Server – mehr Power als nötig
»Doppelte Kerne, 64-Bit-CPUs und erweiterte Virtualisierungsfunktionen verpassen kommenden Servergenerationen einen enormen Leistungsschub.«
Dieser Tage erhalten Standard-Server den größten Performance-Schub seit Jahren. Sowohl AMD als auch Intel etablieren Prozessoren mit 64-Bit-Technologie und Doppelkernen.Bei gleich bleibender oder gar sinkender Taktrate steigt die Performance der Server auf einen Schlag um 60 bis 90 Prozent.Noch halten die Hersteller ihre Preise für Dual-Core-CPUs hoch. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis die Preise auf das Niveau der heutigen Einzelkern-CPUs sinken. Schließlich wird es ab dem kommenden Jahr so gut wie keine neuen CPUs mit einem Kern oder 32-Bit-Instruktionsset mehr geben. Bislang kommen viele Standard-LAN-Dienste ohne 64-Bit-Adressierung aus. Es wird daher noch eine ganze Weile dauern, bis sich 64-Bit-Betriebssysteme und -Anwendungen auf dem Markt etablieren. Doch gerade kleinere Netzwerke können vorerst noch gut darauf verzichten. Die x86-64-Architektur erreicht eigentlich erst dann einen Vorteil gegenüber den 32-Bit-Systemen, wenn Anwendungen mit einem Speicherbedarf größer als 4 GByte zum Einsatz kommen.
Die besten Verkaufszahlen erreichen Server-Hersteller derzeit mit Dual- CPU-Systemen. Dank Doppelkernen könnte es hier einen Umschwung zu Uni-CPU-Rechnern mit vergleichbarer Rechenleistung geben. Den Schritt auf 64 Bit werden zuerst die Linux-Anwender gehen. Nahezu alle Distributionen und damit auch die darin enthaltenen quelloffenen Anwendungen stehen für x86-64-Systeme zur Verfügung. Ein wenig länger dauert die Migration der Windows-Systeme. Zwar liefert Microsoft sowohl XP-Clients als auch Windows-2003-Server für die neue Architektur. Doch die meisten Applikationen und auch Hardwaretreiber lassen noch auf eine 64-Bit-Variante warten. Aus technischer Sicht hat AMD die Nase vorn. Die dezentrale I/O- und Memory- Controller-Architektur verschafft dem Opteron wesentliche Performance- Vorteile in Systemen, die mit vielen getrennt voneinander arbeitenden Anwendungen operieren. Intels Front-Side-Bus-Architektur sorgt für Flaschenhälse bei der I/O-Kommunikation. Doch der Chip- Riese schläft nicht und legt Anfang 2006 verbesserte Chipsätze nach, um auf AMD aufzuholen.
Der Itanium hingegen verliert zunehmend an Akzeptanz.Mit x86-64 können PC-Server-Anwender sanft skalieren und bestehende 32-Bit- Applikationen auch auf der 64-Bit-Plattform weiter verwenden. Damit spielt Epic kaum eine Rolle mehr in diesem Bereich. Auch bei Supercomputern befindet sich der Itanium auf dem Rückzug. In der Top- 500-Liste der schnellsten Computer tauchten Ende 2005 nur noch halb so viele Itanium-Systeme auf wie im Vorjahr. Folglich zieht sich diese CPU weitgehend auf den Unix-Markt von HP zurück. Dort steht der CPU eine harte Konkurrenz gegenüber. Intels Power-5 liefert eine enorme Performance und hält nun auch in kleineren Servern Einzug. Sun bereitet das Debüt des Multithread-Prozessors Ultrasparc T1 vor, der mit acht physischen Kernen insgesamt 32 Threads parallel verarbeiten kann.
Auch die Virtualisierung auf Intel-Standard-Servern geht einen riesigen Schritt nach vorn. Anfang 2006 präsentieren Intel mit »Virtual Technology « und AMD mit »Pacifica« erweiterte Kommandosets für x86-64- Prozessoren, welche die Systemvirtualiserung auf Chipebene erlauben.
Ein Virtual-Machine-Hypervisor wie VMWare, Xen oder Virtual-Server muss dann die CPU nicht mehr austricksen, um parallel verschiedene Systeminstanzen zu betreiben.Vielmehr kooperieren Hypervisors künftig mit den Prozessoren. Das hat auch zur Folge, dass reguläre Betriebssysteme ohne Modifikation innerhalb virtueller Maschinen arbeiten. Bislang kann das freie Xen beispielsweise nur Linux-Rechner mit einem modifizierten Systemkern in VMs packen.Mit VT funktioniert dann auch Windows innerhalb einer Xen-VM.
Während die Server-Hardware mit einem wahren Feuerwerk neuer Funktionen aufwartet, bleibt es bei den Betriebssystemen erst einmal ruhig. Zur Cebit 2006 stellt Microsoft eine Vorab-Version des kommenden Windows-Vista, Codename »Longhorn«, vor. Es wird jedoch bis Ende 2006 dauern, bis Vista tatsächlich Marktreife erlangt. Erst für 2007 peilt die Gates-Company an, ein neues Server-Betriebssystem auf Basis des Vista-Kerns vorzustellen und damit den Windows-2003-Server abzulösen. Linux-Anwender verlassen sich zunehmend auf den Kernel 2.6, und ein größeres Update auf 2.8 oder gar 3.0 steht nicht unmittelbar bevor.
2006 wird also ein gutes Jahr, um neue Serverhardware anzuschaffen und sich mit den neuen Technologien vertraut zu machen. Da kommt es den Administratoren entgegen, dass neue Betriebssysteme noch ein wenig auf sich warten lassen.