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Regionale ITK-Messen: Lohnendes Lokalkolorit

Regionale ITK-Messen: Lohnendes Lokalkolorit. Für Systemhäuser mit Fokus auf ein Ballungsgebiet oder eine Region sind kleine, örtliche Fachmessen oft interessanter als die aktive Teilnahme an Großveranstaltungen wie der Cebit. CRN hat sich in Deutschland umgesehen und stellt die wichtigsten, regional orientierten IT-Schauen vor.

Autor:Redaktion connect-professional • 11.1.2006 • ca. 7:05 Min

Regionale ITK-Messen: Lohnendes Lokalkolorit

An großen Messen mangelt es der EDV- und Telekommunikations-Branche beileibe nicht. Doch während ein Besuch von Cebit, Systems & Co. für die Entscheider in den jeweiligen Unternehmen oft ein Muss ist, lohnt sich die eigene, aktive Teilnahme mit eigenem Messestand oder als Unter-Aussteller längst nicht in jedem Fall. Gerade für regional starke Systemhäuser, Entwickler oder Consultants sind die Mega-Messen kaum zu bewerkstelligen: Die Standpreise sind hoch und das eigene Personal ist sehr lange gebunden. Hinzu kommt, dass die Besucher viel zu stark international orientiert sind. Doch was nützt dem Frankfurter VoIP-Profi ein Kontakt nach China? Viel sinnvoller sind für diese Gruppe oft kleinere Ausstellungen in der jeweiligen Region.

Dresdner Dauerbrenner

Den Trend hin zur lokalen Präsentation haben zahlreiche Messeveranstalter bereits erkannt: Allein in diesem Jahr finden in Deutschland rund ein halbes Dutzend kleine Messen zum Themenkomplex IT/Telekommunikation statt. Hinzu kommen einige Spezialschauen wie die im vergangenen Jahr in Frankfurt aus der Taufe gehobene Messe ITeG (Informationstechnologie im Gesundheitswesen) oder die Kölner »Mac Expo«, die sich gezielt an Apple-Anwender richtet. Fast alle lokalen Ausstellungen dauern nur ein bis drei Tage und locken mit niedrigen Stand- und Eintrittspreisen.

Das Urgestein unter den regionalen IT-Messen ist die Dresdner »Comtec«, die bereits seit 15 Jahren stattfindet. Ideeller Träger der Sachsen-Messe ist das Wirtschaftsförderungs-Amt der Stadt Dresden, weitere Unterstützung kommt vom Mikroelektronik-Industrieverband Silicon Saxony e.V. Die Comtec konzentriert sich bewusst auf den Bedarf der kleinen und mittelständischen Wirtschaft und Kommunen der neuen Bundesländer. Schwerpunkt der Ausstellung sind Businesslösungen für Mittelstand und Kommunen in den Bereichen Voice-over-IP-Telefonie, IT-Sicherheit, Open Source und Datenmanagement.

Zusätzlich findet im Rahmen der Messe das so genannte »Fit for IT«-Mittelstandsforum statt. Das Forum legt den Fokus auf aktuelle IT-Lösungen zur Effizienzsteigerung und Optimierung in Produktion und Logistik. Insbesondere den Entscheidern in Unternehmen soll mit dem Forum eine Orientierungshilfe hinsichtlich Produktivitätssteigerungen und Kosteneinsparungen durch richtig eingesetzte Softwarelösungen geboten werden.

Die Comtec findet parallel zur Industriefachmesse IFM ? mit einem speziellen CAD/CAM-Ausstellungsbereich ? und zur Marketingfachmesse »Crossmedia« statt. Ziel der Themenkombination ist es, den kleinen und mittelständischen Unternehmen der Region eine möglichst umfassende Informationsplattform zu bieten.

Erwartet werden auch in diesem Jahr rund 400 Aussteller und rund 10.000 Fachbesucher ? womit die sächsische Veranstaltung die größte Regio-Messe ist. Parallel und themenübergreifend startet in diesem Jahr die neue Veranstaltung »TransferX ? Markt für Innovation« (www.messe-transferx.de), die sich auf den Wissenschaftstransfer zwischen Forschung und Entwicklung und der Industrie in ausgewählten Schlüsseltechnologien konzentriert. Der Eintrittspreis, der zum Besuch aller Messen inklusive Fachprogrammen berechtigt, ist mit zehn Euro moderat angesetzt.

Neue Ruhr-Schau

Ganz im Westen Deutschlands feierte 2005 eine weitere Messe ihre Premiere: Mitte November öffnete in der Dortmunder Westfalenhalle erstmals die »ProfIT« ihre Pforten. Nachdem die Essener »SummIT« im Jahr 2002 floppte, ist die Dortmunder IT-Schau mit Vortragsforen die einzige, breitgefächerte Ausstellung, die derzeit im Ruhrgebiet stattfindet. Gezielt richtet sich die neue Veranstaltung an den Mittelstand in der gesamten Rhein-Ruhr-Region.

Auf Ausstellerseite waren auf der Erst-Veranstaltung im vergangenen Jahr zahlreiche Firmen aus dem Systemhaus-Bereich vertreten, darunter das lokale Vorzeige-Unternehmen Materna GmbH. Weitere Teilnehmer waren der VoIP-Spezialist Swyx Solutions GmbH, der Internet-Verband Eco e.V. und das neu gestartete Multimedia-Netzwerk »Vier helfen gern« der Firmen Pixel Consult GmbH, Wecotec Weber GmbH, Zinknet-IT Systeme und Training Recht Ruhland. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund nutzte die Messe zum Launch ihrer neuen Internet-Datenbank »it-standort-dortmund.de«, die darüber informiert, welcher lokale IT-Anbieter welche Leistungen und Produkte anbietet. Fachlicher Träger der »ProfIT« ist der im vergangenen Jahr gegründete IT-Branchenverband »Networker NRW«. Dessen stellvertretender Vorstand Bernhard Kurpicz hält die neue Mittelstands-Schau für zukunftsträchtig: »Für die IT-Branche ist das Bundesland NRW einer der Absatzmärkte mit der höchsten Kundendichte hierzulande.« Insgesamt zählt das Bundesland Nordrhein-Westfalen etwa 280.000 kleine und mittlere Unternehmen, die IT-Lösungen einsetzen.

Trotz der relativ niedrigen Zahl von knapp 1.100 Fachbesuchern sehen die Veranstalter ihr Konzept bestätigt und planen für dieses Jahr eine Neuauflage. »Nahezu alle Firmen sehen die Qualität der geführten Gespräche als sehr hochwertig an«, versichert Westfalenhallen-Sprecher Dr. Andreas Weber. Für den ? wie in Dresden ? mit zehn Euro angesetzten Eintrittspreis konnten die Besucher neben der Messe ein umfangreiches Vortragsprogramm verfolgen. Die speziell für mittelständische Entscheider aufbereiteten Vorträge reichten von Voice over IP über Internet-Geschäftsprozesse bis zu RFID-Lösungen.

Rhein-Main-Leitmesse

Fest etabliert hat sich die Messe und Fachtagung »IT KOM«, die im Juni dieses Jahres in der Mainzer Phoenix-Halle bereits in fünfter Auflage stattfindet. Auch sie setzt eindeutig auf Regionalität, obwohl der Messeveranstalter gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Multimedia-Initiative »rlp-inform« die Messe als Kommunikationsplattform auch überregional ausbauen möchte. Für dieses Jahr rechnet die Stadt mit bis zu 85 Ausstellern (2005: 65 Aussteller), 28 Workshops und rund 1.200 Besuchern, die 18 Euro Eintrittsgeld zahlen müssen (12 Euro bei Online-Buchung). Positioniert wird die eintägige Schau (7. Juni) als »Leitmesse der Informations- und Kommunikationstechnologie im Rhein-Main-Gebiet«. Immerhin: Während die meisten Groß-Messen einen stetigen Besucherschwund verzeichnen, können die Mainzer im fünften Jahr in Folge wachsende Besucher- und Ausstellerzahlen vorweisen. Finanziert wird die Schau zu 25 Prozent von der Stadt Mainz und dem Bundesland Rheinland-Pfalz und zu 75 Prozent über Ausstellungs- und Eintrittsgebühren sowie durch Sponsorengelder.

Die thematischen Schwerpunkte setzen die Veranstalter in diesem Jahr in den Bereichen Digital Asset Management (Speicherung und Verwaltung von Grafiken, Videos und Musikdateien) und in Content Management Systemen zur Optimierung von Geschäftsprozessen in den Bereichen Marketing und Vertrieb. Darüber hinaus soll es erstmals einen Existenzgründer-Pavillon geben, der jungen Unternehmen die Möglichkeit bietet, sich kostengünstig in einem professionellen Umfeld zu präsentieren. Die Vorbereitungen für die diesjährige Messe laufen in der Projektleitung bereits jetzt auf Hochtouren: Zahlreiche Firmen im Rhein-Main-Gebiet wurden angeschrieben, rund 50 Prozent der verfügbaren Standflächen sind bereits belegt.

Low Budget in Berlin
Premiere feierte im vergangenen Jahr auch die »IT Profits« in Berlin. Auf der Fachmesse präsentierten rund 80 Unternehmen, Brancheninitiativen und wissenschaftliche Einrichtungen aus Berlin und Brandenburg auf insgesamt 1.300 Quadratmetern Produkte und Dienstleistungen zu den sechs Schwerpunkt-Themen »Mobilität und Kommunikation«, »Sicherheit mit IT«, »E-Government«, »Geoinformation und Infrastrukturen«, »Telematics« sowie »Internet und Telekommunikation«. Mit rund 90 Vorträgen und 16 Workshops in insgesamt zehn Veranstaltungsreihen bot die neue Ausstellung auch ein umfangreiches Kongressprogramm. Aussteller waren im vergangenen Jahr unter anderem die Arxes Informationsdesign-Berlin, b+m Informatik, Condat, PSI und der Carrier Versatel.

Auch im Mai dieses Jahres geht die Messegesellschaft wieder an den Start; erneut sollen hauptsächlich Anbieter aus der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg und den anderen ostdeutschen Bundesländern ihre IT-Lösungen für Unternehmen und die öffentliche Verwaltung präsentieren. Offensiv wirbt die Messe mit ihrem »kompakten und kostengünstigen Messekonzept«, sowohl bei den Ausstellungskonditionen als auch beim Eintrittspreis (acht Euro). Zudem wird die kurze Veranstaltungsdauer, die »dem knappen Zeitbudget von Ausstellern und Besuchern entgegenkommt«, hervorgehoben.

Karlsruher Visionen

Auch im Südwesten der Republik hat sich mit der »Midvision« eine IT-Messe etabliert, die in diesem Jahr zum vierten Mal stattfindet. Die Aussteller betonen den regionalen Charakter der Schau: Die Midvision sei die IT-Fachmesse für den Mittelstand in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Elsaß. Der Eintrittspreis liegt mit 15 Euro (Tageskarte) bzw. 25 Euro (Dauerkarte) auf etwas höherem Niveau als im Westen und Osten der Republik.

2006 setzen die Karlsruher thematisch auf folgende Schwerpunkte: Customer Relationship Management (CRM), Enterprise Resource Planning (ERP), IT-Sicherheit, Business Process Management und Produktionsplanung und -steuerung. Eine Besucherbefragung im Jahr 2005 hat gezeigt, dass diese Themen auf großes Besucherinteresse stoßen: 22,4 Prozent der Besucher gaben an, dass sie wegen CRM- und ERP-Lösungen zur Messe gekommen waren. An zweiter Stelle wurde mit 14,2 Prozent IT-Sicherheit genannt.

Außerdem ermittelte der Veranstalter in seiner Besucherbefragung interessante Details zur Struktur des Fachpublikums: 70,7 Prozent der Midvision-Besucher treffen in ihrem Unternehmen Beschaffungsentscheidungen, 19,4 Prozent führen bei Entscheidungen eine beratende Tätigkeit aus. Deutlich wurde auch der regionale Charakter der Ausstellung: Zwar reisten Besucher aus ganz Deutschland an, doch zu 95 Prozent kamen die Gäste aus dem Süden und der Mitte.

Den Messestandort Karlsruhe bewerteten 81,6 Prozent als gut und 84,2 Prozent planen, auch die kommende Fachmesse wieder zu besuchen. Die Befragung aus Baden-Württemberg verdeutlicht, dass die kleinen Messen insgesamt gut angenommen werden und sie IT-Unternehmen mit regionaler Stärke oft die beste Möglichkeit zur Selbstdarstellung und Kundengewinnung bieten.

Kommentar

Kaum hat das neue Jahr begonnen, steht die IT-Branche auch schon wieder vor dem Messe-Event des Jahres, der Cebit. Intern bedeutet das für viele Mitarbeiter in den Unternehmen: Überstunden, Urlaubssperre, Stress. Wer nicht nur für einen Tag als Besucher nach Hannover kommt, kann ein Lied davon singen.

Egal ob Cebit, Systems oder andere Großmessen: Ist eine Firma dort mit einem eigenen Messestand vertreten, sind gute Gespräche, neue Kontakte und Geschäftsabschlüsse das Ziel. Und allen Unkenrufen zum Trotz bietet eine solche Messe auch genau diese Möglichkeiten. Doch gerade für kleinere Systemhäuser, Consultants oder Entwickler ist der eigene Stand auf einer Mega-Messe oft utopisch.

Das größte Problem sind dabei oft gar nicht die Standpreise, sondern die Faktoren Zeit und Zielgruppe: Kleinere Betriebe können es sich nicht erlauben, das dringend daheim benötigte Personal für eine Woche zur Messe zu schicken. Und was nützt dem Netzwerk-Haus aus Nürnberg ein Messebesucher aus Massachusetts? In der Regel rein gar nichts, denn die Kundschaft wohnt gleich vor der Haustür.

Natürlich spielen die Großmessen eine ganz zentrale Rolle. Sie sind der wichtigste, alljährliche Branchentreff. Doch trotz Globalisierung sind auch heute noch tausende Kleinunternehmen und Mittelständler hauptsächlich in einer Region aktiv. Kontakte zu diesen potenziellen Kunden lassen sich oft auch trefflich auf lokalen IT-Messen wie in Dresden oder Dortmund knüpfen. Wer das weiß, kann gleich viel entspannter nach Hannover fahren.

(Ausführliche Übersichtstabelle in der Printausgabe!)