IT aus Asien: Die Asiaten kommen

1. April 2004, 0:00 Uhr |

IT aus Asien: Die Asiaten kommen. Nicht nur auf der diesjährigen Cebit dominierten Hersteller aus Fernost zahlreiche Hallen. Nach Japan, Korea und Taiwan rollt aus China eine Welle neuer Anbieter, die Vertriebs- und Absatzkanäle in Europa suchen. Für Distributoren und Vertriebsgesellschaften bieten Partnerschaften mit asiatischen Herstellern jede Menge Chancen, aber auch Risiken.

IT aus Asien: Die Asiaten kommen

Während die IT-Branche in Europa erst seit Jahresbeginn wieder einen zarten Aufschwung registriert, entwickeln sich die asiatischen Märkte, vor allem der Wachstumsmarkt China dynamisch. Das spiegeln auch die IT-Messen wieder. Während die Cebit in den vergangenen Jahren schmerzhafte Einbußen bei Ausstellern und Besuchern hinnehmen musste, verzeichnet die Cebit Shanghai laut Messe-Chef Ernst Raue steigende Zuwächse. Neue Messen wie die Bangkok International ICT Expo 2004 schießen wie Pilze aus dem Boden.

Auch auf den europäischen Messen wächst der Anteil der Aussteller und Besucher aus Fernost. Auf der diesjährigen Cebit kam fast die Hälfte der knapp 3.000 ausländischen Firmen aus Asien. Taiwan war mit mehr als 700 Firmen vertreten, China immerhin mit fast 200. Neben Branchenschwergewichten wie Sony, Samsung oder Benq nutzen vor allem zahlreiche in Europa noch unbekannte Hersteller die wichtigste internationale Kontaktmesse für die Suche nach neuen Absatz- und Vertriebswegen in Europa. Dabei werden sie von den staatlichen oder halbstaatlichen Handelsorganisationen ihrer Heimatländer unterstützt. So war der südostasiatische Stadtstaat Singapur in Hannover mit zwei Pavillons vertreten, in denen Hersteller, wie Kobian, Digisafe oder Tronic, mit Hochglanzprospekten für ihre Produkte warben. Um sich gegen die Flut von Billigelektronik aus Asien abzugrenzen suchen die Hersteller nicht nur OEM-Partner, sondern verstärkt Distributoren, um ihre Produkte unter dem eigenen Namen zu verkaufen, erklärt Timothy Toh, Direktor der stattlichen Handelsagentur International Enterprise Singapore (ie Singapore) in Frankfurt.

Auch Hongkong war so stark wie noch nie auf der Cebit vertreten. 144 IT-Firmen, davon 80 auf den Gemeinschaftsständen der halbstaatlichen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hong Kong Trade Development Council(HKTDC), suchten Partner für den Sprung nach Europa. Einen besonderen Anreiz bilde der osteuropäische Markt, der sich im Zuge der EU-Erweiterung herausbilde, erklärt HKTDC-Projektleiterin June Wang.

Vertriebsgesellschaften als Brücke zwischen Ost und West

Der Weg nach Europa ist nicht nur für asiatische Hersteller noch weit. Auch für Distributoren und Händler in Deutschland ist die Auswahl des richtigen Partners und geeigneter Produkte angesichts der Vielzahl von Anbietern aus Asien eine Herkulesaufgabe. Vertriebsgesellschaften wie Elito Electronic oder Press2-ADB verstehen sich als Mittler, die asiatischen Herstellern Vertriebskanäle nach Europa öffnen oder selbst aufbauen. Elito-Electronic mit Sitz in Pegnitz vertritt als Vertriebsrepräsentant unter anderem Plantronics Headsets, Tastaturen der Firma Keytronic und Produkte von Global Win. 1998 gründete das Familienunternehmen mit dem taiwanesischen Mainboardhersteller Epox die gemeinsame Tochterfirma Elito-Epox Computer GmbH, die als deutsche Niederlassung den Vertrieb der Epox-Produkte übernimmt.

Die Leistungen richten sich nach den Bedürfnissen der Partner und reichen von Marketingunterstützung über Service, Support, bis zur RMA-Abwicklung und Lagerhaltung. Auf Wunsch sucht Elito auch OEM-Partner oder übernimmt sogar die Distribution der Produkte. Meist arbeitet das Unternehmen aber mit den Distributoren API, Devil, Ingram, COS und Astra zusammen. Gemeinsam mit ihrem Mann, der für den Vertrieb zuständig ist, und ihrem Bruder, der die Technik verantwortet, ist Geschäftsführerin Marion Friedl ständig auf der Suche nach neuen Partner und lohnenden Produkten aus Fernost für den deutschen Markt.

Dafür nutzt sie vor allem die großen IT-Messen wie die Cebit, aber auch die Cebit Shanghai und die Computex in Taiwan. Außerdem hat das Unternehmen eine Partnerschaft mit der Marketing-Agentur Eurobizz in Kiel, die mit einer eigenen Niederlassung in Taiwan vertreten ist. »Wir sehen uns die Firmen genau an, ob sie für eine langfristige Partnerschaft geeignet sind«, erklärt Friedl. Mit Herstellern, die nur schnell einen Container mit Billigprodukten auf den Markt werfen wollen und danach nicht mehr liefern können, mache man sich schnell den Namen kaputt. Sie hat schon eine ganze Reihe von asiatischen Herstellern kommen und gehen sehen. Einige hatten versucht, selbst ein Office aufzubauen, scheiterten aber daran, dass die Mitarbeiter den deutschen Markt nicht kannten und keine Kontakte hatten. »Wer kein Geld in Marketing und den Aufbau der Marke stecken will ist meist schnell wieder weg vom Fenster«, weiß Friedl. Entscheidende Kriterien seien Qualität, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und dass die Produkte für den IT-Kanal geeignet sind. Auch bei der Produktplanung berät Elito. Manchem Hersteller müsste man erst einmal klarmachen, dass Riesenkartons für Miniaturprodukte die Frachtkosten in die Höhe treiben, Verpackungsmaterial umweltverträglich sein muss und in der EU zwei Jahre Garantie vorgeschrieben sind, erklärt Friedl. »Da steht dann sechs Monate Garantie auf der Verpackung und die wundern sich, dass sie nichts verkaufen«.

Auf der Suche nach dem Hersteller

Seit Ende vergangenen Jahres realisiert auch die Advanced Business Development Unit (ABD) der PR-Agentur Press2 Vertriebslösungen für nationale und internationale Unternehmen. Neben den wichtigsten Branchenmessen, zu denen er auch die IFA zählt, nutzt Press2-Geschäftsführer Thomas Mironiuk auch die Handelsorganisationen in den einzelnen Ländern für die Suche nach asiatischen Partnern. Bei den Dachverbänden (siehe CRN-Infokasten unten) kann man gezielt anfragen, welche Produkte oder Bauteile man suche. Sie leiten die Anfrage dann an geeignete Firmen weiter. Nach der Kontaktaufnahme über einen der Kanäle gelte es, die Angebote sorgfältig zu filtern und nach interessanten Produkten Ausschau zu halten, empfiehlt Mironiuk: »Jeder Distributor oder Vertriebsgesellschaft muss selbst sehen, was ins Portfolio passt«. Wer in Asien Geschäfte machen will, sollte sich zudem vorher über das Heimatland des Partners zu informieren. Kleine Aufmerksamkeiten, wie zweisprachige Visitenkarten oder die in Asien üblichen Gastgeschenke, sind bei Geschäftskontakten auf jeden Fall hilfreich. Geschäftsreisende sollten sich außerdem darüber im Klaren sein, »dass ein Ja nicht immer ja bedeutet, sondern eher vielleicht oder sogar nein«, meint Mironiuk. Auch technische und logistische Probleme dürfe man nicht unterschätzen: »Nicht immer ist im Container aus Asien drin was auf dem Lieferschein steht. Sie reden von technischen Spezifikationen, für den asiatischen Partner ist nur wichtig, dass das Produkt die geforderten Funktionen bietet.«

Bei Geschäften mit Fernost sollte man auch die Entfernung und Liefermodalitäten im Auge behalten und sich auf jeden Fall vorher beim Zollamt über die Importbestimmungen informieren. Importzölle, aber auch Währungsschwankungen müssen einkalkuliert und möglichst der Dollarkurs vertraglich fixiert werden. Die Lieferung erfolgt in der Regel nur nach Vorkasse, erst bei langfristigen Beziehungen sind Lieferungen auf Rechnung üblich. Außerdem weist Mironiuk daraufhin, dass nicht jeder Lieferant, der sich Hersteller nennt, auch einer ist. Gerade in Taiwan gibt es Hunderte Anbieter für Produkte, die aber nur in einer Handvoll Fabriken produziert werden. »Um preisgünstig einzukaufen, muss man herausfinden, wer das Produkt wirklich baut und wer nur am Weiterverkauf verdient«.

Muttersprachler als Türöffner

Ein Mitarbeiter aus dem asiatischen Zielland oder gar ein eigens Büro vor Ort erleichtern die Geschäftsbeziehungen ungemein. So ist die stellvertretende Geschäftsführerin von Jet Computer Chinesin. Der Spezialdistributor verkauft Komponenten wie PC-Gehäuse, Lüfter, Netzteile, aber auch Tastaturen von Herstellern aus Taiwan, China und Korea. Jet ist außerdem an einer Fabrik in Taiwan beteiligt und lässt dort Wasserkühlungen, Netzteile und Lüfter für die Eigenmarke Levicom produzieren.

Obwohl die Mitarbeiter in den staatlichen Handelsorganisationen zumeist englisch sprechen, würden die Verhandlungen durch einen chinesischsprachigen Mitarbeitern doch sehr erleichtert, stellt Jet-Geschäftsführer Andreas Jansen fest. Für direkte Verhandlungen mit einer Fabrik seien einheimische Kontakte ohnehin unerlässlich. Mit einem Kern von Herstellern arbeitet der Distributor schon sehr lange zusammen. Trotzdem hat auch Jet aus unterschiedlichen Gründen schon die Lieferanten wechseln müssen. So habe ein koreanischer Gehäusehersteller beim Design der Blenden mit der Entwicklung nicht mehr Schritt gehalten, bedauert Jansen. «Die Produkte wurden immer weniger nachgefragt und wir haben sie schließlich aus dem Programm genommen.« Auch nachlassende Qualität oder Differenzen über die Vertriebsstrategie hätten schon zur Beendigung der Zusammenarbeit geführt.

Europa im Visier

Besonders aus China drängen immer mehr Unternehmen auf den europäischen Markt, wie der Elektro-Riese Haier. Der Konzern, der auf der Cebit mit einem auffälligen Standdesign in Shocking-Pink Aufmerksamkeit erregte, ist weltweit der fünftgrößte Hersteller von Elektrogeräten. Seit Ende vergangenen Jahres gibt es eine europäische Niederlassung in Italien. In Deutschland hat seit kurzem der TK-Distibutor Herweck das Haier-Penphoneim Angebot. Seit Jahresbeginn forciert der chinesische Hersteller von Italien aus den Markteintritt in weiteren europäischen Ländern. Auch in Deutschland will Haier weitere Handys und Unterhaltungselektronik-Produkte, wie Flachbild-TVs und DVD-Geräte auf den Markt bringen.

Während sich die chinesischen Multis, oft ehemalige staatseigene Monopolisten, für den Marsch nach Europa rüsten, sind viele taiwanische und koreanische Hersteller hier schon eine feste Größe. Das gilt nicht nur für Markenhersteller wie Samsung oder Acer. Auch Newcomer wie der koreanische MP3-Spzialist iRiver, haben sich erfolgreich auf dem deutschen Markt etabliert. Das 1999 von ex-Samsung-Mitarbeitern gegründete Startup Reigncom ist heute nicht nur in Korea, sondern auch in den USA Marktführer bei MP3-Playern. Statt auf billige Noname-Produkte zu setzen, forcierte das Unternehmen seit 2002 den Aufbau der Marke iRiver. In Deutschland wurden die Produkte zunächst über einen Online Shop angeboten, bis Hans-Joachim Gruneck auf der Hongkong Fair 2002 mit dem Unternehmen in Kontakt kam. Der Vertriebsleiter von Kontiga Data übernahm den Vertrieb der iRiver-Produkte in Deutschland. Die Produkte verkauften sich schnell so gut, dass Kontiga mit der 100-prozentigen Tochter iRiver Germany eine eigene Vertriebsgesellschaft für iRiver gründete. Seit Anfang des Jahres gibt es außerdem eine Europa-Niederlassung. Gruneck führt den Erfolg von iRiver auf die innovativen Produkte und die Fokusierung auf einen Produktbereich sowie auf die Markenstrategie zurück. Der Hersteller bietet eine komplette Produktpalette an, vom günstigen Einsteigergerät bis zu High-End Multediaplayern, die auf der Cebit viel Aufmerksamkeit erregten. Künftig will iRiver verstärkt auf digital Entertainment- und Konvergenzprodukte setzen.

Eine ähnliche Strategie fährt der chinesische Zubehör-Anbieter MS-Tech, der seit drei Jahren mit einer eigenen Niederlassung in Deutschland präsent ist. Das Unternehmen aus Shenzen setzt für seine Mäuse, Tastaturen und Gehäuse nicht nur auf den Preis, sondern bemüht sich, die Marke aufzubauen und mit Services Kunden zu binden. Services, Lieferfähigkeit und gute Beziehungen zu den Distributoren seien besonders wichtig, um langfristig auf dem deutschen Markt zu bestehen, meint Geschäftsführerin Yun Zhang. Wer mit Niedrigpreisen nur auf das schnelle Geschäft setze, sei schnell aus dem Rennen. So gewährt MS-Tech drei Jahre Garantie auf seine Produkte. Händler, die sich registrieren lassen bekommen regelmäßig Aktionspreise oder Incentives. MS-Tech druckt für sie auch kostenlos Flyer mit den aktuellen Angeboten, die Händler dann mit ihren eigenen Preisen und dem Firmenstempel ergänzen können. Anfragen von Händlern nach Direkteinkauf, verweise man jedoch konsequent an die Distributoren API, Devil, Lion, Maxcom und Powertech, erklärt Zhang. Schließlich wolle man sich nicht den Kanal kaputt machen. Durch diese konsequente Partnerbindung ist es gelungen MS-Tech als B-Brand zu etablieren. Auch die Pleite einiger Distributoren im vergangenen Jahr habe das Geschäft nur kurz beeinträchtigen können, freut sich Zhang.

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Kasten

Ausgewählte Handelsorganisationen für den Kontakt nach Asien

Hongkong Trade Development Council (HKTDC): www.tdctrade.com
China External Trade Development Council (CETRA): www.cetra.org.tw
International Enterprise Singapore (ie Singapore): www.iesingapore.com
Japan External Trade Organization (JETRO): www.jetro.go.jp
Korea Trade Investment Promotion Agency (KOTRA) www.kotra.or.kr/eng/

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INFO

Eltio Electronic GmbH
www.elito-electronic.de

Eurobizz Marketing für die IT-Branche GmbH
www.eurobizz.de

Haier Electronics Europe S.r.l.
www.haier-electronics.com

iRiver Germany GmbH
www.iriver.de

Jet Computer Products GMBH
www.jet-computer.de

MS-Tech Europa GmbH
www.ms-tech.de

PRess2 GmbH
www.press2.de


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