Sicherheit am PoS: Trends bei Kassensystemen und Zahlungsverfahren

10. November 2005, 0:00 Uhr |

Sicherheit am PoS: Trends bei Kassensystemen und Zahlungsverfahren. Durch Betrugsfälle mit gestohlenen Kredit-, EC- und Zahlungskarten entstanden dem deutschen Einzelhandel 2004, laut Schätzungen der Unternehmensgruppe Steria Mummert Consulting, Forderungsausfälle in Höhe von rund 54 Millionen Euro. 11.125-mal wurde 2004 der Diebstahl von Plastikgeld angezeigt ? im Vergleich zu 2003 ein Anstieg um neun Prozent.

Sicherheit am PoS: Trends bei Kassensystemen und Zahlungsverfahren

Immer wieder sorgen Meldungen über EC- oder Kreditkartenbetrug für Aufsehen. So berichtete etwa die Münchener »Abendzeitung« am 24.10. von einem Arbeitslosen, der in der bayerischen Landeshauptstadt 200 Geschäftsleute um insgesamt 50.000 Euro erleichterte. Der 21-Jährige eröffnete im Januar 2005 bei einer Bank in München ein Konto und erhielt eine EC-Karte. Ohne jemals nur einen Cent einzuzahlen, ging Markus H. auf Shoppingtour. Gezielt suchte er sich dabei Ladenlokale aus, die keine PIN-Nummer, sondern lediglich eine Unterschrift verlangen, bevorzugt Apotheken. Besonders gerissen: »Manchmal täuschte Markus H. durch ein fingiertes Telefonat noch im Geschäft vor, dass er die Ware nun doch nicht mehr brauche und ließ sich das Geld bar wieder ausbezahlen«, so die Abendzeitung. Nach sechs Monaten schloss die Bank wegen der vielen Rücklastschriften das Konto und erstattete Anzeige.

Das Münchner Schlitzohr ist jedoch kein Einzelfall. Der deutsche Einzelhandel verlor aufgrund betrügerischer Einkäufe mit gestohlenen Karten 2004 rund 54 Millionen Euro. Außerdem schätzt Steria Mummert Consulting, dass Händlern 1,7 Millionen Euro Bearbeitungsgebühren für geplatzte Lastschriften entstanden. Auf gestohlene EC-Karten entfiel fast die Hälfte aller Betrugsfälle beim bargeldlosen Bezahlen. Dennoch sind nach Ansicht des Beratungsunternehmens viele Händler immer noch zu sorglos: Die Zahlung per EC-Karte mit PIN-Eingabe dauert ihnen zu lange. Das Lastschriftverfahren sei für den Handel günstiger und schneller. Daher wurde 2004 fast jeder fünfte Kauf per EC-Lastschrift bezahlt. Lediglich neun Prozent aller Einkäufe wurden mittels EC-Karte mit PIN-Eingabe getätigt. Bei einem überzogenen Konto melden die dafür geeigneten Terminals üblicherweise »Karte nicht akzeptiert« ? der Kauf kommt nicht zu Stande.

Es gibt aber auch noch einen anderen Grund, warum das Lastschriftverfahren ? die Zahlung nur mit Karte und Unterschrift ohne Eingabe der PIN-Nummer ? im Handel bevorzugt wird: Bei einer Zahlung mit PIN-Nummer fallen für Händler zusätzliche Gebühren an. 0,3 Prozent der Einkaufssumme oder mindestens acht Cent werden fällig, außerdem muss entsprechende Technik für den Point of Sale angeschafft werden. Experten schätzen die Verluste aus Ausfällen dagegen auf weniger als 0,1 Prozent des Umsatzes. Stimmt das, dann wäre es für Händler letztendlich günstiger, das Risiko des Lastschriftverfahrens einzugehen, als in ein sichereres System zu investieren.

Zahlungsmix als Alternative

Dem widerspricht die Firma Easycash. Sie verspricht die Vorteile von EC Cash mit denen der Lastschriftverfahren OLV und ELV zu kombinieren. Das Online-Lastschriftverfahren OLV preist Easycash als schnelles, sicheres und kostengünstiges Zahlverfahren an, das sinnvoll mit EC Cash kombiniert werden kann, um die Kosten des Händlers zu reduzieren. Noch günstiger sei das Lastschriftverfahren ELV, das jedoch auf eine Prüfung der Daten verzichtet und keinerlei Autorisierung vornimmt. Es birgt so das höchste Ausfallrisiko. Bei der Kombination der Zahlverfahren legen individuelle Autorisierungslimits fest, bei welchem Kaufbetrag welche Zahlungsart zum Einsatz kommt. Händler profitieren so bei hohen Beträgen von der Zahlungsgarantie von EC Cash, während sie kleine Beträge schnell und kostengünstig per Lastschriftverfahren buchen. OLV-Transaktion wird mit der Händlerweisungsdatei ? kurz HWD ? abgeglichen, bevor sie autorisiert wird. Bundesweit melden über 100 Handelsketten eingehende Rücklastschriften an die HWD, die Sperrdatei kommt so auf über 1,1 Millionen Einträge. Karten, für die offene Rücklastschriften bestehen, werden gesperrt, bis alle Forderungen beglichen sind. Außerdem wird auffälliges Kaufverhalten bei OLV mit Hilfe des so genannten Scorings ermittelt. Bei einem Verdacht auf Missbrauch ? der etwa entsteht, wenn mit einer Karte innerhalb weniger Stunden wiederholt hohe Summen gezahlt werden ? wird die Transaktion nicht genehmigt.

Kreditkarten gewinnen in Deutschland unterdessen an Beliebtheit ? sowohl bei Kunden als auch im Handel. Im vergangenen Jahr waren rund 21,26 Millionen Kreditkarten im Umlauf, fast vier Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Die Zahl der erfassten Betrugsfälle ging im Vergleich zu 2003 dagegen um 21 Prozent auf 17.057 Fälle zurück. »Ein Grund für den Rückgang der Schadenfälle bei Kreditkarten ist, dass die Kreditkarteninstitute Betrugsfälle zentral erfassen und dadurch die Strategien und bevorzugten Geschäfte der Betrüger besser kennen«, weiß Mummert Consulting-Experte Johannes Prinz. Somit würden viele Kartendiebe bereits beim Zahlvorgang entlarvt. Mit einem so genannten »Fraud-Monitoring« könnten auch Banken die Zahl der EC-Karten-Missbräuche senken, meint Prinz. Dazu müssten sich die Banken jedoch zunächst auf ein gemeinsames Erfassungssystem einigen ? bei der stark gegliederten deutschen Bankenlandschaft ein schwieriges Unterfangen.

Die polizeiliche Kriminalstatistik des Jahres 2001 registrierte insgesamt 48.610 Betrugsfälle mit rechtswidrig erlangten Kunden-, Service- und EC-Karten mit PIN an Geldausgabe- bzw. Kassenautomaten. Damals gerieten besonders Kreditkarten als unsicheres Zahlungsmittel in die Schlagzeilen. Nicht zuletzt sei daran die Art schuld gewesen, wie die Statistik erstellt wurde, bemängeln Branchenkenner: Kreditkarten und EC-Karten ohne PIN wurden in einen Topf geworfen. Seit der Trennung in der Statistik sieht es für Kreditkarten deutlich besser aus. Für 2001 nahm Mummert noch ein Betrugsvolumen von 21 Millionen Euro an und rechnete mit einer mindestens eben so hohen Dunkelziffer. 2003 sollen nur noch etwas über elf Millionen Euro Schaden durch missbräuchlich verwendete Kreditkarten entstanden sein, 2004 habe das Schadensvolumen bei rund acht Millionen gelegen.


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