Kostensparmodell Hausdruckerei. Die Europa Versicherung setzt auf den digitalen Druck im eignen Haus. InformationWeek Redakteurin Henriette Struss spricht mit Robert Budka, Abteilungsleiter Bürokommunikation und -organisation über die Umstellung vom Offset- zum Digitaldruck.
Aus welchen Gründen hatte sich die Europa Versicherung eine eigene Offsetdruckerei geleistet?
Wir hatten vor über 15 Jahren rechnerisch ermittelt, dass sich eine Hausdruckerei für uns lohnt. Als Direktversicherer müssen wir unsere Formulare möglichst immer auf dem neuesten Stand haben und flexibel und schnell reagieren können. Deshalb arbeiten wir mit kleineren Druckauflagen, in der Regel 5000 Stück. Bei dieser Auflagenhöhe ist eine Hausdruckerei schneller und kostengünstiger als eine externe Druckerei.
Was sprach für die Umstellung zum digitalen Druck?
Wir hatten bereits vor Jahren unsere Satzarbeiten von den herkömmlichen Satzmaschinen auf DTP-Programme umgestellt. Dadurch lief die Aufbereitung der Dokumente bereits digital und danach wurden analog Filme und Druckplatten erstellt und die Druckmaschinen eingerichtet. Wir hatten uns also schon seit längerem mit dem Digitaldruck beschäftigt. Qualität und Preis genügten uns aber noch nicht. Es galt die weitere Entwicklung zu verfolgen. Als uns Preis und Qualität endlich zufrieden stellten, führten wir eine Kosten-/ Nutzenrechnung durch.
Und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
Entscheidend war, dass wir theoretisch, durch den Wegfall der Druckvorstufe unsere Produktivität um 35 Prozent erhöhen würden. Durch Einsatz zum Beispiel eines Bookletmakers können wir vom PC aus den Druck von Broschüren wie etwa Versicherungsbedingungen starten und produzieren. Je nach Umfang der Schriftstücke - zwischen 24 und 48 DIN A4-Seiten - lassen sich so bis zu 1000 Stück täglich drucken.
Welche Geräte und Dienste nutzen Sie jetzt?
In unserer Hausdruckerei haben wir das Schwarzweiß-System Océ 2090 mit Bookletmaker im Einsatz. Weiter arbeiten wir mit dem Farbsystem Océ 170 und dem 7-Farbsystem Océ CPS 900 sowie einem Großflächendrucker bis zu einem Format DIN A0. Für bestimmte Druckaufträge wie Mailings setzen wir das Softwareprodukt Printshop-Mail ein. Die Druckaufträge erreichen uns von den Mitarbeitern in unserem Haus webgesteuert über die Software Docworks.
Warum haben Sie sich für Hard- und Software von Océ entschieden?
Wir nutzten bereits digitale Kopierer des Herstellers. Damals fiel die Entscheidung für diese Geräte allein über den Preis. Nun ist zwar Océ im Segment der digitalen Drucker nicht unbedingt am preisgünstigsten, doch ein Test hat ergeben, dass die Geräte unter jeder Belastung ihre Leistung und Schnelligkeit beibehalten. Darüber hinaus haben sie sich als kaum störanfällig erwiesen. Mit dem Service hat das den Ausschlag gegeben. Unser Leitmotto beim Einkauf lautet: Leistung preisgünstig nicht billigst einkaufen - denn die Leistung zählt genauso wie der Preis. Wie ging die Umstellung genau vor sich?
Es war eine Sache von Stunden nicht Tagen. Auf Grund anstehender Druckaufträge mieteten wir als erstes das Schwarzweiß-System Océ 2090. Die Netzanbindung lief problemlos und das Gerät war gleich einsatzbereit. Unsere Offset-Druckmaschine konnte sofort außer Betrieb gesetzt werden. Ein paar Wochen später haben wir sie dann demontiert und verkauft. Ähnlich verhielt es sich mit den Farbsystemen und dem Großflächendrucker. Je System benötigten wir von der Aufstellung bis zum Einsatz drei bis fünf Stunden. Danach begann sofort die Produktion. Zwei Zahlen hierzu: Das Schwarzweiß-System hatte nach sechs Wochen 1,2 Millionen A3-, das Farbsystem nach vier Wochen 188000 A4-Seiten produziert.
Nach wieviel Monaten hatten Sie den Return on Investment (RoI) erreicht?
Wir erreichten den RoI durch eine Produktivitätssteigerung von über 40 Prozent nach rund neun Monaten. Zu der unerwartet hohen Steigerung kam es auch, da die bestehende Hausdruckerei bei unserer Muttergesellschaft, der Continentale Versicherungsgruppe wegen anstehenden Pensionierungen und dem hohen Alter der Offset-Druckmaschinen geschlossen wurde. Das Druckvolumen wurde auf unser Haus übertragen und wir konnten es ohne Personalaufbau übernehmen.
Was sind für Sie die größten Unterschiede zwischen dem Offset- und dem Digitaldruck?
Die größten Unterschiede sind die direkte Verfügbarkeit, Print-on-Demand, Wegfall der Druckvorstufe und die Personalisierung im Druckvorgang, da die Geräte an das Unternehmensnetz gekoppelt sind.
Und wenn Sie die Druckqualität vergleichen?
Dann liefert der Digitaldruck bei uns die besseren Resultate. Beim Offset-Druck hatten wir bei Farbproduktionen immer wieder Farbverschiebungen. Wir mussten die Druckmaschinen wieder und wieder justieren und Probedrucke machen. Diese Anpassung entfällt beim Digitaldruck, weil der Farbverlauf hier immer gleichmäßig ist. Der Arbeitsschritt entfällt. Darüber hinaus wird noch weniger Papier verbraucht. Der Digitaldruck führt also zu einer Zeitersparnis beim Drucken.
Ja, wir setzen und drucken einmal jährlich den Geschäftsbericht der Europa Gesellschaften. Dieser Bericht hat einen Umfang von 84 A4-Seiten, in einer Auflagenhöhe von 600 Exemplaren. Bei diesem Druckauftrag sparen wir durch den Digitaldruck alleine in der Druckvorstufe 35 Arbeitsstunden ein.
Sie geben ja weiter einige Druckaufträge außer Haus in eine Offsetdruckerei. Ab welcher Druckauflage lohnt sich das in der Regel?
Jeder Druckauftrag wird bei uns vor
der Auftragsvergabe kalkuliert. Zu externen Druckereien geben wir zum Beispiel Druckaufträge von A4 bis A3 in Schwarzweiß, zweiseitig ab einer Auflage von 20000 Blatt. Auch Broschüren mit einer Stärke zwischen 24 und 48 A4-Seiten ab einer Auflagenhöhe von 5000 Stück geben wir an einen externen Dienstleister genauso wie farbige Drucke von A4 bis A3 zweiseitig ab 8000 Stück.
Was sind die Vorraussetzungen, dass sich eine digitale Hausdruckerei für ein Unternehmen lohnt?
Die Auflagenhöhen der Druckstücke dürfen nicht zu hoch sein, oder das Unternehmen hat einen Kunden- beziehungsweise Interessentenstamm, der regelmäßig schriftliche Informationen erhalten soll. Auch hierbei sollten die Auflagenhöhen ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. Fixe Mengen lassen sich dabei nicht festlegen. Doch sind noch andere Faktoren wie eine gut funktionierende Poststelle Vorraussetzung für den Erfolg einer Hausdruckerei. Am Ende ist sonst die Verteilung der Druckstücke ein Problem.
Warum schrecken viele Unternehmen vor dem Aufbau einer digitalen Hausdruckerei zurück und machen gar nicht erst eine Kosten-/Nutzenrechnung bezüglich einer möglichen Umstellung vom Offset- zum Digitaldruck?
Die Ursachen dafür liegen beim Personal und begründen sich in der Unternehmenstradition. Doch die Unternehmen tun sich keinen Gefallen damit, ihre Hausdruckereien stiefmütterlich zu behandeln. Dadurch ist der Maschinenpark zumeist alt und somit stör- sowie reparaturanfällig. Diese Hausdruckereien arbeiten in der Regel nicht mehr wirtschaftlich. Auch wir hätten mit Sicherheit eines Tages nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können, wenn wir nicht rechtzeitig auf den Digitaldruck umgestellt hätten. Wenn man seine Hausdruckerei behalten will, muss man die Kosten immer wieder im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsberechnungen überprüfen. Dies fällt Verwaltungsbetrieben wie zum Beispiel Versicherungen schwerer als Produktionsbetrieben, da ersteren das Verständnis für die Arbeitsläufe in dem Produktionsbetrieb Hausdruckerei fehlt.
Haben deshalb viele Versicherungen ihre Hausdruckereien aufgegeben und ihre Druckaufträge an externe Dienstleister ausgelagert?
Meine persönliche Meinung ist, dass im Versicherungswesen in den vergangen Jahren zu viel von Outsourcing und Kerngeschäft gesprochen wurde. So wurden zwar Kosten-/Nutzenrechnungen aufgestellt, doch diese wurden wie Statistiken den jeweiligen Wunschvorstellungen entsprechend interpretiert. Klar ist, wer seine Hausdruckerei aufgibt, verliert an Flexibilität. Der Tarifvertrag erschwert allerdings den Aufbau einer Hausdruckerei, denn die gelernten Mitarbeiter in einer Hausdruckerei lassen sich schlecht in den Tarifvertrag einordnen.