Erst das Fressen, dann die Moral

Shitstorm im Wasserglas

19. Februar 2013, 15:24 Uhr | Martin Fryba

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Preis schlägt Shitstorm

Preis schlägt Shitstorm – das ist die moderne Variante der Brechtschen Erkenntnis, wonach erst das Fressen und dann die Moral kommt. So war es nach Medienberichten über Bespitzelungen der Lidl-Mitarbeiter, über ausbeuterische Verhältnisse beim chinesischen Apple-Produzenten Foxconn, so wird es auch im Fall Amazon sein: Kunden kaufen allein wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses, beobachtet Roselieb. Anders als etwa im arabischen Frühling, wo sich eine politisierte Öffentlichkeit mittels Facebook und Twitter organisierte und Diktatoren stürzte, neigen saturierte Wohlstandsgesellschaften nicht dazu, ihre kollektiven Kräfte auch tatsächlich auszuspielen. »Solange der Konsument nicht bereit ist, vom gemütlichen Wohnzimmertisch aufzustehen, sich durch Staus in die Innenstadt mit teuren Parkgebühren zu quälen und das Buch wieder im Laden zu kaufen, hat Amazon keinen wirklichen Grund für eine Richtungsschwenk – Shitstorm hin oder her«, gibt Roselieb zu bedenken.

Immerhin zeigen wütende Proteste gegen Unternehmen auf Facebook eines: Die Gesellschaft hat das Unrechtsbewusstsein noch nicht gänzlich verloren, auch wenn sie nur reflexartig über soziale Medien auf unhaltbare Zustände aufmerksam macht. Um systemimmanente Missstände zu beseitigen, ist das zu wenig. Amazon-Deutschland-Chef Ralf Kleber kann auf das kurze Gedächtnis des Verbrauchers zählen, dafür muss er nicht einmal auf die PR-Dienste einer Krisenhotline für den Shitstorm zurückgreifen.


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  2. Preis schlägt Shitstorm

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