Versand im Namen Dritter auf dem Vormarsch: Lieferung ohne Umweg über den Händler

9. März 2006, 0:00 Uhr |

Versand im Namen Dritter auf dem Vormarsch: Lieferung ohne Umweg über den Händler. Der klassische Warenfluss vom Lieferanten über den Händler zum Endkunden bekommt Konkurrenz. Still und leise hat sich der Versand im Namen Dritter etabliert. Vorteil für den Fachhändler: geringere Prozesskosten ? schnellere Belieferung der Endkunden.

Versand im Namen Dritter auf dem Vormarsch: Lieferung ohne Umweg über den Händler

Zwei Schlagworte stehen bei der Distribution hoch im Kurs: Prozesskosten minimieren und an allen Schrauben drehen. Beides hat unmittelbar miteinander zu tun und gewinnt bei den knappen Margen im Großhandel immer mehr an Bedeutung. Aber nicht nur die Grossisten beklagen sinkende Handelsspannen, auch der Fachhandel steht unter Druck. Bei einstelligen Margen zwischen drei und sieben Prozent sind beide »Kanäle« gezwungen, ihre Abwicklungskosten zu optimieren, vor allem durch schnelleren Lagerdurchsatz sowie geringere Vertriebs- und Abwicklungskosten.

Dieser Zwang zur Rationalisierung ist besonders dort gefragt, wo die zu erzielenden Verkaufspreise relativ niedrig sind. Das ist beispielsweise bei Supplies der Fall, wie Jens Hübner, Projektmanager Logistik Fulfillment bei Actebis Peacock, feststellt. Besonders die Vertriebskosten würden verhältnismäßig stark zu Buche schlagen. »Das trifft für den Lieferanten ebenso zu, wie natürlich auch für den Händler.« Denn über eines sollten sich Fachhändler im Klaren sein: »Wer bei Auftragskosten von zwölf bis 15 Euro mit Prozesskosten von sechs und mehr Euro zu rechnen hat, wird damit sicherlich nicht glücklich.«

Fatal, und dies rechnen auch andere Distributoren vor, sei die oftmals nur grob aufgestellte Kostenrechnung des Fachhandels. So wird die aufgewendete Zeit eines Mitarbeiters für die Versandabwicklung nicht in die Kalkulation des jeweiligen Verkaufspreises mit eingerechnet. »Die Mitarbeiter, bei kleinen Betrieben häufig auch Familienmitglieder, werden sowieso bezahlt, denkt mancher Händler«, so ein Distributionschef, der sich über »diese laxe Betrachtung der Betriebskosten« nur noch wundern kann.

Tatsache ist, dass auch der kleinere und mittlere Fachhandelsbetrieb sehr penibel jede Tätigkeit als Kostenfaktor einkalkulieren muss. So gesehen ist es für jeden Handelsbetrieb nur sinnvoll, wenn ihm die Lieferanten einen Teil der Transaktionskosten abnimmt. Gleichzeitig optimiert damit auch der Lieferant, in diesem Fall die Distribution, seine Kosten. Vor allem im Umfeld des Fulfillment sind für alle Beteiligte deutliche Einsparungen in der Abwicklung und bei den Kosten möglich. Zumal, wie unter anderem auch Hübner immer wieder feststellt, »viele Händler ihren Lagerbestand immer mehr reduzieren, um die Finanzierungskosten niedrig halten zu können«.

Dementsprechend konsequent nutzt beispielsweise auch Peter Krebs, Director of E-Services bei Tech Data, die Möglichkeit, Versand im Namen Dritter seinen Kunden anzubieten. »Das Thema wird bei allen relevanten Kundenkontakten angesprochen und entsprechend vermarktet.« Als positiv bewerten die Grossisten das »wachsende Interesse des Fachhandels an dieser Logistikleistung«, wie Actebis-Peacock-Manager Hübner feststellt. Schließlich würden sich dabei deutliche Kostenvorteile für die Reseller ergeben. »Wenn wir die Ware mit dem Lieferschein des Händlers direkt an die Endkunden schicken, dann sparen unsere Händler neben den Kosten für die Abwicklung auch bei Fracht und Versicherung. Weiter sind wir durch unsere Kontrakte mit Speditionen in der Lage, günstige Versandkosten zu erzielen«, fügt Hübner hinzu.

Ähnlich argumentiert auch Gabriele Sobota-Fischer, Senior Director Business Channel von Ingram Micro: »Reduktion der Prozesskosten, Verringerung der Kapitalkosten und Kapitalbindung, Verkürzung der Auftragsdurchlaufzeiten sowie Reduzierung der Lagerbestände.« Immerhin habe fast jeder Kunde des Broadline-Distributors schon einmal Versand im Namen Dritter genutzt. »Im Schnitt versenden wir etwa 30 Prozent aller Orders regelmäßig mit abweichender Lieferanschrift.« Wichtig dabei sei allerdings, dass bei der Auslieferung mit kundenindividuellem Reseller-Logo der Distributor nicht in Erscheinung tritt.

Genau darauf legt der Handel besonderen Wert. Für die Endkunden, Geschäfts- wie Privat-Kunden gleichermaßen, soll als Absender der Fachhändler aufgeführt sein. Deshalb werden auch die Lieferscheine im Namen des Resellers ausgestellt. Trotzdem spüren die Grossisten immer wieder Misstrauen bei den Händlern. »Manche haben Angst davor, dass wir über die Adressen der Händlerkunden ins Direktgeschäft einsteigen könnten«, stellt ein Distributor fest. Dabei gebe es aber keinen Grund zu solchen Ängsten. »Das Direktgeschäft ist für uns absolut tabu«, führt Hübner aus. Und Sobota-Fischer von Ingram Micro ergänzt: »Es gibt keinen Grund für solche Vorbehalte. Schließlich übermitteln die Kunden auch bei Lizenzbestellungen oder im Rahmen von Projektgeschäften die Endkunden-Adressen an die Distributionspartner.« Tech-Data-Manager Krebs hat noch einen weiteren Grund für die Zurückhaltung mancher Händler ausgemacht: »Vielen Partnern sind die Vorteile noch nicht klar. Aufgrund unzureichender Informationslage überwiegen noch die Vorbehalte.«

Als Vorteile für den Fachhandel zählt Hübner auf: Kein Dispositions- und Bestellaufwand, keine Wareneingangsprüfung und Warenvereinnahmung, keine Lagerhaltung, kein Risiko durch Verlust der Ware beim Versand, kein Wertrisiko der Bestände, kein Kommissionier- und Versandaufwand, keine Kapitalbindung. Dagegen können die Händler von einem verfügbaren, umfangreicheren Produktportfolio durch den Distributor profitieren. Zudem würden sich die Warentransferzeiten um bis zu 48 Stunden und die Lagerkosten um 25 bis 50 Prozent verringern. Reduzierte Frachtkosten bis zum Endkunden sowie ein positiver Cash-Flow-Effekt kämen noch hinzu. Dies alles, so Hübner, treffe im Business-to-Business der Fachhändler ebenso zu, wie im Geschäft mit privaten Endkunden.

Neben dem Versand im Namen Dritter bieten die Distributoren noch eine Reihe weiterer Fulfillment-Leistungen an. So beispielsweise Nachnahmeabwicklung für die Kunden, Elektroschrott-Entsorgung, kundenindividuellen Onlineshop, Configure-to-Order (CTO), also Veredelung von IT-Produkten nach kundenindividuellen Wünschen. Weiter gehören zu den Angeboten Sendungsverfolgung per Video bis in den Lkw, oder auch integrierte Customer Service-Leistung, also ein Retourenprozess im Rahmen des Fernabsatzgesetzes. Wenig gefragt hingegen ist die Ausstellung der Rechnung im Namen des Händlers. Offensichtlich wollen sich die Reseller dabei nicht in die Karten sehen lassen.

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INFO

www.actebispeacock.de
www.ingrammicro.de
www.techdata.de


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