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Meinung: Keineswegs nur eine Frage des Geldes?

Meinung: Keineswegs nur eine Frage des Geldes?. Befürworter vorgefertigter Applikationen für ERP, CRM oder SCM führen vor allem ein Argument ins Feld: Die Entwicklung individueller Lösungen sei zu teuer, bei Standard-Software hingegen würde sich eine große Zahl von Nutzern die Kosten quasi teilen.

Autor:Redaktion connect-professional • 6.9.2006 • ca. 2:40 Min

Meinung: Keineswegs nur eine Frage des Geldes?

Doch bei näherer Betrachtung fällt zweierlei ins Auge: die zwangsläufigen Folgekosten von Standard-Software und die rasante technologische Entwicklung, durch die individuelle Lösungen immer günstiger
angeboten werden können.
Individual-Software muss heute nicht mehr zur Gänze neu programmiert werden. Durch die wachsende Zahl fertiger Komponenten und Bausteine können sich die Entwickler auf diejenigen Prozesse konzentrieren, die tatsächlich einer individuellen Programmierung bedürfen. Dadurch sinkt der
Arbeitsaufwand, was mit einer wesentlichen Verkürzung der Entwicklungsdauer einhergeht und mit einer deutlichen Kostenreduzierung.
Individual-Software wird darüber hinaus immer häufiger mit Browser-Front-end konzipiert. Alle Abläufe vollziehen sich auf dem zentralen Server. Da es am Arbeitsplatz keine Software gibt, ändern sich auch die Anforderungen an die
Hardware nicht. Kostenintensives Aufrüsten, wie es neue Standard-Software oft erfordert, ist damit überflüssig. Da der Zugriff über den ohnehin vorhandenen und vertrauten Web-Browser erfolgt, tendiert nicht nur der Installationsaufwand gegen Null, auch die Einarbeitungszeit minimiert sich.
Vor allem aber müssen keine teuren Einzelplatzlizenzen angeschafft werden. Bei Verwendung eines ERP-Produkts können sich diese je nach Menge der User schnell auf sechsoder gar siebenstellige Beträge summieren. Und es bleibt nicht bei dieser einmaligen Ausgabe: Jedes Jahr werden bei Standard-Software zusätzlich Wartungsgebühren fällig, die pro Lizenz 15 bis 25 Prozent des Einkaufswerts betragen. Bei Individual-Software hingegen entstehen wesentlich geringere Kosten; und auch nur dann, wenn es tatsächlich etwas zu warten gibt. Expandiert ein Unternehmen, muss Standard-
Software außerdem nachlizenziert werden. Um zwischen vorgefertigter Applikation und Eigenentwicklung zu entscheiden, sollte deshalb berechnet werden, wie stark sich die Aufwendungen für Lizenzen und Wartung in den Folgejahren voraussichtlich summieren werden. Hohe Anpassungskosten
Neben diesen grob kalkulierbaren Kosten gibt es solche, die sich im Vorfeld kaum berechnen lassen und die den Erfolg des Projekts ernsthaft gefährden können. Namentlich das Customizing, die Anpassung der vorgefertigten Applikation an das jeweilige Unternehmen. Ein Vorgang, der sich als umso langwieriger und kostspieliger erweist, je spezifischer die abzubildenden
Prozesse sind. Bei der Darstellung komplexer Geschäftsmodelle droht das Customizing vollends auszuufern und durch die immense Anzahl investierter Arbeitsstunden zu einem Fass ohne Boden zu werden. Nicht selten scheitern
vielversprechende IT-Projekte an einer Fehleinschätzung des hiermit verbundenen Arbeitsaufwands. Tatsächlich belegen seriöse Erfahrungswerte, dass eine Standard-Software teurer als eine Individuallösung wird, wenn mehr als 25 Prozent des Funktionsvolumens angepasst werden müssen. Vorteile durch individuelle Prozesse
Wenn aber Standard-Software nicht kostengünstiger ist, warum sollte ein Unternehmen dann auf die Vorteile einer maßgeschneiderten Anwendung verzichten? Schließlich verursacht die Anpassung der Standard-Software nicht nur Kosten. Oft bringt sie auch inhaltliche Nachteile mit sich: Statt einen Prozess optimal abzubilden, werden die Abläufe an die Applikation angepasst.Wie aber will ein Unternehmen so die notwendigen Alleinstellungsmerkmale erzielen? Individual-Software wird hingegen direkt nach den Anforderungen des Kunden konzipiert. Bei der Entwicklung können die Programmierer auf die neuesten Technologien zurückgreifen. So lassen sich innovative Prozesse entwickeln, mit denen sich ein Unternehmen gegen seine Mitbewerber abgrenzen kann.
Standard-Software hingegen ist zumeist in jahrelanger Entwicklungsarbeit entstanden und basiert in ihrer Grundstruktur oft auf veralteter Technologie.Meist ist eine unüberschaubare Anzahl an Funktionen gewuchert, die in einem konkreten Fall größtenteils nicht benötigt werden, das System
aber belasten. Überflüssige Funktionen stiften Verwirrung und erschweren die Bedienung der Software. Eine individuelle Applikation enthält stattdessen ausschließlich die Funktionen, die auch tatsächlich benötigt werden. Im Einklang mit den Prioritäten sind diese an prominenter Stelle vertreten, statt sich in Untermenüs zu verstecken. Die Folge: Die Abwicklung alltäglicher Geschäftsabläufe läuft mit maximaler Effizienz und Schnelligkeit ab.
Natürlich gibt es Aufgabenstellungen, bei denen Standard-Anwendungen gute Arbeit leisten. Gerade aber bei den kritischen Geschäftsprozessen sollte sich ein Unternehmen nicht vom vermeintlich günstigeren Anschaffungspreis einer
Standard-Software blenden lassen.

Dr. Raoul-Thomas Herborg ist Geschäftsführer des IT-Dienstleisters The Virtual Solution in München