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Branchengeflüster

Neue Deutsche

Neue Deutsche »Im internationalen Vergleich gehören die deutschen Fach- und Führungskräfte zu den optimistischsten«.

Autor:Markus Bereszewski • 26.4.2009 • ca. 1:20 Min

Markus Bereszewski

Das erstaunt, sind wir doch sonst bei unseren Nachbarn eher für die »German Angst« bekannt. Das Zitat stammt aus einer Pressemitteilung von Stepstone zu den Ergebnissen einer Befragung europäischer Arbeitnehmer. 45 Prozent der Deutschen sehen in der Krise demnach vor allem eine Chance, 18 Prozent fürchten nicht um ihren Status und nur 37 Prozent sehen eine Bedrohung in der heutigen Wirtschaftslage. Noch optimis­tischer sind nur die Franzosen und Nie­derländer. Woher diese neue »German Gelassenheit« kommt, darüber debattieren derzeit Wissenschaftler. Interessant ist vor allem, wie lange sie anhält. Denn davon könnte es abhängen, wie tief das Tal wird, durch das wir gehen müssen. Im Zuge der stark sinkenden Exporte erlangt die Binnennachfrage immer mehr Bedeutung. Eine Abwrackprämie auf Server, TK-Anlagen und Unternehmenssoftware wäre dennoch keine gute Idee, ebenso wenig wie im Automobil-Sektor. Hier wie da wären Ideen wichtiger, wie man mit den Menschen nach der Ernüchterung umgeht. Und diese wird kommen. In der deutschen IT-Branche halten sich die ­Kündigungen noch im Rahmen. Die Betroffenen mögen das als zynisch empfinden, aber die größte Weltwirtschaftskrise seit dem zweiten Weltkrieg kann das (noch) nicht (gewesen) sein. Viele Entlassungen werden derzeit noch auf Staatskosten verschleppt. Knapp zwei Millionen Anträge auf Kurzarbeit wurden bisher branchenübergreifend gestellt. Selbst Systemhäuser wie Bechtle und Cancom nutzen – nennen wir es einmal die Solidarität der Steuerzahler – um ihre Bilanzen zwischenzeitig zumindest punktuell vom Personalaufwand zu entlasten. Cancom-Chef Klaus Weinmann, Kaufmann durch und durch, nannte es gar »fahrlässig auf diese staatlichen Gelder zu verzichten«. Ein anderer Dienst­leister sagte mir letzte Woche: »Entlassungen helfen vielen auch nicht mehr, weil die Kündigungsfristen länger sind als die Überlebenserwartungen der Unternehmen«. Deprimierende Aussichten. Sollte die neue »German Gelassenheit« unter den kommenden Ereignissen leiden, können wir immer noch bei den Franzosen und Holländern nachfragen. Vielleicht sind Rotwein und Joints noch besser als deutsches Bier?!