KI bei der Softwarelokalisierung

Maschinelle Übersetzung als Allheilmittel?

16. April 2025, 16:50 Uhr | Autorin: Jasmin Nesbigall / Redaktion: Sabine Narloch
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Softwareprodukte müssen immer schneller, effizienter und konsistenter in internationale Märkte gebracht werden. Der Übersetzungsaufwand gerade bei Handbüchern oder technischen Dokumentationen ist jedoch enorm. Maschinelle Übersetzung kann unterstützen – doch ganz ohne Mensch geht es nicht.

Die Anforderungen an die Softwarelokalisierung steigen kontinuierlich: kürzere Release-Zyklen, wachsender Internationalisierungsdruck und eine Vielzahl an Sprachen, die gleichzeitig bedient werden müssen. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Softwareprodukte schneller, effizienter und konsistenter in internationale Märkte zu bringen. Der Übersetzungsaufwand gerade bei Handbüchern oder technischen Dokumentationen ist jedoch enorm. Maschinelle Übersetzung – abgekürzt MT für Machine Translation – kann hier unterstützen. In der Praxis entsprechen die Ergebnisse jedoch oft nicht den hohen Erwartungen. Ein hybrider Ansatz aus KI und menschlicher Expertise erweist sich daher als die optimale Übersetzungslösung für die Softwarelokalisierung und kann nicht nur Übersetzungskosten senken und Markteinführungszeiten verkürzen, sondern auch die Skalierbarkeit der Übersetzungsprozesse verbessern.

Zwischen Automatisierung und Aufwand

Die Kombination aus maschineller Geschwindigkeit und menschlicher Kontrolle nennt sich MTPE – Machine Translation & Post-Editing. Dabei übernimmt ein neuronales Übersetzungssystem die Rohübersetzung. Anschließend überarbeiten erfahrene Übersetzer den Output, prüfen Terminologie, Stil, Konsistenz und technische Korrektheit. Gerade bei der Lokalisierung umfangreicher Inhalte wie Handbücher, Benutzerinformationen oder Supporttexte kann dadurch viel Zeit eingespart werden.
Doch dieser Effizienzgewinn gilt nicht pauschal. Besonders kontextarme Inhalte wie GUI-Texte (Graphical User Interfaces) stellen maschinelle Übersetzungssysteme vor Probleme. Diese bestehen oft aus isolierten Einzelwörtern oder kurzen Phrasen ohne grammatikalischen Kontext – beispielsweise „Abbrechen“, „Fertig“ oder „Daten übernehmen“. Da neuronale MT-Systeme auf statistischen Wahrscheinlichkeiten basieren, fehlt hier die nötige Kontextbasis, um die richtige Bedeutung zu erkennen. Das Resultat: fehlerhafte oder uneinheitliche Übersetzungen, die den Aufwand beim Post-Editing deutlich erhöhen und die Vorteile in den Punkten Kosten und Zeitersparnis schnell relativieren können.

Terminologie als Erfolgsfaktor – und Stolperstein

Ein weiterer zentraler Erfolgsfaktor bei MTPE ist die korrekte Verwendung von Terminologie. Unternehmen verfügen meist über vordefinierte Benennungen – etwa für Produkte, Module oder Funktionen –, die über alle Texte hinweg einheitlich verwendet werden sollen. Ohne klare Terminologie kann es passieren, dass das gleiche Wort je nach Kontext unterschiedlich übersetzt wird und die Nutzer verwirrt. Hier liegt eine wesentliche Schwäche maschineller Übersetzungssysteme.

Die Lösung kann die Einbindung von Terminologievorgaben in Form von Glossaren sein. In einem Softwareprojekt wurden beispielsweise 853 GUI-Einträge wie „Fertig“ oder „Abbrechen“ vorab manuell übersetzt und anschließend als Glossar im MT-System hinterlegt. Die Termini kamen etwa 4.000-mal im zugehörigen Handbuch vor, das per MTPE übersetzt wurde. Eine anschließende Auswertung ergab: Ohne Glossar hätten 1.517 Übersetzungsfehler in Bezug auf diese Termini vorgelegen – in rund 38 Prozent der Fälle hätte die Maschine folglich inkorrekt übersetzt. Mit Glossar sank dieser Wert auf 568 Fehler – also nur noch 14 Prozent. Der Aufwand für das Post-Editing konnte dadurch deutlich reduziert werden.

Auch beim KI-Einsatz: Qualität bleibt entscheidend

Viele Unternehmen scheuen sich davor, maschinelle Übersetzungen einzusetzen und äußern berechtigte Zweifel an der Qualität. Besonders im Bereich Software können Fehler in sicherheitsrelevanten Kontexten oder bei rechtlich verbindlichen Informationen schnell zu Problemen führen. Die Stärke des MTPE-Ansatzes liegt darin, dass menschliche Fachkräfte eingebunden und essenziell bleiben. Sie erkennen unpassende Übersetzungen, beheben semantische Fehler und sorgen dafür, dass sowohl der Ton als auch die Fachterminologie stimmt.

Die Qualität maschineller Übersetzungen steht und fällt außerdem mit der zugrunde liegenden Datenbasis. Unternehmensspezifische Terminologie, vorhandene Übersetzungen und relevante Formulierungen lassen sich in Translation Memorys und Glossaren speichern und so gezielt für KI-gestützte Übersetzungssysteme nutzen. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Daten strukturiert, konsistent und korrekt sind. Nur dann findet die KI die richtigen Daten – und wird nicht durch widersprüchliche oder veraltete Einträge ausgebremst. Saubere Datenbanken und klar definierte Terminologievorgaben können die Trefferquote erhöhen, die Konsistenz verbessern und den Aufwand beim Post-Editing reduzieren. Eine unsaubere oder unvollständige Datenbasis hingegen verlangsamt die Prozesse und macht sie im schlimmsten Fall ineffizienter als eine vollständige Humanübersetzung.

 

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