Die Finanzkrise hat gezeigt: Scoring-Verfahren sollten nicht mehr isoliert entwickelt, sondern in einen Gesamtzusammenhang gestellt werden, um wirtschaftliche Risiken besser abschätzen zu können. Dafür wiederum müssen die IT-Komponenten gut zusammenspielen.
Scoring ist eine interdisziplinäre Methode zur Erkennung und Bewertung von Risiken und Potenzialen. Die Einsatzgebiete sind weit gestreut: Kreditwirtschaft, Marketing, Medizin oder Qualitätssicherung, um nur einige von vielen zu nennen. Im Risikomanagement werden diese Verfahren schon seit Jahrzehnten eingesetzt. Allerdings wird Scoring, wie für Kreditanträge (Kreditscoring), Limitsteuerung oder Abwanderungsprävention meist immer noch als Insellösung konzipiert. Die Synchronisierung mit den Frühwarn- und Krisenpräventionsfunktionen eines unternehmensweiten Risikomanagements ist deshalb nur schwer möglich. Selbst die Implementierung von Scoring Modellen in das operative Umfeld erfolgt oft manuell, mit zum Teil erheblichen zeitlichen Verzögerungen, obwohl sich die Predictive Model Markup Language (PMML) als international standardisierte Data-Mining-Schnittstelle schon seit geraumer Zeit durchgesetzt hat (siehe http://www.dmg.org/v4-0/GeneralStructure.html).
Angesichts der gegenwärtigen Krise stellt sich die Frage, ob diese Praxis noch geeignet ist, um die heutigen Risiken rechtzeitig erkennen und akkurat bewerten zu können. Dynamik und Komplexität der Geschäftsprozesse haben ebenso zugenommen wie der Zeitdruck, unter dem Entscheidungen in stark volatilen Märkten getroffen werden müssen. Dies hat die Risikolage von Unternehmen fundamental verändert. Spektakuläre Finanzskandale wie Enron oder Worldcom haben zu verschärften gesetzlichen Bestimmungen (Sarbanes Oxley Act) geführt und auch der aktuelle Vertrauensverlust im Finanzsektor wird weitere Regulierungen in bestehenden Bestimmungen (Basel II, Solvency II, KonTraG, BilRegG, IFRS) nach sich ziehen. Das Risikomanagement steht unter Druck, denn Transparenz im Umgang mit Geschäftsrisiken ist unumgänglich, besonders in riskanten Zeiten. Davon hängen letztendlich die Ratings der Unternehmen ab und damit verbunden die Kosten der Kapitalbeschaffung.