IT-Dienstleister: Preisdruck dämpft Optimismus
IT-Dienstleister: Preisdruck dämpft Optimismus. Investitionsklima freundlich, Umsatzanstieg fest eingeplant: Die von CRN befragten Top-100-IT-Dienstleister gehen mit gut gefüllten Auftragsbüchern ins neue Jahr. Grund zum Jubeln hat die Branche aber nicht. Die Preise für IT-Services stehen gewaltig unter Druck, die Entlassungswelle bei großen IT-Dienstleistern dürfte diesen Trend noch beschleunigen.
IT-Dienstleister: Preisdruck dämpft Optimismus
Die Bilanz 2004 der SAP-Tochter SAP SI lässt keine Wünsche offen: Consulting-Umsatz um 24 Prozent auf 260 Millionen Euro gestiegen, die Sparte Managed Services, die für Leistungen wie Hosting und Applikationsmanagement steht, legte sogar rasant um 35 Prozent auf über 43 Millionen Euro zu. Mit Umsatzrenditen von fast 17 Prozent, beziehungsweise 27 Prozent, sind die Dresdner ein hoch profitabler IT-Dienstleister. Kein Wunder, dass die Muttergesellschaft SAP diese Perle wieder in den Konzern integriert. Repräsentativ für die überaus heterogene Anbieterlandschaft der IT-Dienstleister ist SAP SI freilich nicht. Die Wachstumsraten liegen weit über dem Marktdurchschnitt und die Profitabilität dürfte jenseits der Phantasie vieler Wettbewerber liegen. Dennoch: Die Stimmung unter den IT-Dienstleistern und Systemhäusern, die noch vor zwei Jahren sehr unter dem Sparzwang ihrer Klientel gelitten hatten, hellt sich deutlich auf, auch wenn die steigenden Umsätze nicht zwangsläufig die wirtschaftliche Lage mancher IT-Häuser verbessern.
»Unternehmen wollen mit gezielten Investitionen in neue IT-Technologien ihr Geschäft vorantreiben«, zog Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder auf der diesjährigen Messe System ein positives Fazit. Dies bestätigten eindrucksvoll die von Computer Reseller News im Oktober befragten Systemhäuser und IT-Dienstleister: 90 Prozent rechnen mit steigenden Umsätzen in 2006, fast ein Viertel der knapp 100 an der CRN-Untersuchung teilnehmenden IT-Häuser stellen sich sogar auf ein deutliches Wachstum ein. Lediglich elf Prozent gehen von stagnierenden, beziehungsweise rückläufigen Erlösen aus. Vor einem Jahr, als Computer Reseller News erstmalig die Top-100 der Branche vorstellte, lag die Zahl der Pessimisten noch doppelt so hoch.
Neben Software sind es vor allem IT-Services, die dem deutschen IT-Markt Wachstumsimpulse geben: Der ITK-Branchenverband Bitkom geht für dieses Segment von einem Plus von knapp fünf Prozent in diesem und nächstem Jahr aus, Gartner prognostiziert einen Zuwachs von sechs Prozent. Laut Bitkom würden IT-Services im nächsten Jahr in Deutschland ein Marktvolumen von knapp 30 Milliarden Euro erreichen. Ein Anteil von mehr als 40 Prozent an den gesamten Ausgaben für Informationstechnologie, während die Ausgaben für Hardware (einschließlich TK) nur mäßig um 0,7 Prozent auf ein Volumen von knapp über 34 Milliarden Euro steigen, so die Prognosen des Bitkom. Ein überdurchschnittliches Wachstum verzeichnet nach wie vor der Bereich Outtasking / Outsourcing, getrieben von Auslagerungen ganzer Geschäftsprozesse meist global agierender Kunden (Business Process Outsourcing).
Boom bei IT-Outsourcing
Davon profitieren in der Regel die ganz Großen der Anbieterszene: Acht der weltweit größten IT-Dienstleister im CRN-Top-100-Ranking verbuchten denn auch im vergangenen Jahr steigende Gesamterlöse, und auch in diesem Jahr stehen die Zeichen bei den allermeisten Anbietern auf Wachstum. Allen voran Accenture mit einem deutlichen Plus von über 15 Prozent. Seit Jahren steigt der Anteil des Outsourcing-Geschäfts bei diesem Konzern und beträgt nunmehr 39 Prozent; 61 Prozent der Erlöse gingen auf das Konto von Beratungsleistungen. Im laufenden Geschäftsjahr rechnet Accenture-Chef Bill D. Green ebenfalls mit einem knapp zweistelligen Umsatzplus.
Auch für Hewlett-Packard spielt die Sparte Services eine immer wichtigere Rolle. Im vergangenen Jahr verstärkten sich die Amerikaner auf dem europäischen Markt und kauften die IT-Tochter von Thyssen Krupp, Triaton (Jahresumsatz rund 370 Millionen Euro) sowie den britischen IT-Dienstleister Synstar (Jahresumsatz über 330 Millionen Euro). Der Anteil mit IT-Services am Gesamtumsatz kletterte auf knapp 18 Prozent. Wettbewerber IBM ist beim Ausbau seiner Dienstleistungssparte schon ein gutes Stück weiter: Fast jeder zweite Dollar, den Big Blue in 2004 umsetzte, ging bereits auf das Konto von Global Services. Ein Blick auf die Geschäftsbereiche der Sparte Global Services zeigt, dass IBM überdurchschnittlich gut beim Outsourcing-Geschäft abgeschnitten hat: 19,3 Milliarden Dollar, ein Plus von fast 13 Prozent, während IT-Beratung um 6,3 Prozent auf 13,8 Milliarden Dollar zulegte. Systemintegration (7,4 Milliarden Dollar) und Wartungen (5,7 Milliarden Dollar) legten dagegen lediglich um knapp über vier Prozent zu.
Auffallend ist die in der europäischen Region relative Schwäche des deutschen Markts für IT-Services, abzulesen an den Zahlen von SBS und T-Systems. Beide Firmen, die in ihrem Heimatland einen Großteil ihrer Erlöse erzielen, mussten als einzige unter den Top-100-IT-Dienstleis-tern Umsatzeinbußen hinnehmen. So kämpft die Siemens-Tochter SBS mit hohen personellen Überkapazitäten bei IT-Wartung. Die auf dieses Geschäft spezialisierte Tochter Sinitec mit 1.100 Mitarbeitern wurde bereits verkauft, weitere ausländische Servicebereiche, die produktnahe Dienstleistungen erbringen, sollen ebenfalls verkauft werden. Damit der Münchner Konzern wieder in die schwarzen Zahlen kommt und in den nächsten beiden Jahren 1,5 Milliarden Euro einspart, sollen weitere 2.400 Jobs in Deutschland sowie 3.000 Stellen im Ausland wegfallen und rund die Hälfte der bundesweiten Niederlassungen geschlossen werden.
Entlassungswelle
Zu Entlassungen greift übrigens nicht nur der defizitäre IT-Dienstleister SBS. Der Trend, Personal abzubauen, ist auch an profitablen Unternehmen wie IBM, HP und T-Systems abzulesen. Denn dem Preisdruck bei IT-Services können sich die Großen der Branche ebenso nicht entziehen wie kleinere und mittlere Systemhäuser, die seit Jahren verstärkt in den Markt für IT-Dienstleistungen drängen. So sank die operative Gewinnmarge bei HP im vergangenen Geschäftsjahr um fast zwei Punkte auf 9,2 Prozent. Hintergrund sind sinkende Margen bei Managed Services, aber auch geringere Gewinnspannen bei großen Outsourcing-Deals in den ersten Jahren der Vertragslaufzeit.
Das Marktforschungsunternehmen Berlecon Research hat bereits zu Anfang dieses Jahres die Branche unter die Lupe genommen und ebenfalls wie Computer Reseller News eine überaus gute Stimmung unter den IT-Dienstleistern ausgemacht, zumindest was die Umsatzerwartungen anbelangt. Sorgen bereiten den Anbietern dagegen die Preisentwicklung für IT-Services: Lediglich fünf Prozent der von Berlecon Research im Herbst 2004 befragten 160 IT-Dienstleister erwarten tendenziell steigende Preise, jedes fünfte Unternehmen dagegen rechnet mit einem Preisrückgang. »Vor allem die Tagessätze für einfache Arbeiten wie Implementierung stehen weiter unter Druck«, stellt Thorsten Wichmann, Geschäftsführer von Berlecon Research, fest. Bei vergleichsweise hochqualifizierten Arbeiten wie Consulting hätten die Anbieter leicht höhere Sätze durchsetzen können. Überbewerten sollte man diesen Trend allerdings nicht. »Die Tagessätze sind auf ähnlichem Niveau wie in 2002, erst für 2006 erwarten die Anbieter leichte Verbesserungen«, resümiert Wichmann.
Das allerdings ist keinesfalls sicher. Denn nicht nur bei SBS werden Stellen im großen Umfang wegfallen, sondern auch bei T-Systems, IBM und HP. Allein in Deutschland stehen dann rund 10.000 mehr oder weniger qualifizierte IT-Spezialisten auf der Straße, und viele werden sich wohl als Freelancer verdingen müssen. Branchenkenner rechnen daher mit einem knallharten Preiswettbewerb unter den Freiberuflern mit Stundensätzen von sogar deutlich unter 20 Euro. Unter diesen Konditionen können IT-Dienstleister ihre Angebote beispielsweise für Call-Center-Support noch günstiger gestalten, so dass die Endkundenpreise weiter fallen könnten.
(Übersichtstabelle in der Printausgabe!)