erst dann in Schwung kommen, wenn genügend ausländische Mitarbeiter der Offshorer flüssige deutsche Sprachkenntnisse besitzen. Wenn auch die Preisvorteile der Auslands-Auslagerung rasant schrumpfen, versprechen die meisten Offshorer ihren Kunden doch Einsparungen von bis zu 30 Prozent.
Offshoring dürfte daher über die nächsten Jahre hinweg eine interessante Alternative für viele CIOs bleiben, um den Forderungen nach Kosteneinsparungen von seitens der Geschäftsleitung zu entsprechen. Der CIO wird sich dadurch noch stärker als bisher vom Technik-Spezialisten zum Business-Manager wandeln, der die IT optimal an den Geschäftszielen ausrichtet.