Mehr IT-Investitionen in Krankenhäusern Die Abrechnung nach Fallpauschalen stellt Krankenhäuser und ihre IT vor neue Herausforderungen. Effizienzsteigerung und Kostentransparenz sind die Gebote der Stunde. Allein im Einkauf schlummert ein Milliardenpotenzial.
Der Wettbewerbsdruck auf die Krankenhäuser in Deutschland wächst. Dies spiegelt sich im anhaltenden Privatisierungstrend wider. Drei von vier Kliniken rechnen bis 2008 mit strukturellen Änderungen infolge des zunehmenden Kostendrucks. Der Grund dafür ist die Einführung des neuen Abrechnungssystems für die Gesundheitseinrichtungen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Häuser daher ihre Kosten senken. Kostentransparenz, strukturierte Behandlungsabläufe, effizienter Zugriff auf Informationen und Optimierung des Einkaufs sind wesentliche Hebel im Kostenmanagement. Die Grundlage all dieser Ansatzpunkte bildet eine effektive Informationstechnologie. Drei von vier Krankenhausentscheidern wollen daher bis 2009 in entsprechende IT-Systeme investieren. Das ergibt die aktuelle Studie »Krankenhaus Trend« von Steria Mummert Consulting. Ganz oben auf der Liste der befragten Fach- und Führungskräfte steht die Transparenz der Kosten. Dafür beabsichtigen acht von zehn Klinikentscheidern, in den nächsten drei Jahren kaufmännische Führungs- und Steuerungssysteme, wie beispielsweise die Kostenträgerrechnung, einzuführen. Auf diese Weise sollen die Kostentreiber in den internen Abläufen aufgespürt und optimiert werden. Hierfür erfasst das Personal die erbrachten Leistungen und die dafür benötigte Zeit vom Krankenhauspersonal in Form von digitalen Codes. Die Grundlage hierfür ist ein leistungsfähiges IT-System. Neben der reinen Datenerfassung soll dieses in der Lage sein, umfangreiche Reportings, wie monatliche Abteilungsberichte, für die Klinikleitung zu erstellen. So können die Krankenhausmanager mögliche Fehlkalkulationen frühzeitig erkennen und korrigieren.
Vergleich der eigenen Ausgaben mit der Konkurrenz
Darüber hinaus ermöglicht die Kostenträgerrechnung einen Vergleich unter den Häusern. Hierzu melden die Kliniken ihre Ausgaben, wie beispielsweise die Personalkosten, an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). Auf der Grundlage der gesammelten Informationen erstellt das InEK ein Kosten-Ranking der teilnehmenden Krankenhäuser. Somit können die Gesundheitsmanager die eigenen Ausgaben mit denen der Konkurrenz vergleichen, entsprechend angleichen und im Ergebnis weitere Kosten einsparen. Ergänzend dazu beabsichtigen die Klinikbetreiber, ihre internen Arbeitsabläufe zu optimieren.
Workflow-Systeme entlasten Ärzte
Dafür wollen mehr als neun von zehn Entscheidern bis Ende dieses Jahres ihre Krankenhäuser mit so genannten Workflow-Systemen ausrüsten und so Kosten- und Qualitätsvorteile erzielen. Auf diese Weise werden die Ärzte, beispielsweise bei der Durchführung der Untersuchungen, durch so genannte klinische Behandlungspfade (Clinical Pathways) unterstützt. Diese legen bereits bei Einlieferung des Patienten dessen Aufenthaltsablauf im Krankenhaus fest. Der IT-gestützte Workflow hilft dem ärztlichen Personal darüber hinaus, die bereits vorhandenen Daten für den nächsten Behandlungsschritt aufzubereiten und Dokumente und Aufgaben von Mitarbeiter zu Mitarbeiter effizienter und jederzeit zugriffsbereit weiterzuleiten. Vorteile für alle Beteiligten: Wartezeiten und Informationsverluste an Schnittstellen der stationären Versorgung entfallen, Untersuchungen und Therapiemaßnahmen können genauer und effizienter geplant werden. Darüber hinaus wird parallel zum Behandlungspfad der Ressourcenverbrauch erfasst. So kann die Klinikleitung die Abläufe ökonomisch bewerten. Außerdem führen Workflow-gestützte Behandlungen zu einer besseren Qualität in der Patientenversorgung. Trotzdem nutzt bisher nur etwa jedes zehnte deutsche Krankenhaus die IT-Unterstützung der klinischen Pfade. Der Grund: Viele Kliniken müssen zunächst umfangreiche konzeptionelle Vorarbeiten leisten, um beispielsweise Pfade zu definieren und in der IT abzubilden. Dabei haben fast alle Topmanager das Ziel der Kostenersparnis im Blick: Fast 90 Prozent der Krankenhausentscheider gehen von Einsparpotenzialen durch standardisierte Behandlungspfade aus. In Verbindung mit intelligenten Single-Sign-On-Systemen können im Behandlungsablauf zusätzlich Zeit und Kosten eingespart werden. Der behandelnde Arzt oder die Pflegekraft können sich mittels einer Smartcard an jedem Arbeitsplatz im Krankenhaus authentifizieren. Nach Eingabe eines einzigen, persönlichen Passwortes stehen alle Anwendungen für die eine Berechtigung hinterlegt ist zur Verfügung. Zeitraubende Mehrfachanmeldungen entfallen, bei Ortswechsel innerhalb des Hauses stehen die Daten sekundenschnell zur Verfügung. Diese Technologien werden durch die Einführung der Telematik Infrastruktur zusätzlich befördert. Jeder Arzt oder Pfleger im Krankenhaus wird künftig automatisch mit einer Smartcard der sogenannten »Health Professional Card« (HPC) ausgerüstet sein, die dann den Zugang zu allen Informationen kontrollieren kann.
Elektronische patientenakte
Weiteres Einsparpotenzial besteht für die Kliniken beim Erfassen der Patientendaten. Bisher erfassen noch rund drei von vier Krankenhäusern die Informationen rund um ihre Patienten auf Papier. Die elektronische Patientenakte soll Abhilfe schaffen. Neben den persönlichen Daten des Patienten werden auf einem speziellen Datenträger alle Untersuchungsergebnisse, wie beispielsweise EKG-Diagramme, Röntgenbilder oder Blutwerte gespeichert. Die elektronische Gesundheitskarte schafft künftig die Voraussetzungen für eine sichere intersektorale Kommunikation. So erhalten neben den Krankenhausärzten künftig auch niedergelassene Ärzte und andere Heilberufler mit Zustimmung der Patienten einen Zugriff auf die Akte. Dadurch können die Gesundheitsakteure besser und kostengünstiger bereichsübergreifend zusammenarbeiten, Doppel- sowie Fehlbehandlungen minimieren und die Liegezeit der Patienten reduzieren. Außerdem beabsichtigen zwei von fünf Krankenhäusern, den Einkauf durch entsprechende IT-Lösungen zu optimieren. Denn vielen Kliniken fehlt der Überblick über ihre Bestellungen. Der Grund dafür ist, dass in der Regel jede Station ihre Materialien selbst bestellt. Doch jede Bestellung im Krankenhaus erzeugt rund 100 Euro Abwicklungskosten, beispielsweise durch Personaleinsatz und Lagerung. Das benötigte Artikelsortiment soll daher künftig elektronisch erfasst und zentral bestellt werden. Das Ziel der Krankenhausbetreiber: die Suchkosten zu reduzieren und Fehler durch eine automatische Plausibilitätsprüfung zu minimieren. Darüber hinaus können durch gebündelte Bestellungen günstigere Einkaufspreise erzielt werden. Die Kliniken können auf diesem Wege rund jeden dritten Euro der Abwicklungskosten im Einkauf sparen. Insbesondere die Krankenhäuser der Maximalversorgung sehen Handlungsbedarf. Fast zwei von drei wollen ihren Einkauf überdenken. Je nach Größe einer Klinik ergibt sich durchschnittlich ein Sparpotenzial von bis zu zwei Millionen Euro pro Krankenhaus. Das entspricht bundesweit etwa rund drei Milliarden Euro pro Jahr. Horst Martin Dreyer ist Gesundheitsexperte von Steria Mummert Consulting