Konsolidierung beherrscht Volumendistribution
Konsolidierung beherrscht Volumendistribution. Die fetten Jahre sind vorbei. Zumindest für die Volumendistribution. Knappe Margen, starker Wettbewerbsdruck, stagnierende Verkäufe. Neue Konzepte sind gefragt. Die Broadline- und Volumen-Distribution durchläuft eine harte Phase der Konsolidierung.
Konsolidierung beherrscht Volumendistribution
Co-Autor: Samba.Schulte
Was die Distributoren derzeit umtreibt, ist das Geschäft, das längst nicht so läuft wie es eigentlich laufen sollte. Der Fachhandel gibt sich bei der Warenorder zurückhaltend, denn auch dessen Kunden kaufen weniger ein. Entsprechend flau verlief der Abverkauf klassischer IT-Waren in der ersten Jahreshälfte. Somit steht vor allem die Volumendistribution mit dem Rücken an der Wand und muss schon im Juni mit dem Jahresendgeschäft kalkulieren. »Ich sehe erst zum Weihnachtsgeschäft Licht. Es gibt keinerlei Indikationen, dass es kurzfristig besser wird«, gibt sich Thomas F. Huber, Zentraleuropachef bei Tech Data, ausgesprochen pessimistisch.
Die Konsumenten, aber auch die Geschäftskunden drehen jeden Euro mehrere Male um, bevor sie ihn in Waren investieren, die nicht unbedingt notwendig sind. Hinzu kommt ein immenser Wettbewerbsdruck, der von allen Teilnehmern an der Wertschöpfungskette ein Höchstmaß an Kreativität bei der Preisdefinition erfordert. »Wir müssen an allen Schrauben drehen«, sagt Peter Becker, Vorstandsvorsitzender der COS Distribution in Linden, stellvertretend für die Mehrzahl seiner Kollegen. Denn weniger denn je kann die Umsatzquote als Maßstab für die Rentabilität hergenommen werden. Immer knappere Handelsspannen fressen jedes Umsatzplus wieder auf. Außerdem kostet steigender Warenumsatz Geld.
So geht an keinem Volumendistributor der Konsolidierungskelch vorbei. Das hat zum Teil fatale Folgen. Nicht zuletzt für die einst so sicher geglaubten Arbeitsplätze, wie beispielsweise bei Tech Data. Bis zu 100 Mitarbeiter, so Huber, müssten wohl ihren Hut nehmen. Dass die Zahl nun doch noch nach unten korrigiert werden konnte (siehe auch Seite 12 der Printausgabe), wird als ein kleiner Hoffnungsschimmer gewertet. Trotzdem zeigt die Situation bei dem Broadliner, mit welchen Problemen die großen Distributoren zu kämpfen haben. Zurzeit kein Export, Entlassungen, Integration des Internet-Handels Avitos in die COS Distribution ? auch in Linden ist Konsolidierung in großem Rahmen angesagt. Denn ebenso wie die anderen Distributoren musste auch Vorstandschef Becker zugeben, dass die Zahlen unter Plan waren. Da stellt sich für Marktbeobachter schnell die Frage: Wohin steuert COS? Und: Wie weit kann sich ein Distributor, der mal die halbe Milliarde anpeilte, jetzt aber deutlich davon entfernt ist, konsolidieren? »Für uns steht das SMB-Geschäft im Vordergrund«, gibt sich Becker sicher. Aber kann das funktionieren, wenn überall die Schrauben bis zum Anschlag angezogen werden?
COS ist da kein Einzelfall: Gerade die mittelgroßen Distributoren mit Fokus auf das Komponenten- und Peripherie-Geschäft generieren zwar hohe Umsätze, kratzen aber häufig genug an der Null-Marge. Zum Beispiel Krystaltech, die Distributionssparte der Krystaltech Lynx Europe GmbH: Das Unternehmen sah sich gezwungen, seinen Großhandelsbereich zu restrukturieren, da man bei der Komponentendistribution unter immer stärkeren Margendruck geraten war. »Die Distribution ist ein hart umkämpfter Markt, der kein großes Wachstumspotenzial mehr bietet«, glaubt KLE-Geschäftsführer Stefan Baumeister. Also wurde das Portfolio gestrafft, Mitarbeiter frei gesetzt. Eine effiziente Kostenstruktur sieht Ingram-Micro-Chef Gerhard Schulz als grundlegendes Kriterium für geschäftlichen Erfolg in der Distributionsszene: »Wir haben die Prozessoptimierung in hohem Maße vorangetrieben.« Alle Prozesse seien bis ins Kleinste austariert: Zeitnaher Austausch sowie effizienter und schneller Abverkauf der Waren. »Der Abschreibebedarf auf Lagerbestände liegt je nach Saison gerade mal bei 0,1 bis 0,5 Prozent«, erklärt Schulz.
Dafür musste sich jedoch auch der Marktführer erst einmal schlank hungern: Im vergangenen Jahr wurde die zuvor weitgehend selbstständig agierende Netzwerke-VAD-Tochter Compu-Shack in die Broadline-Gesellschaft integriert. Back-Office-Funktionen wurden in die Dornacher Zentrale verlegt, die Logistik erfolgte fortan aus dem Straubinger Ingram-Logistikzentrum und die Bereiche Compu-Shack Production sowie die Schulungskapazitäten des VADs wurden abgegeben. Ähnlich gelang es der angeschlagenen Actebis in Soest unter Bärbel Schmidt durch einen konsequenten Sparkurs wieder auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Auch die Actebis-Gruppe musste dafür integrieren, entlassen und verkaufen. Actebis Deutschland und die Schwestergesellschaft Peacock gingen in der Actebis Peacock GmbH auf, die Marketing-Agentur S.A.M. wurde eingestellt und die Eigenmarken »Peacock« und »Targa« sowie der Schulungsbereich Peacock Campus verkauft. In Konsequenz spricht Gesellschafter Otto bei der Actebis-Gruppe von einem »erfolgreichen Turnaround«.
Die Volumendistributoren suchen, wie auch ihre Handelspartner, verzweifelt nach einem Allheilmittel gegen den Margendruck in den Commodity-Segmenten. Die Broadliner Ingram Micro und Tech Data setzen dabei künftig verstärkt auf margenträchtige VAD-Geschäftsfelder. Bei Tech Data könnte deshalb vor allem der erfolgreiche VAD-Bereich TD Midrange von der Restrukturierung weitgehend verschont bleiben. Ingram wildert nun mit einer eigenen VAD-Truppe zusätzlich auch im VAD-Software-Markt. Nischendistributoren und VADs, bislang vom Konsolidierungsdruck unbelastet, bekommen also Broadline-Konkurrenz, wobei sie weniger die Servicequalität als die Preispolitik der Broadliner fürchten müssen.
Auch das Segment Digital Lifestyle wollen die Broadliner nun erobern. Im Konkurrenzkampf gegen die klassischen UE-Anbieter sehen sich die IT-Distributoren im Vorteil, da sie extrem kosteneffiziente Zugänge zum Markt bieten können. Doch der Druck ist groß: »Bleibt der Erfolg bei den neuen Produkten aus, muss Actebis mit einem Umsatzrückgang von 30 Prozent im herkömmlichen Distributionsgeschäft rechnen«, meint Actebis-Peacock-Chefin Bärbel Schmidt.