Arques übernimmt Siemens-»Gigaset«

Siemens kappt letzten Rest seines Telefongeschäfts

1. August 2008, 4:59 Uhr | Martin Fryba
Schluss nach 160 Jahren Telefongeschäft - für SHC-Marketingchef Stephan Wippermann war schon nach wenigen Monaten Schluss bei Siemens.

Mit Telegrafen und Telefonen ist Siemens groß geworden. Jetzt trennt sich Siemens auch vom letzten Rest der Traditionssparte Telefon und verkauft Siemens HC (»Gigaset«) an Arques. Die zuletzt heftige Kritik an Siemens und Arques prallen an den Firmen ab.

Siemens kappt endgültig alle Wurzeln und trennt sich vom letzten Rest seines Telefongeschäfts: Die Tochter Siemens Home and Office Communications (SHC) wird zu 80,2 Prozent von der Starnberger Beteiligungsgesellschaft Arques übernommen. SHC ist bekannt durch die Marke »Gigaset«, zwei Drittel des Umsatzes von 792 Millionen Euro erwirtschaftet SHC mit Schnurlostelefonen »Gigset« und bezeichnet sich in diesem Segment als europäischer Marktführer. Ein Kaufpreis nennt Arques nicht, das Kartellamt muss dem deal noch zustimmen.

Arques hat sich verpflichtet, drei Jahre lang die Standorte in München und Bocholt zu erhalten. In Bocholt arbeiten 1.400 Mitarbeiter. Arques will die Marktführerschaft von SHC im Premium-Preissegment ausbauen, unter anderem durch Investitionen in innovative Produkte im Bereich Voice-over-IP sowie das internationale Geschäft noch weiter ausbauen, skizziert Arques-Chef Michael Schumann.

Wenige Tage zuvor hatte Siemens den Verkauf seiner Telefonanlagensparte für Firmenkunden gemeldet. Die Sparte stand schon seit längerem zum Verkauf an (CRN berichtete ).

Eine skandalöse und Image schädigende Situation, wie sie durch den Verkauf der später insolventen Handysparte an den taiwanischen Konzern BenQ entstanden war, will Siemens dieses Mal vermeiden. Der Konzern bemüht sich explizit um seine ausgelagerten Mitarbeiter. »Bei der Auswahl des Partners waren uns standort- und beschäftigungssichernde Maßnahmen besonders wichtig«, sagt Siemens-Finanzchef Joe Kaeser. »Eine gute Perspektive in einem starken Unternehmen mit Zukunft«, versucht auch Arques-Chef Schumann Irritationen bei den Siemens-Beschäftigten zu zerstreuen.

Über Irritationen seiner Aktionäre, die durch die neuerliche Übernahme verstärkt werden könnten, setzt sich Schumann mit dem Kauf von SHC hinweg. Arques war auf der letzten Hauptversammlung stark kritisiert worden, weil Arques mit dem Kauf der Distributoren Actebis Peacock, NT Plus sowie der Tiscon von seiner bisherigen Strategie abgewichen war, nur sanierungsbedürftige Firmen zu kaufen und diese nach einer Restrukturierung wieder zügig zu verkaufen. Außerdem ist das Portfolio von Arques durch die Übernahme des in Deutschland zweitgrößten Distributors Actebis Peacock stark IT-lastig.

Und wird es durch die mehrheitliche Übernahme von SHC noch mehr. Außerdem: Einer Sanierung bedarf es bei SHC offenbar nicht, wenn man sich Schumanns Interpretation anschließt. »SHC ist ein substanzstarkes Geschäft mit gesundem operativen Kerngeschäft und hohem Wertsteigerungspotenzial«.


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