Schwedische Piratenpartei erleidet Schiffbruch

19. September 2006, 5:24 Uhr |
Blieben bei der Reichstagswahl nur eine skurile Fußnote: Die schwedische »Piratpartiet«

Mit dem Ziel, eine politische Vertretung für die Interessen von Filesharern und Open Source Anwendern zu bieten, gründete sich Anfang dieses Jahres die schwedische »Piratpartiet«. Bei den Wahlen zum schwedischen Reichstag erzielte die Partei nun ein enttäuschendes Ergebnis.

Das Recht auf die Erstellung einer Privatkopie, die Entkriminalisierung von Filesharing, die Förderung von Open Source Software – zur Verwirklichung dieser Ziele gründete sich Anfang 2006 die schwedische »Piratpartiet«. Die neue Partei legte dabei einen echten Erfolgsstart hin: Schon weniger als 24 Stunden nach der Gründung hatte man die in Schweden für eine Registrierung nötige Schwelle von 2.000 Unterschriften überschritten und auch bei der Rekrutierung von Parteimitgliedern lief alles unerwartet gut. So gut sogar, dass das schwedische Vorbild in der Folge in ganz Europa Nachahmer fand.

Die Neuwahl zum schwedischen Reichstag am vergangenen Sonntag war nun der erste echte Test für die Erfolgschancen der politischen Partei und für alle Enthusiasten eine herbe Enttäuschung. Mit 0,63 Prozent der abgegebenen Stimmen blieb man deutlich unter der erforderlichen Vier-Prozent-Hürde. Insgesamt gaben 34.918 Schweden der »Piratpartiet« ihre Stimme. Wieder einmal bestätigt sich damit die Erkenntnis, dass es One-Issue-Parteien schwer haben, in einem fest gefügten politischen Spektrum Platz zu finden. Selbst lokale Ausnahmen wie die Münchner Autofahrer- und Steuerzahler-Partei oder die Hamburger Partei Rechtsstaatliche Offensive (»Schill-Partei«) hatten immer nur ein kurzes Schicksal.

Von den harten Realitäten des politischen Geschäfts unbeirrt zeigen sich die Initiatoren der deutschen Piratenpartei. Sie führten am 10. September in Berlin ihre Gründungsveranstaltung durch und treten mit ihrem neu verabschiedeten Grundsatzprogramm nun den langen Weg zur Europawahl 2009 an, wo man sich erstmals dem Wähler stellen will. Man sei keine reine »Filesharing-Partei« erklärte anlässlich der Parteigründung Christof Leng, einer der Initiatoren der politischen Bewegung. »Das ist nur der Aufhänger, weil es sehr viele Leute betrifft.« Ein kurzer Blick in das Parteiprogramm zeigt dennoch, dass außer dem allgemeinen Bekenntnis zu einer freien Informationsgesellschaft noch recht wenig Substanz vorhanden ist. Da bleibt einiges zu tun, wenn die deutsche Piratenpartei nicht das Schicksal ihrer schwedischen Parteigenossen erleiden will.

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