Doch kein Mangel an Ingenieuren?

»Klagen über Fachkräftemangel sind überzogen«

14. März 2012, 12:26 Uhr | Elke von Rekowski
Was denn nun? Am vielbeschworenen Mangel an Ingenieuren soll nicht viel dran sein (Foto: fotodesign-jegg.de - Fotolia.com).
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Die Klagen über einen alsbald eintretenden Mangel an Ingenieuren in Deutschland ebben nicht ab. Jetzt erteilt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) derartigen Befürchtungen eine Absage. Sie seien nicht nachvollziehbar.

Vor kurzem hatte zum Beispiel der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) erklärt, dass wegen des hohen Durchschnittsalters der Ingenieure ein enormer Ersatzbedarf entstehen werde. »Diese Befürchtung kann ich nicht nachvollziehen«, sagt Karl Brenke, Arbeitsmarkexperte vom DIW. Die Ergebnisse der DIW-Studie weichen stark von den Angaben des VDI ab. »Das Durchschnittsalter der Ingenieure ist in den letzten zehn Jahren zwar etwas gestiegen, im Schnitt sind Ingenieure aber jünger als andere Akademiker«, so Brenke. Der gegenwärtige Run auf ingenieurwissenschaftliche Studienplätze lasse eher ein Überangebot an solchen Fachkräften erwarten.

Seit Jahren beklage der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) einen Mangel an Ingenieuren in Deutschland. Mit seinen jüngsten Zahlen gebe er nun an, dass das Durchschnittsalter der Ingenieure bei gut 50 Jahren liege und daher in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Hälfte aller Ingenieure in den Ruhestand wechseln werde. Hieraus leitet der VDI schon heute einen jährlichen Ersatzbedarf von 40000 Ingenieuren ab. »Diese Forderungen kann ich nicht nachvollziehen«, sagt Brenke, der die VDI-Angaben den Daten des Mikrozensus und der Bundesagentur für Arbeit gegenübergestellt hat. Demnach ist keine ausgeprägte Überalterung bei erwerbstätigen Ingenieuren zu erkennen.

Laut Mikrozensus waren 2008 in Deutschland rund 750.000 Ingenieure tätig. Ihr Durchschnittsalter lag bei 43,3 Jahren. Weniger als ein Drittel von ihnen war 50 Jahre und älter. »Obwohl Ingenieure durch ihre lange Ausbildungsdauer vergleichsweise spät in den Arbeitsmarkt eintreten, liegt der Altersdurchschnitt nicht höher als bei anderen akademischen Berufen«, so der DIW-Experte. Er geht davon aus, dass sich die Altersstruktur der Ingenieure allenfalls geringfügig verschoben haben kann. »Ich halte es nicht für realistisch, dass von 2008 bis heute das Durchschnittsalter um sieben Jahre auf 50 bis 51 Jahre gestiegen ist«, so Brenke. Das werde auch durch die aktuelle Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit von Juni 2011 gestützt. Einen jährlichen Bedarf von 40.000 Ingenieuren – allein um die Ruheständler zu ersetzen – hält Brenke aufgrund der vorliegenden Zahlen für nicht realistisch. »Dann müssten alle erwerbstätigen Ingenieure, die heute 50 Jahre und älter sind, innerhalb von fünfeinhalb Jahren in den Ruhestand wechseln«. Das DIW Berlin geht von einem etwa halb so großen Ersatzbedarf an Ingenieuren für die kommenden Jahre aus. Dieser Bedarf lasse sich allein durch die Absolventen decken, die gegenwärtig aus den Unis kommen.


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