Nahezu jede Frau in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) kann von diesen Momenten erzählen, in denen sie sich sagte: „Kein Wunder, dass die Branche zu wenig weiblichen Nachwuchs hat. Wer möchte schon in solch überholten Strukturen arbeiten?“
Bedingt durch demografische Veränderungen und Fachkräftemangel sind hochqualifizierte Frauen in der IT-Branche immer stärker gefragt. Aktuell sind bereits knapp 150.000 IT-Stellen unbesetzt. Ohne Frauen werden es Unternehmen künftig schwer haben, wettbewerbsfähig zu bleiben. Glücklicherweise brechen viele alte Denkmuster langsam auf. Wie können – und müssen – Firmen jetzt also aktiv dazu beitragen, diesen Prozess voranzutreiben und Gender Equality zu fördern?
Die IT-Branche ist geprägt von einem deutlichen Geschlechtergefälle. In Deutschland hat jedes zehnte Unternehmen überhaupt keine weiblichen Mitarbeitenden, so eine Bitkom-Studie. In mehr als Dreiviertel der Firmen beträgt der Frauenanteil weniger als 25 Prozent. Die Studie betont zudem, dass Frauen gerade in Führungspositionen stark unterrepräsentiert sind. Diese Gegebenheiten sind besonders beunruhigend, wenn man sich vor Augen hält, dass IT-Stellen heute im Schnitt 7,7 Monate vakant sind und allgemein damit gerechnet wird, dass sich die Lage noch verschärft.
Die Studie zeigt jedoch auch, dass sich viele Entscheidende mittlerweile der Problematik bewusst sind und Maßnahmen ergreifen wollen, die Frauenquote in der Belegschaft zu erhöhen. Konkret haben sich bereits 24 Prozent Ziele hinsichtlich Gender Equality gesetzt, während weitere 14 Prozent die entsprechenden Schritte erst planen.
Doch wer Geschlechtergleichstellung in MINT-Berufen erreichen will, der sieht sich grundsätzlichen Herausforderungen gegenüber: Frauen sind oft mit Vorurteilen und Stereotypen konfrontiert, die ihre beruflichen Fähigkeiten in Frage stellen, noch bevor sie zeigen können, was sie leisten. Da weibliche Vorbilder rar sind, fällt es außerdem schwer, eine passende Rolle für sich zu finden und diese zu etablieren. Eine wenig flexible Arbeitskultur tut ihr Übriges – sie schreckt oft ab, weil sie Familienpflichten ignoriert.
Eine Frauenquote einzuführen ist allerdings nicht unbedingt ein überzeugendes Konzept, die Philosophie muss eher sein „the right people for the right jobs“. Denn der Erfahrung nach wollen Frauen nicht wegen ihres Geschlechts eingestellt werden – sondern weil sie dieselbe Leistung bringen und ebenso Verantwortung übernehmen wie ihre männlichen Kollegen. Dies sollte ein Unternehmen stets mit Vertrauen und Flexibilität honorieren. Arbeit nach Leistung und Engagement statt nach dem Geschlecht zu beurteilen – dort müssen IT-Unternehmen ansetzen, wenn sie für den weiblichen Nachwuchs attraktiv sein wollen.
Ein erster Schritt: Diversität als Stärke sehen
Das Herzstück eines Wandels in der Unternehmenskultur liegt in der Hingabe zur Vielfalt; im Wissen, wie diese im Arbeitsalltag einzubinden ist. Aufgabe der Geschäftsleitung ist es, allen das Gefühl zu geben dazuzugehören. Denn nur so kann sie jenen Raum gestalten, in dem Menschen ihr volles Potenzial entfalten können: Eine Unternehmenskultur, die Individualität als Stärke sieht.
Aus diesem Grund verfügt beispielweise NetApp über individuelle Coaching- und Entwicklungsprogramme. Sie unterstützen dabei, ein Gefühl der Wertschätzung als individuelle Persönlichkeit zu etablieren, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, sexueller Orientierung oder anderen Merkmalen. Führungskräfte erhalten spezielle Trainings in Sachen Diversität, um ihr Verständnis und Handeln weiterzuentwickeln.
Ein Absolvent:innen-Programm eröffnet den Teilnehmer:innen Einblicke in alle Unternehmensbereiche und schafft so zahlreiche Möglichkeiten, starke, bereichsübergreifende Netzwerke aufzubauen sowie Führungskompetenzen und Innovationsfähigkeit zu stärken. Gleichzeitig ermutigt das Programm dazu, einen mentalen Wachstumsansatz zu verfolgen und somit persönliches sowie berufliches Wachstum nachhaltig zu fördern.
Ohne Kinderbetreuung geht es nicht
In der persönlichen Geschichte der Autorin war es eine der größten Herausforderungen, zwischen Beruf und Familie zu jonglieren, weil auch der Mann Vollzeit arbeitet. Es ist zwar im Gegensatz zu vergangenen Jahrzehnten nicht mehr verpönt, eine berufstätige Mutter zu sein, doch immer noch fehlen Strukturen, damit sie Karriere und Familie unter einen Hut bringen kann, ohne sich selbst verausgaben zu müssen.
Unabhängig davon, welche Entscheidungen Frauen für sich und ihre Familie treffen: Es ist Aufgabe der Regierung, eines Unternehmens und der Gesellschaft, sie dabei zu unterstützen. Denn letztendlich liegt es in der gemeinsamen Verantwortung, eine Umgebung zu schaffen, in der Familien, unabhängig von ihrer Struktur, erfolgreich sein können. Die wachsenden wirtschaftlichen Anforderungen und steigenden Lebenshaltungskosten führen dazu, dass finanzielle Belastungen für alle zunehmen und die Verpflichtungen sich vermehren. In dieser Situation ist es besonders problematisch, dass in Deutschland mehr als 430.000 Kitaplätze fehlen.