UE-Distribution: Der UE-Großhandel kennt den Weg ins Wohnzimmer. Die Grenzen zwischen Elektrogroßhandel, Unterhaltungselektronik-Grossisten und IT-Distribution verwischen. Digitalisierung und Konvergenzprodukte heben die Unterschiede auf. Anders als die IT-Distribution hat der UE-Großhandel seinen Bereinigungsprozess allerdings schon hinter sich.
Neue Konvergenzprodukte zwischen IT und UE bringen Schwung in die Großhandelslandschaft. UE-Units bei den IT-Distributoren auf der einen Seite und IT-Produktbereiche bei den UE-Grossisten auf der anderen Seite zeigen, dass die Zwischenhändler nicht nur auf die Trends reagieren, sondern vor allem die Chance erkannt haben, neue Kundengruppen unter den Fachhändlern zu finden. Gerhard Schulz, Geschäftsführer bei Ingram Micro, sieht sein Unternehmen bereits auf dem richtigen Weg: »Wir sind beim UE-Fachhandel um 100 Prozent gewachsen.« Gleichzeitig ist er überzeugt, dass er mit seinen Logistikstrukturen und -kosten rentabler wirtschaften kann als beispielsweise die UE-Verbundgruppen mit ihren Zentrallagern. Dem widersprechen zwar seine Kollegen aus den Kooperationen, die allesamt recht zufrieden mit ihren Lagern sind, doch das ficht Schulz wenig an. Würden doch gerade die großen Hersteller durchaus einen Broadline-Distributor wie Ingram Micro zu schätzen wissen.
Diese Kampfansage prallt allerdings beim UE-Großhandel ziemlich wirkungslos ab. Denn anders als die IT-Distribution, hat dieses Großhandelssegment seinen Bereinigungsprozess bereits abgeschlossen. Oder, wie es Joachim Dünkelmann, stellvertretender Geschäftsführer des BVT (Bundesverband Technik im Einzelhandel) plakativ formuliert: »Der UE-Großhandel hat den Check out hinter sich.« Soll heißen: Die Claims dieser Zwischenhändler sind abgesteckt, die Strukturen geordnet.
In der Tat hat diese Branche in den vergangenen Jahren Ordnung in die eigenen Reihen gebracht. Gleichwohl nicht ganz freiwillig. Allein die sinkenden Margen bei brauner und weißer Ware, aber auch die rückgängige Konsumentennachfrage führte nicht zuletzt zu einer Marktbereinigung. Mehr noch, die UE-Großhändler erkannten, dass auch sie in einem Verbund wieder erstarken können.
Die Marktsituation im Haushaltsgeräte-, aber vor allem im Unterhaltungselektronikmarkt führte wiederum dazu, dass sich der Elektrogroßhandel auf seine eigentlichen Stärken konzentrierte. Belieferten diese Grossisten in der Vergangenheit den Fachhandel primär mit brauner Ware, also Audio-, Hifi- und Video-Waren, so spielt die Unterhaltungselektronik bei diesen Zwischenhändlern nur noch eine Nebenrolle. Dies bestätigt auch Hans Henning, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes des Elektro-Großhandels (VEG) in Köln. »Die braune Ware geht zurück, allenfalls integrierte Geräte wie Monitore und ähnliches sind für unsere Mitglieder interessant«, stellt er fest.
Anders dagegen bei Installationsgeräten und -systemen, bei Kabeln, Leuchten oder auch Schaltanlagen. Rund um Elektrobaumaterial erwirtschaftet der Elektrogroßhandel etwa 80 Prozent seines Umsatzes von acht Milliarden Euro. Dahinter stehen rund 160 Großhandelsbetriebe mit etwa 20.000 Beschäftigten, die in der Hauptsache elektro- und informationstechnische Handwerke beliefern. Also auch den Elektrofachbetrieb um die Ecke, der mittlerweile selbstverständlich in der Lage ist, neben der Hausverkabelung auch Telefonanlagen oder kleinere Netzwerke zu installieren. Und darüber hinaus weiße und braune Ware über sein Ladengeschäft verkauft. Doch beim Handel mit Daten- und Kommunikationstechnik sowie Unterhaltungselektronik liegt der Umsatz dieser Großhandelsgruppe gerade mal bei rund 560 Millionen Euro, wobei die Daten- und Kommunikationstechnik mit 320 Millionen Euro noch den größeren Anteil hält.
Dagegen trumpfen diese Großhändler bei neuen Produkten auf, wie beispielsweise dem digitalen Heim. Dabei stützen sie sich auf ausgesprochene Spezialisten unter den Handelspartnern, also Herstellern und Lieferanten. Während die IT-Broadline-Distribution wie Ingram Micro oder Tech Data mit dem vernetzten Heim seit einigen Wochen mächtig trommelt, haben sich die Elektrogroßhändler längst in die Thematik eingearbeitet. Ihr Problem besteht allenfalls bei der Umsetzung dieser Technologie im Handwerk. Noch immer beschränken sich zu viele Elektroinstallateure einseitig auf die klassischen Tätigkeiten, wie Kabel zu ziehen oder Stromanschlüsse zu installieren. Hier monieren immer häufiger Verbände aber auch Grossisten mehr Innovationsbereitschaft bis hin zur entsprechenden Ausbildung des Handwerkernachwuchses. Gleichwohl sind sich die Elektrogroßhändler ebenso darüber im Klaren wie die IT-Broadliner, dass man für das »digital home« zwar vorbereitet sein müsse, aber »es noch Zeit braucht, bis das vernetzte Wohnzimmer ein interessantes Geschäftsfeld wird«, wie dies Robert Beck, Geschäftsführer von Ingram Micro, umschreibt.
Daran will natürlich auch der UE-Großhandel künftig partizipieren. Der hat sich in zwei Gruppen unterteilt. Da sind einmal die UE-Verbundgruppen wie Electronic Partner, R.I.C, Expert, Telering, Planet und andere, die aus dem Großhandelsgeschäft entstanden sind. Interessant dabei ist, dass hier offensichtlich etwas funktioniert hat, was bei der IT-Distribution ? bis auf eine Ausnahme mit Actebis Network ? in der Vergangenheit gescheitert ist: eine eigene große Verbundgruppe oder Kooperation auf die Beine zu stellen. Die UE-Verbände hingegen haben es geschafft, den Elektrofachhandel zu über 90 Prozent zu kooperieren. Übrig geblieben sind nur sehr wenige kleine Handelsbetriebe und die großen Unternehmen. Sie sind es auch, die in der Regel ihre Produkte direkt über den Hersteller beziehen können oder auf den UE-Großhandel zurückgreifen.
Die Logistikleistungen der Verbundgruppen können sich durchaus sehen lassen. »Der UE-Großhandel weiß, wie er ins Wohnzimmer kommt«, postuliert Verbands-Manager Dünkelmann. Dies unterscheide diese Großhändler von den IT-Distributoren. »Die Fachhändler sind es gewohnt, bei jeder Kleinigkeit zu den Kunden zu gehen, dort zu helfen. Ich glaube nicht, dass es viele IT-Fachhändler gibt, die ihren Kunden einen Plasmabildschirm an die Wand dübeln.« Auf solche Dienstleistungen komme es aber auch in der Zukunft an. Und damit der Fachhändler dazu in der Lage ist, werde er von den UE-Großhändlern entsprechend unterstützt.
Neben den Großhandelslagern der Verbundgruppen, die als zentrale Lager für die Mitglieder genutzt werden, existieren in der Hauptsache zwei wesentliche UE-Großhandelsgruppen, in denen spezialisierte oder regionale UE-Großhändler vereint sind: Weltfunk und Eltkontor. Beide hängen wiederum mit Verbundgruppen zusammen. Bei Weltfunk ist es Telering und bei Eltkontor Planet. Die Großhandelsunternehmen in diesen beiden Gruppen beliefern jeden Fachhändler, also unabhängig von einer Kooperationszugehörigkeit.
Eltkontor beispielsweise besteht derzeit aus 24 Elektrofachgroßhandlungen mit 87 Niederlassungen in Deutschland und Österreich. Das Absatzvolumen wird mit 750 Millionen Euro beziffert. 1.150 Elektrofachbetriebe mit 3.100 Mitarbeitern und 300 Kundenberater sind für die Großhandelsgruppe tätig. Wie bei allen Grossisten spielen auch für Eltkontor die Marketingleistungen eine wesentliche Rolle: zentraler Artikelstamm mit über 400.000 Artikeln, Edis-Datenbank, Kataloge, Intranet, eigene Handelsware und Kundenbindungskonzepte.
Ähnlich sieht es auch bei Weltfunk aus. Die Großhandelsgruppe, geleitet von Franz Schnur, der zugleich Geschäftsführer der Verbundgruppe Telering Marketing GmbH ist, vereint eine Reihe von mittleren und großen Großhändlern. Auch für diese Zwischenhändler spielt Kundenbindung über Dienstleistungen eine wesentliche Rolle. So zeigt sich Schnur »angesichts der schwierigen Marktlage dennoch zufrieden«. Wesentlich für die Zukunft ist für ihn: »Preiskämpfe vermeiden, Fachkompetenz stärken, mehr Nutzen verkaufen sowie aktiv den Markt bearbeiten«.
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Für die Zukunft dürfte für den Fachhandel die Beschaffungsquelle der Produkte zwischen UE und IT immer mehr von den Leistungen der jeweiligen Grossisten abhängig werden. Besonders die IT-Distribution muss sich wohl oder übel an dem ausgefeilten Außendienstsystem der UE-Großhändler ein Beispiel nehmen. Denn auch die Konvergenzprodukte, abgesehen von Waren, die ohnehin nur über den Retail vertrieben werden, benötigen häufig Beratungskapazität. Aber auch der UE-Großhandel kann von der IT-Distribution lernen: schnelles Reagieren auf neue Produkte und Kalkulieren mit ausgesprochen knappen Margen. Die Kundenbindung jedenfalls ist bei den UE-Großhändlern durchaus vorhanden. Denn anders als im IT-Handel ist hier die Treue zum Lieferanten deutlich stärker ausgeprägt. Deshalb werden sich die IT-Distributoren anstrengen müssen, wenn sie für weiteres Wachstum neue Reseller dem UE-Großhandel abjagen wollen.
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Bundesverband des Elektro-Großhandels (VEG) e.V.
www.verbandveg.de
Telering/Weltkauf
www.telering.de
Eltkontor GmbH & Co. KG
www.eltkontor.de
DEHA Elektro-Handelsgesellschaft mbH & Co. KG
www.deha.de
EGE Elektro-Großhandel Einkauf GmbH
www.ege-bonn.de
EGR Elektro-Großhandels-Ring GmbH & Co. KG
www.egr.de
FEGIME Deutschland GmbH
www.fegime.de
Bundesverband Technik im Einzelhandel e.V.
www.bvt-ev.de