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Strategiewechsel

Siegfried Kaske – milliardenschweren »Müll« übernommen

Autor: Martin Fryba • 19.10.2006 • ca. 2:10 Min

Inhalt
  1. Maxdata muss Yakumo übernehmen
  2. Umsatz- und Gewinnwarnung
  3. Siegfried Kaske – milliardenschweren »Müll« übernommen
  4. Kommentar

»Garbage dump«, Müll abladen, nennen Bilanzexperten das, was die Metro AG beschlossen hatte: Die Auslagerung von Beteiligungen, die fortan nicht mehr zum Kerngeschäft und Bilanzierungskreis der Muttergesellschaft gehören sollten. Ein gutes, fragwürdiges Geschäft für Deutschlands unbekanntesten Konzernchef: Siegfried Kaske. Ende 1998 hatte die Metro die Trennung von 250 Tochtergesellschaften mit einem Umsatzvolumen von rund 16 Milliarden Mark beschlossen, darunter Firmen wie die Schuhkette Reno, der Textilmarkt Adler, eine Beteiligung am Mobilfunkunternehmen Debitel sowie die Computerhersteller Vobis, deren Beteiligung an Adam Riesig und der Eigenmarke Yakumo, sowie Maxdata. Übertragen wurden die Firmen mit einem Buchwert von zwei Milliarden Mark an die eigens dafür gegründete Verwertungsgesellschaft Divag (später Divaco), an der die Metro anfangs 49 Prozent hielt, die Deutsche Bank 39 Prozent und die Gerling-Versicherung zwölf Prozent. Den Umbau und Vermögenstransfer hatten zwei bis heute treue Weggefährten eingefädelt: Der damalige Metro-Chef Klaus Wiegandt und sein Finanzvorstand Siegfried Kaske. Beide sitzen heute im Aufsichtsrat der Maxdata AG. Kaske ist nicht nur Vorsitzender des Gremiums, der oberste Kontrolleur über das Management kontrolliert über seine Gesellschaft Fomax GmbH auch einen Anteil von knapp 48 Prozent am Marler Computerhersteller.

Kontrolliert und geführt wurde die Divaco von Anfang an von Siegfried Kaske. Die Metro sowie die Banken zeigten erstaunlich wenig Interesse an der Divaco und ließen Kaske weitgehend freie Hand. Großzügig zeigte sich Metro-Chef Hans- Jochen Körber, bis Oktober 2003 im Aufsichtsrat der Divaco, lediglich dann, wenn Kaske für die Abwicklung seiner Beteiligungen monitären Nachschussbedarf anmeldete. Dafür war allein die Metro zuständig. Allein 180 Millionen Euro steckte der Handelsriese 2002 in die Divaco. Die undurchsichtigen Zahlungen und Bürgschaften sollen in Folge auf 500 Millionen Euro angestiegen sein, schätzt der einstmalige Justiziar der Metro, Hannjörg Hereth. Der streitbare Jurist hatte in einem Urteil des Düsseldorfer Landgerichts vom September 2005 (Az 41 O 122/03) gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber Metro AG wenigstens einen Teilerfolg erlangt, da die Richter der Metro AG, die bis dahin jede Auskunft zur Divaco verweigerte, eine »beherrschende Stellung« über die Divaco-Gruppe unterstellen. Seine wiederholten Strafanzeigen gegen ehemalige und aktuelle Metrovorstände wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Betrug, Untreue, Bilanzfälschung und Steuerhinterziehung will die Staatsanwaltschaft Düsseldorf nicht aufgreifen. Ihr fehlen Indizien für einen Anfangsverdacht.

Zumindest rechtlich hatte sich Körber aber der lästig gewordenen Nachfragen von Aktionären zur Divaco Anfang Januar 2004 entledigt und einen »klaren Schlussstrich unter ihr Engagement der Vergangenheit« gezogen. Man habe die Divaco-Anteile im Rahmen eines Management- Buy-outs veräußert. Für einen Euro ging der Anteil an das »Divaco-Management«, sprich Siegfried Kaske, einschließlich eines Verzichts auf Forderungen gegenüber der Divaco in Höhe von 250 Millionen Euro. Damit nicht genug: Kaske erreichte, dass die mit 280 Millionen Euro in der Kreide steckende Divaco-Beteiligung Textilhandelskette Adler von der Metro für 60 Millionen Euro zurückgekauft und deren Verbindlichkeiten übernommen wurden. Über die Bedingungen einer zwischen Metro und Kaske vereinbarten Besserungsklausel – schließlich war die Divaco ja als Verwertungsgesellschaft der Metrobeteiligungen gegründet worden – rätselt die Öffentlichkeit bis heute.