Ringdale sammelt Token Ring-Firmen ein. Ringdale, eine Tochtergesellschaft der britischen Firma Network Technology, kauft sich die Reste der letzten verbliebenen Anbieter von Token Ring-Produkten zusammen und hofft, damit noch zwei Jahre Geschäfte machen zu können. Die längerfristigen Perspektiven sind dagegen eher vage. Andere Bereiche stehen bei Ringdale inzwischen längst im Vordergrund.
Der Witz ist mittlerweile nun schon fast so alt wie die Technologie selber: »Token Ring gleich Toter Ring«, der Markt sei am Ende. Ganz stimmt das allerdings nicht, denn die Zahl der noch bestehenden Installationen, für die Ersatz- oder Zusatzgeschäft möglich ist, wird allgemein unterschätzt. Aber auch die zweite, in diesem Zusammenhang gerne benutzte Phrase, »Totgesagte leben länger«, trifft nicht ganz zu. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Wo genau, das hofft jetzt die britische Firma Network Technology, die für ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft innerhalb kurzer Zeit mit N Lynx und Madge zwei Dinosaurier im Token Ring-Markt gekauft hat, demnächst herauszufinden.
Im Mai 2004 nahm IBM die Token Ring-Adapter von Madge in sein »Vendor Branded Options Program« auf und stellte die eigene Produktion ein. »Es ist schon erstaunlich, welche und wie viel Großkunden noch einen Token Ring Backbone haben«, meinte damals Guy Goodman, zu dieser Zeit Sales Director Central Europe bei Madge. Drei oder vier Jahre sehe er durchaus noch gute Geschäftsmöglichkeiten im Token Ring-Umfeld. Dennoch versuchte Madge, sich ein zweites Standbein aufzubauen: Eine Reihe von WLAN-Produkten mit Security-Fokus sollte dem Hersteller neue Märkte erschließen. »Aber wir können uns jetzt nach dem Abkommen mit IBM dabei mehr Zeit lassen«, meinte Goodman damals dazu. Das war jedoch ein Trugschluss, bevor der Erfolg kam, ging Madge in Konkurs.
Klaus Bollmann, CEO bei Network Technology, teilt im Großen und Ganzen Goodmans Einschätzung des Marktes für Token Ring. Da jedoch inzwischen nahezu zwei Jahre ins Land gegangen sind, hat sich auch die Zeitspanne verkürzt, in der sich noch profitable Geschäfte machen lassen: »Obwohl Twinax und Token Ring Legacy-Produkte sind, ist für diese Technologien in den nächsten zwei Jahren in Bereichen, in denen eine komplette Neuausstattung der IT-Infrastruktur nicht in Frage kommt, durchaus noch Bedarf vorhanden.« Dies sei vor allem bei Netzwerkkarten für PCs der Fall, heißt es aus dem Unternehmen. Denn dort, wo das Netzwerk das alte bleibe, komme dennoch gelegentlich ein neuer PC hinzu, der dann entsprechend ausgestattet werden müsse. Ansonsten hat Ringdale in diesem Segment eine Token Ring Bridge im Angebot, die zur Migration auf Ethernet verwendet werden kann. Das Kerngeschäft des Unternehmens ist aber inzwischen, gerade in Deutschland, die relativ komplexe Drucklösung »Follow Me«.
Vertriebspartner sehen die noch vorhandenen Marktchancen für Token Ring-Produkte etwas vorsichtiger. Jürgen Fischer etwa, Geschäftsführer der Firma UBF EDV Handel- und Beratung aus Castrop-Rauxel, setzt sich noch mit den Token Ring-Produkten von Madge auseinander, das Wireless-Angebot des Herstellers ist für ihn dagegen kein Thema. Das Neugeschäft hält sich in Grenzen: »Neue Produkte verkaufen wir eigentlich nur, wenn es um den Übergang von Token Ring zu Ethernet geht, da die Verfügbarkeit von Gebrauchtware hier sehr schlecht ist, oder bei Adapterkarten, da es hier wenig Sinn macht, auf gebrauchte zurückzugreifen«, berichtet Fischer. Insgesamt aber, so Fischer, schlafe der Markt für Token Ring allmählich wirklich ein.
Auch die Firma Ifon ? Ingenieurbüro für optimierte Netzwerke aus dem westfälischen Ense beschränkte sich beim Madge-Geschäft auf die Token Ring-Produkte des Herstellers. »Man glaubt es nicht, aber gelegentlich gibt es doch noch Neuinstallationen«, bestätigt Geschäftsführer Stefan Müller. Die würden sich jedoch meist auf kleinere Ergänzungen zu bestehenden Token Ring-Installationen beschränken. Den Löwenanteil des Geschäftes haben aber auch bei Ifon Produkte für den Übergang von Token Ring auf Ethernet-Strukturen ausgemacht. Müller sieht die Übernahme mit gemischten Gefühlen, gehen ihm dadurch doch die vertrauten Ansprechpartner verloren.
Da Ringdale nach dem Madge-Konkurs lediglich die Assets des Unternehmens übernommen hat, wird das Geschäft mit den deutschen Mitarbeitern des eigenen Unternehmens weitergeführt. Die Madge-Crew zählte offenbar nicht zu den strategischen Assets, der Brand dagegen schon: Folgt Ringdale seiner bisherigen Strategie, wird der Markenname weiterhin genutzt werden.
Ähnliches gilt auch für die Übernahme von N Lynx. Das Unternehmen betreute den deutschen Markt bisher aus Großbritannien, war hierzulande also wenig präsent. Das bisherige Geschäft wird nun von Ringdale aus Mannheim betreut. Im Token Ring-Markt ist N Lynx vor allem im IBM-Umfeld aktiv gewesen. Thin Clients, die das Unternehmen auch angeboten hat, wurden ausschließlich als Ersatz für alte Twinax-Terminals eingesetzt. Auch dies ein zwar schrumpfender, aber lukrativer Markt, wie ein Ringdale-Sprecher gegenüber CRN versicherte. Auch künftig sollen die N Lynx Clients nicht in Konkurrenz zu den Geräten der etablierten Anbieter wie Wyse, Igel oder Neoware treten. Wahrscheinlich ist vielmehr, dass sie künftig im Rahmen der biometrischen Zugangslösungen von Ringdale zum Einsatz kommen.
Die Wireless-Strategie von Madge, mit der sich das Unternehmen ein zweites Standbein aufbauen wollte, hat nicht gegriffen. Marktteilnehmer sprechen in dem Zusammenhang vom Yeti ? von dem habe man zwar auch schon mal gehört, aber gesehen habe ihn noch keiner.
Der Distributor TLK nahm im Sommer vergangenen Jahres die Wireless-Lösungen von Madge, insbesondere die als Enterprise Access Server und »Probe 2« bezeichneten Kontrollinstanzen für drahtlose Infrastrukturen, ins Programm. Interessant für den Distributor war vor allem die Intrusion Detection Funktion: »Probe 2« stellt fest, wer WLAN und Bluetooth funkt und der Enterprise Access Server dient als Controller, der mehrere dieser Probes verwaltet. Das Angebot blieb aber ein Nischenprodukt, auch, wenn sich durchaus einige Reseller fanden, die es erfolgreich verkauften. Andere, großspurig angekündigte strategische Aktivitäten für die WLAN-Lösungen verliefen im Sande oder kamen nie zu Stande.
Für Ringdale, den neuen Besitzer der Madge-Assets, stehen die Wireless-Lösungen ebenfalls nicht im Vordergrund. Geplant ist, die vorhandenen Geräte noch abzuverkaufen und dann eine Generalüberholung des Systems vorzunehmen. Ein neues Betriebssystem und eine Windows-basierende Administrationsoberfläche sollen dem Produkt aus der Nische helfen.
Warum meldet ein Unternehmen wie Madge, das sich in einem zwar schrumpfenden, aber für Spezialisten durchaus lukrativen Markt bewegt, Konkurs an? Neben windigen Ankündigungen und einer zumindest undurchsichtigen Distributionsstrategie gehört dazu auch ein ganzes Stück Trägheit: Über Jahre hinweg hat es das Unternehmen nicht geschafft, sich als Ersatz für den schon lange absehbaren, allmählichen Rückgang des angestammten Geschäftes ein neues Standbein aufzubauen. Der Schritt in den WLAN-Markt war ein schwacher, halbherziger Versuch, bei dem der Branchenveteran von Neulingen und Start-Ups ohne Probleme in kürzester Zeit abgehängt wurde. Fazit: Wer zu spät kommt, den bestraft der Markt ? schlimmstenfalls eben mit dem Konkurs.
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